Neu im Kino: „Black Bag“

Ist die Gattin der Maulwurf?

Mit „Black Bag“ ist Steven Soderbergh ein echtes Kabinettstück gelungen: Cate Blanchett und Michael Fassbender spielen in diesem Mix aus Spionage-Kniffelspiel und eigensinnigem Liebesfilm ein Agentenehepaar zwischen Ver- und Misstrauen.

Das Agenten-Ehepaar Kathryn (Cate Blanchett) und George (Michael Fassbender)

© Claudette Barius/Focus Features/

Das Agenten-Ehepaar Kathryn (Cate Blanchett) und George (Michael Fassbender)

Von Martin Schwickert

Zu den Klischees des Agenten-Thrillers gehört das Bild des Spions als Einzelgänger. Der Beruf des Geheimdienstlers, der als globaler Jetsetter die Feinde der freien Welt bekämpft, erlaubt kein ausuferndes Privatleben. James Bond tut sich nur für kurzlebige Affären mit einem Girl oder für einen Auftrag mit einer schlagfertigen Kollegin zusammen. Werden die Gefühle tiefer, endet dies meistens für die Geliebte oder auch für den Agenten ihrer Majestät tödlich.

Steven Soderbergh, der schon in seinen „Ocean’s“-Filmen ein gutes Händchen für einen frischen Blick auf Genrekonventionen bewies, stellt in seinem humorvollen Spionage-Thriller „Black Bag“ nun ein Agenten-Ehepaar ins Zentrum, bei dem die Liebe zueinander ebenso stark ist wie zu ihrem Beruf. Kathryn (Cate Blanchett) und ihr Mann George (Michael Fassbender) arbeiten in der Londoner Zentrale des „National Cyber Security Centers“, das sich auf nachrichtendienstliche Ermittlungen aus technologischen Quellen konzentriert.

Als George beauftragt wird, einen Doppelagenten in der Organisation ausfindig zu machen, bekommt er einen Zettel mit fünf Namen ausgehändigt. Auf der Verdächtigenliste stehen nicht nur vier seiner engsten Kolleginnen und Kollegen, sondern auch Ehefrau Kathryn.

Sie alle wissen von dem sogenannten „Severus“-Virus, mit dem man jedes Atomkraftwerk der Welt in einen Super-GAU treiben kann. Das Programm sollte eigentlich nie zum Einsatz kommen. Aber nun liegen Informationen vor, dass ein Maulwurf aus der Abteilung die tödliche Malware an russische Regimegegner verkaufen will. Alle, die von dem Programm wissen, sind verdächtig und alle werden zu George nach Hause zum Essen eingeladen.

Um den Tisch versammeln sich der langjährige Freund und Kollege Freddie (Tom Burke), dessen Alkoholprobleme und chaotisches Privatleben einer weiteren Beförderung im Wege stehen, die Cyberexpertin Clarissa (Marisa Abela), die erst vor kurzem zur Abteilung gestoßen ist, der ehrgeizige Karrierist James Stones (Regé-Jean Page) sowie die Hauspsychologin Dr. Zoe Vaughan (Naomie Harris).

Nach dem Dessert animiert George die Anwesenden zu einer etwas abgewandelten Runde von „Wahrheit oder Pflicht“, wo erste wunde Punkte und amouröse Verflechtungen innerhalb des Spionage-Kollegiums offenbar werden.

Während der Ermittlungen verdichten sich zunehmend die Anzeichen dafür, dass Kathryn die Verräterin in den eigenen Reihen sein könnte. George muss sich entscheiden, was für ihn wichtiger ist: die eheliche oder die berufliche Loyalität und wie weit er gehen will, um seine Frau zu schützen. Denn schon bald wird klar, dass sie beide zum Ziel eines internen Komplotts geworden sind, der darauf zielt, ihre berufliche Existenz und ihr privates Glück zu zerstören.

Wunderbar verschnörkelt wird der Plot aus Lügen, Geheimnissen, Intrigen und Verdächtigungen auf der Leinwand ausgebreitet. Michael Fassbender spielt den hochintelligenten Ermittler, der immer wieder objektive Fakten und subjektive Emotionen neu sortieren muss, mit einem nuancierten Minimalismus. Derweil kann Cate Blanchett als Agenten-Diva schön kontrastierend ihre volle Verve entfalten. Professionelles Misstrauen und eheliches Vertrauen müssen in der Beziehung immer wieder neu ausbalanciert werden.

Obwohl das Agentenpaar im Zentrum steht, gibt es nur einige wenige Szenen, in denen sich ihr Privatleben entfaltet. Aber in den Gesprächen zwischen den Kollegen, die mit Neid auf die beiden blicken, wird deren Beziehung umso lebendiger. Unterlegt mit schwarzem Humor ist „Black Bag“ gleichermaßen Spionage-Kniffelspiel wie eigensinniger Liebesfilm. Die Frage von ehelichem Vertrauen wird im geheimdienstlichen Intrigenmilieu auf interessante Weise neu interpretiert und beinhaltet berufliche Verschwiegenheit gegenüber dem Partner genauso wie gegenseitige Überwachung, welche wiederum nicht von Misstrauen, sondern auch von Fürsorglichkeit angetrieben wird.

Mit „Black Bag“ ist Soderbergh ein echtes Kabinettstück gelungen, das einerseits an John-le-Carré-Verfilmungen wie „Dame, König, Ass, Spion“ erinnert und gleichzeitig als Spy-Home-Movie neue Akzente setzt. Selbstbewusst verortet sich der Film in den Traditionen des Agentenfilms. Dazu gehört auch ein Besetzungscoup, mit dem Ex-007-Darsteller Pierce Brosnan für den Part des zwielichtigen Geheimdienstchefs unter Vertrag genommen wurde.

Black Bag. USA 2025, Regie: Steven Soderbergh. Mit Cate Blanchett, Michael Fassbender und Pierce Brosnan. 93 Minuten. Ab 12 Jahren.

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Erstellt:
13. Mai 2025, 14:42 Uhr

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