Hürdenreicher Start der Dirigentin

Heidi Maier gibt bei der Bläserphilharmonie nun den Ton an.

Kaum hatte Heidi Maier vom langjährigen Bläserphilharmonie-Dirigenten Wilhelm Müller den Taktstock übernommen, machte ihr Corona einen Strich durch so manche Pläne. Foto: privat

© Ursula Schreckenhoefer

Kaum hatte Heidi Maier vom langjährigen Bläserphilharmonie-Dirigenten Wilhelm Müller den Taktstock übernommen, machte ihr Corona einen Strich durch so manche Pläne. Foto: privat

Von Simone Schneider-Seebeck

BACKNANG. Seit knapp einem Jahr leitet Heidi Maier die Bläserphilharmonie Rems-Murr. In den vergangenen zwölf Monaten mussten dabei unerwartete Schwierigkeiten gemeistert werden.

Anfang dieses Jahres ging eine Ära zu Ende. Wilhelm Müller, Mitbegründer und Leiter der Bläserphilharmonie Rems-Murr, übergab die Leitung offiziell an Heidi Maier. Dreißig Jahre lang hatte Müller dieses Orchester, das ursprünglich aus dem Zusammenschluss des Orchesters der beiden Backnanger Firmen Tesat-Spacecom und Marconi mit dem ehemaligen Verbandsblasorchester Rems-Murr entstanden war, mit großem Engagement geleitet. Doch im vergangenen Jahr hatte sich angedeutet, dass er aus gesundheitlichen Gründen die Leitung abgeben wolle.

Ein Glück, dass man im letzten Jahr für ein Orchesterprojekt ohnehin auf der Suche nach einer Dirigentin beziehungsweise einem Dirigenten war und, neben manch anderen, auch Heidi Maier eingeladen hatte, für dieses Projekt die Leitung zu übernehmen. Heidi Maier muss einen guten Eindruck gemacht haben, denn sie wurde nicht nur als Dirigentin für das geplante Konzert ausgewählt. Während der Proben zeichnete sich bald ab, dass das Orchester sie gern als dauerhafte Dirigentin und Nachfolgerin von Wilhelm Müller verpflichten würde.

Das Projekt musste zwar coronabedingt abgesagt werden, doch neben der Bläserkantorei Stuttgart, die Heidi Maier ebenfalls leitet, gehört sie dafür nun fest zur Bläserphilharmonie dazu. Der Übergang zwischen alter und neuer Leitung hat naht- und problemlos geklappt. „Es braucht immer eine Weile, bis sich die Musiker auf Schlagbild und Optik der neuen Leitung eingestellt haben, und auch die Art zu proben ist nun anders, da jeder Musiker den Schwerpunkt anders legt“, erklärt Maier. Doch das Neue funktioniert: „Wir kommen sehr gut miteinander zurecht.“

Die Dirigentin aus Oberbayern spielt selbst Horn.

Ursprünglich stammt die Dirigentin aus Oberbayern, wie auch ihr charmanter Akzent verrät. Seit ziemlich genau zwanzig Jahren lebt sie nun in Baden-Württemberg und ist mittlerweile in Vaihingen/Enz heimisch geworden. Musik war ihr schon immer sehr wichtig, und so ist sie ihren Eltern dankbar, dass diese ihre Musikalität bereits von klein auf gefördert haben.

Heidi Maier hat Horn und Blasorchesterleitung studiert und in verschiedenen Orchestern Horn gespielt. Vor etwa zwanzig Jahren fing sie dann mit dem Dirigieren an. Zunächst bei einem Jugendensemble, dann wurden die Orchester immer größer. Zehn Jahre lang beispielsweise leitete sie den Musikverein Bissingen/Teck, mit dem sie unter anderem zwei Mal Landessieger in der Kategorie 4 beim Wettbewerb des Blasmusikverbandes geworden ist. Nun ist sie also bei der Bläserphilharmonie Rems-Murr angekommen. Das Orchester besteht aus rund fünfzig Musikern, darunter befinden sich neben ambitionierten Laien auch mehrere Musikschullehrer, Schulmusiker- und Chorleiter.

Schon nach wenigen Monaten jedoch stellte der Lockdown im Frühjahr die neue Dirigentin und das Orchester vor vollkommen unerwartete Herausforderungen. Was in anderen Lebensbereichen ganz gut funktioniert, war für sie nicht möglich, denn Proben als Online-Veranstaltung funktionieren für eine Musikergruppe nicht. Per Videokonferenz traf sich der Vorstand der Bläserphilharmonie regelmäßig, um musikalische Entwicklungen und Planungen voranzutreiben und auch zu überlegen, wie es weitergehen könnte. Bei den einzelnen Musikern meldete sich Heidi Maier persönlich per E-Mail sowohl, um den Kontakt zu halten wie auch, um Literatur zu empfehlen, die daheim gespielt werden kann. Im Juli konnte man dann wieder dank eines gut durchdachten Hygienekonzepts mit den Proben beginnen. „Es war eine schwierige Zeit“, so das Resümee der Mittvierzigerin, und auch jetzt wieder sei es schwierig, das gemeinsame Spiel fehle sehr stark. Denn seit November ist wieder Schluss mit den Proben. Trotz des Hygienekonzepts ist das Musizieren aktuell nicht erlaubt. Man hoffe jedoch darauf, dass es im Januar wieder weitergehen kann. Die Musikerinnen und Musiker und ihre Leiterin wollen sich davon nicht unterkriegen lassen.

Zwar wurde ein für Januar geplantes Kirchenkonzert bereits abgesagt, denn selbst wenn man im Januar wieder beginnen dürfte, wäre das zu kurzfristig für einen Auftritt im gleichen Monat. Daher heißt es momentan abzuwarten. Vermutlich wird das nächste Projekt das mittlerweile traditionelle Frühjahrskonzert im Backnanger Bürgerhaus sein. Für gewöhnlich bietet die Bläserphilharmonie drei Konzerte in unterschiedlichen Musikrichtungen, die auch verschiedene Zielgruppen ansprechen. Geistliche Musik in würdevoller Umgebung beim Kirchenkonzert, jedes Jahr am Palmsonntag, Musik für ein klassisch interessiertes Publikum sowie Liebhaber originaler sinfonischer Blasorchesterliteratur im Bürgerhaus und als ein besonders beliebtes Highlight das Open-Air-Konzert in Kallenberg. Auf einer romantischen Lichtung im Wald findet dieses Konzert im Juli statt, dabei werden zwei musikalische Schwerpunkte gesetzt. Passend zur Umgebung erklingen Musikstücke aus der romantischen Literatur, die von Symphonie- zu Blasorchester transkribiert worden sind, sowie Stücke mit folkloristischem Bezug.

Das Traditonspublikum und neue Fans im Blick.

Was sich Heidi Maier für die gemeinsame Zukunft vorgenommen hat? Sie möchte auf jeden Fall die zugrunde liegenden und lange bewährten Strukturen als Orchesterleitung beibehalten, möchte diese jedoch auch behutsam modifizieren. Damit sollen sowohl das bereits lange bestehende treue Publikum des Blasorchesters bei der Stange gehalten sowie auch jüngere Zuhörer dazugewonnen werden. Einige spannende Ideen dazu hat Heidi Maier schon.

Wie wichtig ist ihr persönlich denn die Musik? Sie lacht und meint: „Die Antwort klingt schon wie ein Klischee – die Musik ist ein Bestandteil meines Lebens.“ Und sie gibt auch gleich ein Beispiel dafür: „Wir gehen spazieren und auf einmal macht meine Hand irgendwelche Bewegungen. Da fragt dann mein Mann schon: Welche Musik hast du denn jetzt wieder im Kopf?“

Es bleibt zu hoffen, dass es bald wieder möglich ist, sich in musikalischer Runde treffen zu können, um gemeinsam zu musizieren.

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Erstellt:
27. November 2020, 06:00 Uhr

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