Große, weiche, wilde Stimme erschallt im Hofgut

Elizabeth Lee & Cozmic Mojo auf dem Hagenbach in Backnang – Musik erinnert mal an die Wüste von Texas, mal an den Basar in Marrakesch

Frontfrau Lee aus Texas mit ihren Musikern aus Italien rockte die Hagenbach-Bühne. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Frontfrau Lee aus Texas mit ihren Musikern aus Italien rockte die Hagenbach-Bühne. Foto: J. Fiedler

Von Renate Schweizer

BACKNANG. Texas. Baumwollfelder. Kojoten, möglicherweise. Eine Kneipe irgendwo im Nirgendwo. Menschen in karierten Hemden und Jeansjacken trinken Bier. Mittendrin eine kleine Bühne, so schlicht wie nur möglich, Vorhang im Hintergrund und ein paar Scheinwerfer, die Rot und Blau und Lila können. Ganz schön viel graues Haar unterwegs, aber nicht nur. Gleich wird eine Band die Bühne entern und mit dieser uramerikanischen Mischung aus Folk, Blues, Rock und Weltschmerz loslegen. Zwei Gitarren, Schlagzeug, eine Sängerin. Solide, handgemachte Musik. Keep on rocking – notfalls mit Dreck unter den Fingernägeln.

Das gibt’s nicht nur in Texas, sondern auch im Hofgut Hagenbach in Backnang. Elizabeth Lee heißt die Sängerin, Cozmic Mojo die Band: Eine Bassgitarre, eine „Gitarrengitarre“ (O-Ton Lee) und ein Schlagzeug („drumguitar“) – mehr braucht es nicht. Und natürlich die Menschen hinter den Instrumenten: Luca Gallina an der Gitarre, Matteo Mantovani am Bass und hinter dem Schlagzeug, als wär er mal eben aus den 1970er-Jahren herüber in die Gegenwart geschlendert, Mattia Bertolassi. Die Jungs stammen aus Italien, Elizabeth Lee aus Texas.

Alles war da. Allem voran die große, weiche, wilde Stimme von Elizabeth Lee („rauchig-lasziv“ stand im Ankündigungstext), gelegentlich vokal begleitet von den Gitarristen, die ansonsten an ihren Instrumenten einen verdammt guten Job machten, Rhythmus vom Schlagzeug und von jeder Menge Rasseln, Schlagstöcken, Brettchen und sonstigem Spielzeug, das Lee klopfte, rieb und schüttelte. Mehr brauchte es nicht zum Glück.

Sie spielten Eigenes, sie spielten Geklautes, sie spielten den Schmerz und das Glück und die Einsamkeit. Zwischendurch erzählte die Frontfrau Geschichten: Wie der oder jener Song entstanden war, wie sie Joe Cocker vorgesungen hatte und den Job im Background nicht bekam. Das Publikum verstand sie oder auch nicht – es spielte keine Rolle. Was jedenfalls ankam, war die Grundstimmung, diese wilde Liebe zum Leben, auch und gerade dann, wenn es wehtut – das verstand jeder sofort. Und dann jaulten die Gitarren wieder auf und die Leute rutschten ganz vorn auf die Stuhlkanten, Beine zuckten, Hände trommelten unhörbar auf Knien, Schenkeln, Tischkanten und der Rückenlehne des Vordermannes. „Warum haben die hier überhaupt Stühle aufgestellt?“, fragt sich eine Zuschauerin. Einige Gäste grooven und tanzen und zucken und zappeln. Eben hatte man noch die Kojoten jaulen gehört. Aber von einem Takt auf den nächsten sind wir auf den Basar in Marrakesch gebeamt.

Dass die Formation auch anders kann, zeigte sich bei der Zugabe, beim Duett aus dem Film „Broken circle“: If I needed you, would you come to me? Ein Mann, eine Frau, eine Gitarre – ein Schmerz, eine Liebe, die Einsamkeit – immer das alte Lied, immer ein neues Lied und es weichte alle Gesichter auf, so schön war das und war ganz unmöglich, nicht ergriffen zu sein und alle Härchen stellten sich auf vor Glück und Leid und Schönheit und Schmerz. So war’s. Vielleicht irgendwo in Texas. Aber auf jeden Fall im Hofgut Hagenbach bei Elizabeth Lee & Cozmic Mojo.

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Erstellt:
25. Mai 2019, 06:00 Uhr

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