Kleine Bühne, große Wiese

Das Sommerpalast-Team hat ein neues Format ausgetüftelt. Auf den Höhen Murrhardts mit Luft für genügend Abstand lädt es zum Bergfestival ein. An vier Abenden auf ausgesuchten Plätzen können 200 Gäste den Picknickkorb auspacken und Kleinkunst genießen.

Paul Kamrad, Niki Eilers und Moritz Wahl (von links) vom Sommerpalast-Team nehmen Maß. Die Wiese bei Waltersberg ist ein Veranstaltungsort. Fotos: privat

Paul Kamrad, Niki Eilers und Moritz Wahl (von links) vom Sommerpalast-Team nehmen Maß. Die Wiese bei Waltersberg ist ein Veranstaltungsort. Fotos: privat

Von Christine Schick

MURRHARDT. Immer wenn es auf die zweite oder dritte Juliwoche zugeht, formieren sich normalerweise all die Helfer des Sommerpalasts, um sich nach den logistischen Planungen auch allmählich für die konkrete Arbeit startklar zu machen. Mit Corona war allerdings schon im Frühjahr klar, dass das Kulturfestival im Murrhardter Stadtgarten kaum würde stattfinden können.

Aber in Hardy Wielands Kopf, der sich um das kulturelle Programm des Sommerpalasts kümmert, hat es weitergearbeitet. Was gebe es vielleicht doch für Alternativen, die der Situation gerecht werden? Eins war beim Austausch mit dem Helferteam jedenfalls schnell klar: Ein Verschieben in Richtung Spätsommer oder Herbst scheint wenig sinnvoll und es ist besser, sich vom Gedanken eines Sommerpalasts zu verabschieden. „Das Festival lebt davon, dass sich Menschen treffen, da ist viel Kommunikation und enger Austausch“, sagt Hardy Wieland. Allein das Kriterium, Richtlinien einhalten zu können, macht einfach noch keinen Sommerpalast. „Und es ist ja auch gefährlich, in dieses Fahrwasser zu kommen, Normalität nur vorzuspielen.“

Also hat das Team an einem Konzept gefeilt, das ein paar Dinge zusammenbringt und gleichzeitig auch der Gefahr einer schwer kontrollierbaren Festivalsituation innerhalb der Stadt aus dem Weg geht. Das Ergebnis: das Bergfestival, das Natur auf den Höhen Murrhardts bietet und Menschen vor Ort sowie ihren Gästen Kultur in kleinerem Rahmen auf der grünen Wiese serviert. An vier Samstagen von Ende Juli bis Anfang September können sich jeweils bis zu 200 Besucher einfinden, um auf ihrem zugewiesenen Plätzchen mit Abstand ihre Decke auszubreiten – bei Lust und Laune mit Picknickkorb. Für Getränke sorgen die Sommerpalast-Helfer. Der Auftakt findet in Hinterwestermurr auf dem Gelände des vereinsbetriebenen Bädles statt, dann geht es nach Steinberg ins Grüne und nach Waltersberg auf eine idyllische Hochebene bei den Wellingtonien. Der vierte Termin wird auf der Waldwiese von Park Hohenstein mit dem Zugang über den Teilort Hoffeld sein.

„Wir fänden es richtig gut, wenn die Gäste möglichst mit dem Fahrrad oder zu Fuß kommen“, sagt Wieland. Dazu gibt es schon unterstützende Ideen wie Treffpunkte für kleine Gruppen in der Stadt, die gemeinsam zum Festival wandern, oder einen Campingstuhlshuttleservice für Radfahrer, deren Gepäckkapazität begrenzt ist. Auch wenn der Rahmen ein kleinerer ist, hat sich die Organisation als nicht ganz unaufwendig erwiesen. Um die Logistik gut im Griff zu haben, hat das Team ein eigenes Buchungssystem programmiert, bei dem die Besucher ihre Karten kaufen, aber beispielsweise auch angeben können, wenn sie mit dem Auto kommen.

Um einen Plan B bei schlechtem Wetter zu haben, hat man sich darauf verständigt, im Fall der Fälle vom Samstag auf den Sonntag auszuweichen. Sollte Petrus auch da kein Einsehen haben, wird die Hälfte des Eintritts zurückerstattet, das Publikum also am Risiko beteiligt. Zwei Privatleute, der Verein Wasserfreunde Hinterwestermurr und die Stadt unterstützen das Vorhaben über ihr Gelände, das sie zur Verfügung stellen, und auch die Künstler Gankino Circus – die fränkische Volkslieder mit schrägen Rhythmen mixen und bei ironischer und weltoffener Folkmusik landen –, der Kabarettist Django Asül, die Liedermacherin Ami Warning und der Comedian und Musiker Frank Tischer waren schnell ins Boot geholt. Bürgermeister Armin Mößner freut sich über die Initiative und die Veranstaltungen. „Das ist für Murrhardt klasse, dass was stattfindet. Auf der Wiese lässt sich der Abstand einfach einhalten. Vom Konzept grenzt sich das gegenüber einem Autokino ab und passt gut zu Murrhardt mit seiner Natur. Man kann an der frischen Luft sein, kommt am besten noch mit dem Fahrrad oder zu Fuß“, sagt er.

Sina Mohr, Vorsitzende des neuen Vereins Palastkultur, und Hardy Wieland gehen davon aus, dass so zwischen Künstlern und Publikum auch etwas mehr Interaktion möglich ist. Ein paar Dinge kommen dem Bergfestival dann doch – sommerpalastmäßig – zugute. Das bewährte Helferteam kümmert sich vor Ort um die Einlass- und Verteillogistik, Versorgung mit Getränken, Künstler und das liebevolle Ambiente. Die einzelnen Plätze sollen mit Fähnchen und Tiersymbolen gekennzeichnet sein. „Das ist keine Behelfslösung, sondern ein neues Format. Wir haben so viele tolle Plätze in Murrhardt und können das Festival nutzen, um etwas Verbindendens zu schaffen“, sagt Wieland. Das Abstandhalten ist Programm, was einem Gemeinschaftsgefühl keinen Abbruch tun soll. In Anlehnung an die T-Shirts vom Sommerpalast hat Hardy Wieland schon mal ein Maskenmodell entworfen, auf dem das Stichwort Sicherheit aufgeflockt ist.

Zum Sommerpalast berichten Mohr und Wieland noch so viel: Zwar ist die Gründung des Vereins Palastkultur, der das Festival künftig mit Unterstützung der Stadt stemmen soll (wir berichteten), in die Coronazeit hineingelaufen, trotzdem zählt er nun 310 Mitglieder und ein Stammkapital von 1700 Euro. Mit weiterer Mitgliederwerbung war das Team vorerst zurückhaltend, weil die Menschen in dieser Zeit einfach mit anderen Dingen beschäftigt waren und sind. Die Gründung der gemeinnützigen GmbH wolle man möglicherweise Ende des Jahres angehen. Über eine Leader-Kleinstförderung wird das Team aber den Bau einer Reihe von Infrastrukturelementen wie Böden und Sitzgelegenheiten für das Kulturfestival im Stadtpark anpacken.

Gankino Circus

Gankino Circus

Django Asül

Django Asül

Frank Tischer

Frank Tischer

Ami Warning

Ami Warning

Der Verein Palastkultur bietet vier genussvolle Ausflüge auf die grüne Wiese zu Konzerten, Kabarett und Comedy

Die Termine: Am Samstag, 25. Juli, tritt Gankino Circus (Musikkabarett) in Hinterwestermurr, Bädlegelände, auf, am Samstag 8. August, Django Asül (Kabarett) am Ortsrand von Steinberg, am Samstag, 22. August, Ami Warning (Konzert) in der Nähe von Waltersberg und am Samstag, 5. September, Frank Tischer (Kabarett/Comedy) auf einer Waldwiese im Park Hohenstein bei Hoffeld. Einlass ist jeweils ab 18 Uhr, Beginn um 19 Uhr. Bei schlechtem Wetter wird die Veranstaltung auf den jeweiligen Sonntag verschoben.

Die Tickets: Die Karten kosten jeweils 20 Euro, sind online über die Homepage www.sommerpalast.de oder im Naturparkzentrum, Marktplatz 8, in Murrhardt erhältlich. Wer mit dem Auto kommt, muss sich zusätzlich einen Stellplatz zum Preis von fünf Euro sichern. Nur im Naturparkzentrum gibt es die „Bergfestival-Eine-Für-Alles-Karte“ zum Preis von 80 Euro. Dieses Ticket hat zwar keinen Preisvorteil, aber sichert den vierfachen Genuss und spart viel Buchungsarbeit. Mitglieder vom Förderverein Sommerpalast e.V., deren Mitgliedschaft die „Eine-Für-Alles-Karte“ für den Sommerpalast beinhaltet, können diese kostenlos gegen drei Veranstaltungskarten für das Bergfestival tauschen. Da die Tickets vom Sommerpalast bisher noch nicht verschickt wurden, ist es ausreichend, sich einfach mit Namen im Naturparkzentrum zu melden.

Verein Palastkultur: Das Sommerpalast-Bergfestival ist eine Veranstaltung des Palastkultur e.V. Wer den Verein für Kultur, Kunst und Kulinarik unterstützen möchte, findet den Mitgliedsantrag auf der Homepage www. sommerpalast.de. Dort gibt es außerdem noch weitere Informationen rund um die vier Events.

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Erstellt:
15. Juli 2020, 06:00 Uhr

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