Genüssliches Gruseln bei Feuerschein

Autor Jürgen Seibold liest im Rahmen der Winterkulturtage in der Spiegelberger Köhlerhütte aus seinem Krimi „Endlich frei“ – Lebhafte Darstellung

Lodernde Fackeln erhellen in der Nacht den Weg durch den dunklen Wald der Gemeinde Spiegelberg. Ganz in der Nähe spielt einer der spannenden Krimis von Jürgen Seibold. Im Rahmen der Winterkulturtage war der Autor in der Köhlerhütte bei Großhöchberg mit einer Lesung zu Gast.

Am Ofen in der Köhlerhütte präsentiert Jürgen Seibold Tatwerkzeuge aus seinen Büchern, wie eine Sichel, und liest aus den Krimis. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Am Ofen in der Köhlerhütte präsentiert Jürgen Seibold Tatwerkzeuge aus seinen Büchern, wie eine Sichel, und liest aus den Krimis. Foto: A. Becher

Von Claudia Ackermann

SPIEGELBERG. Es ist ein ungewöhnlicher Veranstaltungsort für eine Lesung, die jedoch dem Namen „Winterkulturtage im Schwäbischen Wald“ alle Ehre macht. Vom Parkplatz an der Straße von Spiegelberg zum Ortsteil Großhöchberg geht es für die Besucher erst einmal knapp einen halben Kilometer durch den nächtlichen Wald. Die kleine Köhlerhütte ist gut besucht, sodass es schon ein wenig eng wird in dem kleinen Raum. Heimelig flackert ein Holzfeuer im Ofen.

Jürgen Seibold liest aus „Endlich frei“, seinem siebten und letzten Krimi aus der „Endlich-Reihe“, die alle im Rems-Murr-Kreis spielen. Der Roman führt zum Wetzsteinstollen beim Spiegelberger Ortsteil Jux. Als ein Außendienstler hier kurz mit dem Auto anhält, hört er einen ohrenbetäubenden Knall im Eingangsbereich des alten Bergwerks. Die Kommissare Schneider und Ernst ermitteln. Auch ein „sportlich wirkender Spiegelberger Bürgermeister“ taucht im Krimi auf, „ein Mann mit rötlich-blonden Haaren“. Alle Blicke richten sich in der Köhlerhütte auf Bürgermeister Uwe Bossert.

Stangensellerie imitiert den Klang eines Genickbruchs

Zwischen der Lesung werden immer wieder kleine Anekdötchen eingeflochten, etwa über die Entstehungsgeschichte seiner Bücher. So hat Jürgen Seibold für die Recherche bei den Verantwortlichen des Besucherbergwerks angerufen und sich erkundigt, wie der Stollen am besten zerstört werden könnte, worüber diese zunächst nicht sehr erfreut waren. Humorvoll plaudert Seibold von seinen Erlebnissen als Autor. Bei einer Lesung auf dem Neckar, die er mit anderen Schriftstellern auf kleinen Booten gehalten hat, ging es in seiner Geschichte um einen Henker, „der seine Arbeit gründlich versemmelt hat“. Recht schaurig geht es dabei zu, aber Besucher kommen ja schließlich zu einer Krimilesung, um sich genüsslich zu gruseln. Bei der Organisation wurden jedoch die Boote vertauscht, sodass ein Paar doch recht erstaunt war – sie hatten eigentlich „Poesie auf dem Neckar“ gebucht. Eine andere Lesung hat Seibold mit einem Geräuschemacher gestaltet. Der schwöre auf Stangensellerie, wenn es um den Klang eines Genickbruchs geht. Grüne Bananen gehen auch, erfährt das Publikum.

Zurück zur Lesung aus „Endlich frei“ führt der Krimi nach Gaildorf, wo der wohlhabende Witwer Fritz Harlander tot in seiner Villa aufgefunden wird. Mal liest der Autor aus seinem Buch, mal erzählt er frei die Handlung. Der alte Intimfeind des Ermordeten, auf den der erste Verdacht fällt, hat ein wasserdichtes Alibi: Zur Tatzeit war er im eingestürzten Wetzsteinstollen in Spiegelberg eingeschlossen. Haben die beiden Fälle etwas miteinander zu tun?

Unterhaltsamer Mix aus Humorvollem und Schaurigem

Im zweiten Teil des Krimiabends liest Seibold Kurzgeschichten. Es geht um eine Leiche, die in einer Schubkarre mit Jauche übergossen gefunden wird. Detailreich sind die Beschreibungen des Autors, mitreißend die Art des Vortrags. Bei Dialogen passt er seine Stimme der jeweiligen Figur an und setzt unterhaltsam seine Mimik ein. Makaber ist ein Kurzkrimi, der in der Theaterszene spielt. Welche gefährliche Substanz mischt die Maskenbildnerin in die Schminke? Ist ihre Freundlichkeit vielleicht auch nur eine Maske? Seinen kürzesten Kurzkrimi mit dem Titel „Können Sie wechseln?“ hat Seibold übrigens zum Abdruck auf einer Bäckertüte geschrieben. Den Ganoven, der Falschgeld unter die Leute bringen will, ereilt ein grausames Schicksal...

Lebhaft und abwechslungsreich gestaltet Jürgen Seibold den Krimiabend. Er schweift ab zu seinen Allgäu-Krimis oder zu der Reihe, in der es um den Bestatter Fröhlich geht. Dieser ist nicht nur Hobbyermittler, sondern auch Musiker. In seinem Institut befindet sich sein Probenraum. Zum Abschluss greift der Autor selbst in die Gitarrensaiten. „D’r Tod isch an lidriger Kerle“ heißt es in einem selbst komponierten Lied. Und beim Blues „Gisela“ mit den Zeilen: „Wer im Grundbuch steht, kann kochen wie er will“, singen die Besucher mit. Sehr unterhaltsam ist der Mix aus Humorvollem und Schaurigem bei Jürgen Seibolds Krimiabend – und dann geht es für die Besucher wieder hinaus in die finstere Nacht im Schwäbischen Wald.

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Erstellt:
11. März 2019, 06:00 Uhr

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