Kirchle gehört zu den ältesten Gebäuden

Die Sulzbacher Straße steht in einer Ausstellung im Helferhaus im Mittelpunkt von Peter Wolfs Serie „Backnang im Zeitspiegel“

In Peter Wolfs Reihe „Backnang im Zeitspiegel“ im Kabinett des Backnanger Helferhauses steht derzeit die Sulzbacher Straße im Mittelpunkt. Gezeigt werden die historischen Fotografien und Postkarten, die der Hobbyhistoriker und Diplom-Fotodesigner zusammengetragen hat, bis 29. September.

Blick auf die Kreuzung Sulzbacher Straße/Talstraße und heutige Annonaystraße sowie die imposanten Gebäude auf dem Hagenbach. In der Reihe „Backnang im Zeitspiegel“ im Kabinett des Helferhauses widmet sich Peter Wolf nun der Sulzbacher Straße.

Blick auf die Kreuzung Sulzbacher Straße/Talstraße und heutige Annonaystraße sowie die imposanten Gebäude auf dem Hagenbach. In der Reihe „Backnang im Zeitspiegel“ im Kabinett des Helferhauses widmet sich Peter Wolf nun der Sulzbacher Straße.

Von Ingrid Knack

BACKNANG. Wussten Sie, welches die ältesten Gebäude in Backnang sind? „Das Totenkirchle ist eines davon“, sagt Peter Wolf. Ältere Teile gebe es allerdings noch im gotischen Chor der heutigen Galerie der Stadt Backnang und im Stadtturm. Die Krux ist, dass aus dieser Zeit keines der Gebäude komplett erhalten ist.

Zum Totenkirchle weiß Wolf: „Beim großen Stadtbrand am 25. Juli 1693 verbrannten außer den öffentlichen Gebäuden 142 Häuser und 49 Scheuern, nach einer anderen Darstellung 210 Bürgerhäuser und Scheuern. Lediglich in den Vorstädten blieben 52 ,gemeine Häusslen‘ und 20 Scheuern erhalten.“ Doch das Totenkirchle, das sich außerhalb der Stadtmauer befand und ursprünglich „Kirche unserer lieben Frau im Eckartsbach“ hieß, hatte ebenfalls den Stadtbrand überstanden. Und dieses war älter als die überdies übrig gebliebenen Häuser und Scheuern im Bereich Sulzbacher Straße. „Im Grundstein steht das Datum 22. Juli 1452“, so Peter Wolf. Heute steht vom ursprünglichen Totenkirchle nur noch ein Drittel. Dabei handelt es sich um den Chor des Kirchleins, der sogar schon einmal als Lederlager herhalten musste.

Aus einer Bemerkung des Stiftsverwalters vom 15. Dezember 1694 gehe überdies hervor, dass das Totenkirchle 1693 nur in Teilen Opfer der Flammen geworden war, erklärt Wolf. Im Innenraum aber sei es vollständig zerstört worden. „Es mussten eine neue Empore, ein neues Gestühl und eine neue Kanzel angebracht werden.“ Damit darin Gottesdienste abgehalten werden konnten. Denn auch die Stiftskirche war durch das Feuer stark in Mitleidenschaft gezogen worden. „Nach dem rasch erfolgten Wiederaufbau der Stiftskirche hörten die regelmäßigen Gottesdienste in der damaligen ,Frauenkirche‘ auf, man benutzte sie von nun an nur noch als Totenkirchle.“ Bei Begräbnissen wurden die Todesfeiern dort abgehalten. Als aber der Stadtfriedhof bei der Weissacher Straße angelegt war, sei der Friedhof bei der Sulzbacher Straße am 14. März 1841 geschlossen worden. Das Totenkirchle erfuhr wieder eine Umnutzung. „Der Postgerber Breuninger erwarb das Totenkirchle und richtete das Kirchenschiff zu einem Wohnhaus für seinen Bruder ein und benutzte den Chor als Magazin“, so Wolf. Im Jahr 1899 habe die Stadt die Postgerberei erworben und sei damit auch in den Besitz des Kirchleins gekommen. „Als 1905 Fritz Schweizer die Postgerberei von der Stadt kaufte, blieb die Kirche im Eigentum der Stadt. Jedoch das Kirchenschiff, aus dem ein Wohnhaus geworden war, wurde wieder verkauft.“ Heute ist nichts mehr von diesem Teil der Kirche zu sehen, er wurde 1956/1957 abgerissen. An dieser Stelle wurde ein Neubau errichtet, der heute noch existiert. „Der verbliebene Chor des Totenkirchles wurde 1987/88 grundlegend renoviert und mit einer neuen Einrichtung versehen. Dazu gehört auch eine Orgel der Althütter Orgelbauwerkstatt Reinhart Tzschöckel. Im Inneren des Totenkirchles befindet sich ein schönes Rippengewölbe. Bemerkenswert ist außerdem das Maßwerk der Fenster. Das Totenkirchle wird heute von der evangelischen Kirchengemeinde und der Michael Hahn’schen Gemeinschaft genutzt.“ Weiter führt Wolf aus: „Das Totenkirchle wurde der evangelischen Kirchengemeinde zur Benutzung überlassen, und der Stiftskirchengemeinderat und der engere Rat der Gesamtkirchengemeinde haben 1983 beschlossen, dass das Totenkirchle eine würdige Ausstattung erhalten soll.“

Wer sich für die Historie Backnangs interessiert, findet wieder viele interessante Informationen in Peter Wolfs Ausstellung. Zum Beispiel über Backnanger Getreidemühlen. Eine davon war die Wolf’sche Mühle in der Sulzbacher Straße 2. „Direkt an der Sulzbacher Brücke befand sich die sogenannte Hintere oder Obere Mühle, die auch Stiftsmühle genannt wurde und schließlich nach der letzten Müllersfamilie als Wolf’sche Mühle bekannt war“, erzählt Wolf. Von dieser Mühle sei nur noch das Wehr erhalten. „1622 erwarb die Stadt die Stiftsmühle und veräußerte sie 1799 in private Hände. 1919 kaufte man die Mühle zurück und richtete darin Wohnungen ein. Die Scheune wurde zusammen mit dem Mühlkanal bereits 1931 beseitigt, das eigentliche Mühlgebäude dann 1938 abgerissen“, erläutert Wolf. Weitere Themen sind unter anderem das einstige Café Gebhardt, das Hämmerle-Haus Am Koppenberg 1 oder das Postgerberhaus in der Sulzbacher Straße 10.

Die Ausstellung „Backnang im Zeitspiegel – Die Sulzbacher Straße“ von Peter Wolf im Helferhaus ist auch während der Sommer- ferien dienstags bis freitags von 17 bis 19 Uhr sowie samstags und sonntags von 14 bis 19 Uhr geöffnet.

Das an das Totenkirchle angebaute Wohnhaus wurde 1956/1957 abgerissen. An dieser Stelle wurde ein Neubau errichtet, in dem sich heute unter anderem eine Apotheke befindet. Der Chor ist eine Zeit lang auch als Lederlager genutzt worden. Repros: P. Wolf

Das an das Totenkirchle angebaute Wohnhaus wurde 1956/1957 abgerissen. An dieser Stelle wurde ein Neubau errichtet, in dem sich heute unter anderem eine Apotheke befindet. Der Chor ist eine Zeit lang auch als Lederlager genutzt worden. Repros: P. Wolf

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Erstellt:
7. August 2019, 16:00 Uhr

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