„Humor ist etwas zutiefst Menschliches“

Interview Lisa Feller dürften viele noch aus der Comedyshow „Schillerstraße“ kennen, längst ist sie aber auch als Schauspielerin und Solokünstlerin erfolgreich, moderiert beispielsweise die „Ladies Night“. Am 18. Februar ist sie mit ihrem Programm „Ich komm’ jetzt öfter!“ in Murrhardt zu Gast.

„Es wird ein richtig schöner Abend“, sagt Lisa Feller im Vorfeld ihres Auftritts in Murrhardt. Foto: Stephan Pick

„Es wird ein richtig schöner Abend“, sagt Lisa Feller im Vorfeld ihres Auftritts in Murrhardt. Foto: Stephan Pick

Künstlerinnen und Künstler, die live auftreten, haben seit rund zwei Jahren weniger zu lachen. Sie haben außerdem zwei Jungs im Alter von zehn und 14 Jahren und sind Alleinerziehende. Wie leicht fällt es Ihnen, sich auf die Bühne zu stellen und nicht zu klagen, sondern alles locker und leicht zu verpacken?

Ich habe glücklicherweise ein sehr positives Gemüt, und ich glaube, Kinder erinnern einen auch immer daran, sich nicht zu sehr in Wehklagen zu verlieren, weil man nicht möchte, dass es ihnen schlecht geht. Also ich fand, das war auch die Herausforderung: die Balance zwischen diesen zwei Seiten zu halten – die Lage ernst zu nehmen, aber auch zu sagen, ihr müsst euch nicht zu viele Sorgen machen. Mit der Haltung sind wir bisher ganz gut durchgekommen. Natürlich gibt es auch Hochs und Tiefs. Aber unterm Strich habe ich das Gefühl, dass jetzt Licht am Ende des Tunnels auftaucht. Und solange ich ab und zu mal auf der Bühne stehen kann, hält mich das über Wasser.

Die Bühnenauftritte zwischendurch haben Ihnen gutgetan?

Absolut. Und ich habe erfahren, dass das im Moment ganz besondere Auftritte sind, wenn man sich dieser Außergewöhnlichkeit bewusst wird, den Abend gemeinsam verbringen zu können. Also wenn man sich klarmacht, was man da hat. Ich habe auch das Gefühl, ich und das Publikum werden noch ein bisschen mehr als zuvor zum Team. Das macht mir dann sehr viel Spaß. Es gibt natürlich auch Menschen, die sagen, ich warte, bis wieder alles normal ist, was ich nachvollziehen kann. Aber ich möchte diese Abende, die so etwas Besonderes haben, nicht missen.

Humor heißt für mich, sich beim eigenen Scheitern zuzusehen. Sie kultivieren das auf der Bühne. Was macht Ihnen dabei besonders Spaß?

Ich habe immer das Gefühl, das ist schon auch ein Unterschied zwischen Männern und Frauen. Männer berichten gerne, auf welchen Gebieten sie gut sind, und richten sich stärker nach außen. Der Humor von Frauen zielt stärker darauf, zu erzählen, wo sie gescheitert sind. Ich mag das sehr, weil jeder Mensch jeden Tag hundertfach scheitert, und wer sich von außen beobachtet, stellt fest, dass man eine lustige, bekloppte Sache nach der nächsten macht. Dann ist es doch viel lustiger, das mit einem gemeinsamen Lachen zu verarbeiten, als allen anderen zu erklären, da war gar nichts oder ich war trotzdem super.

Ja, absolut.

Ich finde das auch sehr befreiend, wenn man merkt, anderen geht es genauso. Wir streben immer so nach Perfektionismus. Alle Leute sind immer damit beschäftigt, keine Schwäche zu zeigen, und ich finde das total schön zu sagen, Schwächen sind nicht einfach nur schwach oder negativ, sondern können auch sehr lustig sein, und vor allen Dingen sind sie sehr normal.

In Ihrem aktuellen Programm geht es unter anderem ums Singledasein einer alleinerziehenden Mutter, die gelegentlich auch mal einen Mann kennenlernen möchte, ohne gleich als Rabenmutter zu gelten. Wie weit war der Weg von einem Grundschullehramtsstudium mit Hauptfach katholische Religion bis dorthin?

Das klingt jetzt so, als wären das zwei weit voneinander entfernte Punkte und ein langer Weg. Manches liegt aber vielleicht nicht so weit auseinander. Mir fällt dazu ein, dass es ja nicht wenige Menschen im Entertainmentbereich gibt, die früher mal Messdienerin oder Messdiener waren. Ich habe noch nicht herausgefunden, was mich und uns genau für die Schnittmenge qualifiziert. Vielleicht weil ich weiß, wo es wehtut, oder weil man sich fragt: Was macht den Menschen eigentlich aus? Humor ist ja etwas zutiefst Menschliches, auch die Religion, wenn man jetzt die aktuellen Vorkommnisse in der Kirche mal völlig beiseitelässt. Und letztlich steht der Priester auch vorne und unterhält im Grunde sein Publikum, nur ist es da leider manchmal gar nicht so lustig. Ich stand ja auch schon während des Studiums auf der Bühne, und ich fand auch den Lehrberuf klasse. Zudem habe ich es geliebt, mit Kindern zu arbeiten, aber meine Leidenschaft für die Bühne wurde eben stärker. Deswegen sage ich auch immer, ich habe mich nicht gegen den Lehrerberuf, sondern für den anderen entschieden.

Inwieweit müssen Sie sich dem Rabenmuttervorwurf aussetzen, weil Sie bei einer Bühnentour auch viel unterwegs sind und sich dann jemand anderes um Ihre beiden Jungs kümmern muss?

Am strengsten ist man meist mit sich selbst. Klar, neulich habe ich auch den Spruch gehört, so nach dem Motto, wenn man wissen will, wie man mit seinen Kindern umzugehen hat, muss man Leute fragen, die keine haben. Aber ich habe das Gefühl, je größer sie werden, desto weniger meldet sich da jemand zu Wort. Die Idee ist wahrscheinlich, sie sind jetzt größer und machen das schon alleine. Ich stelle aber fest, je älter sie werden, desto größer ist der Redebedarf. Und es ist fast wichtiger, dass ich da bin. Insofern hatte Corona auch immer zwei Seiten: Ich habe die Zeit zu Hause eigentlich sehr genossen. Aber berufstätige Mütter kennen das sicherlich, wenn man unterwegs ist, möchte man gerne mehr Zeit mit den Kindern verbringen. Wenn man dann zu Hause ist, möchte man aber wieder mehr Zeit für sich haben.

Wie viel Feminismus steckt in einer so erfolgreichen Komikerin und Schauspielerin?

Ich finde, allein schon die Tatsache, dass da eine Frau auf der Bühne steht, spricht ja für sich. Das ist ein Stück Feminismus. Trotzdem glaube ich, es ist nicht immer nötig, das zu verbalisieren. Die Leute verstehen das schon allein dadurch, dass ich gut alleine durchs Leben komme und mir nichts sagen lasse. Das ist genauso wichtig wie das jetzt alles nochmals aufzudröseln. Es wird viel gesagt, aber es zu leben ist genauso wichtig.

Mir kommt es so vor, als wären in der Comedyszene mehr Frauen unterwegs als in der Kabarettszene. Wenn Sie da mitgehen, haben Sie eine Erklärung?

Männer erklären wie gesagt anderen gerne die Welt. Ich glaube, es gibt da auch Studien, die besagen, dass sich Menschen lieber von Männern die Welt erklären lassen als von Frauen. Was ich nicht verstehe, ehrlich gesagt, weil beide Sichtweisen ja spannend sind. Und die Aufteilung ist schon ein bisschen so – das politische Kabarett ist relativ männerlastig, Frauen thematisieren stärker das Menschliche. Ich finde, dass Comedy auch die Welt erklärt, das ist nur nicht so parteipolitisch gefärbt. Es ist allerdings auch häufig so, dass das Kabarettpublikum in seiner Meinung vor allem bestätigt werden möchte. Da ist dann die Frage, ob es einen weiterbringt. Wenn bei einem Comedyabend viel Zwischenmenschliches beleuchtet wird, finde ich das fürs alltägliche Miteinander mindestens genauso wichtig. Es ist also nicht nur entscheidend, dass beispielsweise der Name Merkel fällt. Darüber sollten wir eigentlich schon hinweg sein.

Gibt es ein anderes Projekt, das Sie in Zukunft gerne beruflich angehen würden?

Das Schöne ist, dass mein Beruf mir wahnsinnig viele Möglichkeiten bietet und ich da sehr vielseitig unterwegs sein kann. Ein Beispiel ist der Podcast mit Gerburg Jahnke, also meiner Vorgängerin von „Ladies Night“. Die Idee ist entstanden, als wir uns getroffen haben und bei einem gemeinsamen Frühstück saßen. Spontan haben wir festgestellt, eigentlich sollten wir jetzt einfach ein Mikro aufstellen, und haben das dann auch ausprobiert. Es ist super gelaufen, mittlerweile ist es die 60. Folge und nach einer Pause haben uns die Leute gelöchert, wann es denn endlich weitergeht. Das war wirklich schön zu merken, dass sich da eine richtige Community aufgebaut hat.

Das Gespräch führte Christine Schick.

Vorverkauf und Podcast

Die Vorstellung Im Rahmen der Winterkulturtage ist Lisa Feller am Freitag, 18. Februar, mit ihrem Comedyprogramm „Ich komm’ jetzt öfter!“ in der Murrhardter Festhalle zu Gast. Einlass ist ab 18.30 Uhr, Beginn um 20 Uhr. Karten im Vorverkauf gibt es für 26,50 Euro bei der Tourist-Info im Naturparkzentrum werktags (07192/213-777) und dem BücherABC (07192/8606) oder auch online über die Homepage www.murrhardt.de.

Der Podcast Er lässt sich direkt anwählen über https://tinyurl.com/mrxv6sjh.

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Erstellt:
4. Februar 2022, 06:00 Uhr

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