Hochgenuss für Auge und Ohr

Begeisterung im Backnanger Bürgerhaus für die Strauss-Capelle Wien und die Tänzer Marta Nitranová und Igor Blumberg

Der Zulauf zum traditionellen Neujahrskonzert im Backnanger Bürgerhaus mit der Strauss-Capelle Wien unter Leitung von Rainer Roos ist ungebrochen. Beim 16. Konzert in Folge mussten sogar Teile des Foyers bestuhlt werden, um allen Interessenten einen Platz zu garantieren.

Während der Backnanger Rainer Roos die Strauss-Capelle Wien dirigiert, verzücken Marta Nitranová und Igor Blumberg mit ihrem Tanz. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Während der Backnanger Rainer Roos die Strauss-Capelle Wien dirigiert, verzücken Marta Nitranová und Igor Blumberg mit ihrem Tanz. Foto: A. Becher

Von Thomas Roth

BACKNANG. Es ist nicht allein die Gewohnheit, die die Menschen zu diesem musikalischen Ereignis treibt. Es ist die hohe Qualität der Strauss-Capelle Wien. Dabei betritt auch dieses Jahr ein strahlender Rainer Roos die Bühne und erobert bereits dadurch vom ersten Moment an die Sympathien des Publikums. So ist, wie der erste gleichnamige Titel von Eduard Strauss (dem „feschen Edi“, wie er zu seinen Lebzeiten gern genannt wurde), die „Bahn frei“ für eine abwechslungsreiche und muntere Matinee.

Mit der Ouvertüre zur „Fledermaus“, der, so Roos, „Königin aller Operetten“, geht es weiter. Diese steht exemplarisch für die Unsterblichkeit der Strauss’schen Musik: Neben den Polka- und Walzerrhythmen bietet sie reichlich elegische, lieblich sich ins Ohr einschmeichelnde Tonfolgen. Die Strauss-Dynastie hat einen unglaublichen Melodienreichtum hervorgebracht. Dazu kommen von Roos und seinem Orchester brillant gespielte, dynamische Differenzierungen sowie die ebenfalls in den Partituren angelegten Tempoverzögerungen und danach folgenden Beschleunigungen, die Ritartandi und Accelerandi, die der Musik ihre Spannung verleihen. Heute würde man sagen, dass Johann Strauss und seine Verwandten eine Flut an Hooklines produziert haben, die ihresgleichen sucht. Johann Strauss war ja auch eine Art Popstar seiner Zeit.

Für weitere Abwechslung an diesem Vormittag sorgen Marta Nitranová und Igor Blumberg. Beide sind in den großen Häusern dieser Welt in Sachen Ballett und Tanz zu Hause und bieten mit ihrer Performance einen wahren Augenschmaus. Bei Johann Strauss’ Walzer „Rosen aus dem Süden“, in dem der Komponist Melodien aus seiner Operette „Das Spitzentuch der Königin“ verarbeitet hat, ist die Choreografie eher klassisch angelegt, sowohl was den Tanz als auch die elegante Kostümierung angeht. Es geht um Galanterie, elaborierten Walzertanz, um Grazie und Freude.

Tanz von klassisch elegant bis humoristisch tollpatschig

Bei „Eljen a Magyar“ („Hoch lebe Ungarn“) treten Nitranová und Blumberg in Tracht auf. Vor dem geistigen Auge sieht man Piroschka und Andi („Andi, mach Signal“), mit dem realen Auge folkloristisch angehauchten Spitzentanz mit gelegentlichen Juchzern der Tänzerin. Gleichermaßen herzhaft und humoristisch tollpatschig (Blumberg) interpretieren die beiden die Tritsch-Tratsch-Polka. Wenn sie später beim „Frühlingsstimmenwalzer“ zum letzten Mal an diesem Vormittag ihr Publikum verzücken, dann präsentieren sie sich hier wieder klassisch elegant und voller Grazie.

Auf Bassisten, sagt Roos, müsse man immer ein bisschen aufpassen. Zu spät: Bei der „Bauernpolka“ mit mehrstimmiger Unisono-Gesangseinlage singt (!) der Kontrabassist aus der Reihe und schmettert den Finalton lang und anhaltend schräg und erntet Riesenlacher.

Rainer Roos, dem im vergangenen Jahr ein eigener Walzer – der „Maestro-Roos-Walzer“ – gewidmet wurde und dem dies nach eigener Aussage fast ein wenig peinlich sei, darf auf Wunsch seines Schlagzeugers an der Triangel solistisch brillieren. Und hier haben wir es wieder: Bei aller Ernsthaftigkeit des Musizierens spielt häufig ein wenig Augenzwinkerei mit, vor allem natürlich, wenn der 2016 zum Ehrenmitglied der Strauss-Capelle Wien ernannte Backnanger sein Publikum verbal unterhält. Nach den obligaten Stücken „An der schönen blauen Donau“, dem „Radetzky-Marsch“ sowie als Zugabe der „Jockey-Polka“ beteuert der Charmeur zum Thema, wie schön es doch immer wieder in Backnang sei, mit schauspielerischem Talent: „Ich sage Ihnen ehrlich, wenn wir die Wahl hätten zwischen einer mehrwöchigen Konzerttournee durch die Karibik oder einem weiteren Konzert in Backnang, wir würden Sie aufrichtig vermissen.“

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Erstellt:
13. Januar 2020, 06:00 Uhr

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