Felicitas Baumeister zum 90. Geburtstag

Hüterin, Förderin, Entdeckerin

Unfassbare sieben Jahrzehnte ist Felicitas Baumeister in der Kunstwelt unterwegs, das Werk ihres Vaters Willi Baumeister im Blick zu halten. Am 26. April wird „Fe“ 90 Jahre alt.

Felicitas Baumeister hütet Willi Baumeisters Nachlass

© Er/Eppler

Felicitas Baumeister hütet Willi Baumeisters Nachlass

Von Nikolai B. Forstbauer

Felicitas Baumeister kann mit einer einfachen Frage entwaffnen. „So?“. Das sitzt, kann überführen, dass man im gerade Gesagten eilfertig über etwas hinweggehuscht ist. Das Schlimmste dabei: „Fe“ Baumeisters „So?“ kommt mit einem Lächeln. Und nicht selten mit einem elegant umleitenden Hinweis auf ein scheinbar ganz anderes Thema aus der großen Kunstwelt.

Der Tod Willi Baumeisters als Zäsur

Grande Dame, Hüterin der Gedanken und Bilderwelt von Willi Baumeister – es gibt viele Möglichkeiten, zu versuchen, das Leben von Felicitas Baumeister zu fassen. 22 ist sie, als der Maler Willi Baumeister am 31. August 1955 bei der Arbeit in seinem Atelier zusammenbricht und stirbt. Die Mutter, Margarete Baumeister, übernimmt offiziell die Aufgabe der Werkpflege und bleibt bis zu ihrem Tod 1978 erste Ansprechpartnerin. Felicitas Baumeister aber übernimmt die Bestandsaufnahme des Nachlasses – Voraussetzung für die Pflege und Erforschung des Werkes eines der wichtigsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts.

27 Jahre ist Felicitas Baumeister, als sie international in Erscheinung tritt. Daran erinnert 2010 der Kunstwissenschaftler Hans Dieter Huber anlässlich der Verleihung der Ehrensenatorinnen-Würde an Felicitas Baumeister durch die Stuttgarter Kunstakademie. „1960“, so Huber seinerzeit, „wurde Willi Baumeister auf der 30. Biennale in Venedig geehrt. Bereits damals fühlte sich Felicitas Baumeister nicht nur für den Nachlass ihres Vaters verantwortlich, sondern bewies kuratorische Fähigkeiten und konservatorisches Feingefühl“. „Mit äußerster Sensibilität und großer Präzision“, so Huber weiter, „hat sie in all den Jahren ein Archiv aufgebaut, das seinesgleichen in Deutschland sucht“.

Archiv ist fester Teil des Kunstmuseums Stuttgart

Als „wichtige und definitive Veröffentlichung“ sah Werner Spies den Werkkatalog der Gemälde von Willi Baumeister, den der frühere Staatsgaleriedirektor Peter Beye und Felicitas Baumeister 2002 präsentierten. Seit 2005 ist das Archiv Baumeister mit seinen Briefen, Tagebüchern und Katalogen als Dauerleihgabe fester Teil des Kunstmuseums Stuttgart. Und doch bleibt es bis heute dabei: Ob Ausstellungen, Kataloge oder Werkverzeichnisse: „Fe“ lenkt, koordiniert und lässt im stets zukunftsgewandten Doppelpass mit ihrem Neffen Jochen Gutbrod doch den Verantwortlichen in Museen, Verlagen und Kunsthallen allen Raum für neue Blicke auf Baumeisters Schaffen.

Im November 2020 mit der Staufermedaille des Landes Baden-Württemberg geehrt, feiert Felicitas Baumeister an diesem Mittwoch, 26. April, ihren 90. Geburtstag. Das Geschenk? Macht sie sich selbst. Nicht weniger als das Werk ihres Vaters hat sie auch die künstlerische Arbeit ihrer Mutter aufgearbeitet. Mit der Hochzeit mit Willi Baumeister hatte Margarete Oehm 1926 ihr eigenes künstlerisches Schaffen aufgegeben, in den Jahren zuvor aber intensiv um einen eigenen Weg gerungen. Dies könnte jetzt deutlich werden, da die Fritz- und Hildegard Ruoff-Stiftung in Nürtingen (Schellingstraße 12) am 7. Mai um 11 Uhr unter dem Titel „Kunst ist Poesie“ erstmals eine institutionelle Einzelausstellung zum Werk von Margarete Oehm zeigt.

Leidenschaft am Befördern

Felicitas Baumeister hat die Arbeiten für die Ausstellung mit kritischem Blick freigegeben, gerade so, als wolle sie noch einmal zurückkommen auf die Staufermedaillen-Laudatio durch den Berliner Galeristen Klaus Gerrit Friese. „Was bedeutet das“, hatte Friese mit Blick auf Felicitas Baumeisters Wirken für Willi Baumeister gefragt – „für die Person?“. Frieses Antwort: „Das verleiht Bedeutung, zum einen, aber es nimmt Bedeutung, weil Du immer im Auftrag agierst.“ Und er fuhr fort: „Diesen Spagat hat Fe Baumeister zu einer Figur gemacht, in der die Anspannung für die Sache der Lust und der Leidenschaft am Befördern gewichen ist.“ In diesen Wochen befördert Felicitas Baumeister erneut das Entdecken – nun des Werkes ihrer Mutter.

Zum Artikel

Erstellt:
26. April 2023, 01:24 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen