Kulturtransfer durch Raum und Zeit

Landesjugendbarockorchester bringt in der Backnanger Christkönigskirche barocke Musik ins Hier und Jetzt

Das Landesjugendbarockorchester Baden-Württemberg konzertierte erstmals in Backnang. Foto: T. Roth

© Thomas Roth

Das Landesjugendbarockorchester Baden-Württemberg konzertierte erstmals in Backnang. Foto: T. Roth

Von Thomas Roth

BACKNANG. Viel launige Information über historische Aufführungspraktiken und die dazu nötigen Instrumente, beeindruckendes Spielniveau der 13- bis 21-Jährigen, wunderbare Musik von Lully, Bach und Geminiani: Das Landesjugendbarockorchester Baden-Württemberg begeistert mit seinem Konzert „Grenzgänge“ in der Christkönigskirche. Erstmals war es in Backnang zu Gast.

„Die Jugendlichen haben alles selbst auf die Beine gestellt“, erklärt der künstlerische Leiter Gerd-Uwe Klein zu Beginn des Sonntagnachmittagskonzerts den etwa 170 Besuchern in der katholischen Christkönigskirche. Schwerpunkt der musikalischen Arbeit in diesem Orchester ist, Jugendlichen die historische Aufführungspraxis des Barocks nahezubringen – mit allem, was dazugehört: richtige Behandlung der mit Darmsaiten bespannten und somit sehr stimmsensiblen Streichinstrumente, ebenso der klappenlosen Oboen, sowie selbstverständlich vibratoloses Spiel und richtige Bogen- und Atmungsführung.

Mit Jean-Baptiste Lullys „Le Bourgeois Gentilhomme“ entführen die jungen Musiker ihr Publikum zunächst an den Hof des Sonnenkönigs. Ludwig der 14. kommt – genussvoll gespielt von Mathis Wolfer (Tasten) – auch gleich selbst zu Wort. Befragt von der „rasenden Reporterin“ Amelie Süssmuth (Viola) gibt er Einblicke in die nicht nur rein musikalischen Gepflogenheiten an seinem Hofe. Das ist durchaus auflockernd, übrigens auch beim von Maximilian Arnold (Kontrabass) gemimten Johann Sebastian Bach und dem Verleger John Walsh, dargestellt von Johanna Kaleschke (Violine). Es ist ein wichtiger Aspekt des Projekts Landesjugendbarockorchester, die Jugendlichen eben nicht nur in rein musikalisch technischen Fertigkeiten zu schulen, sondern ihnen auch die gesellschaftlichen Hintergründe der Kompositionen zu eröffnen. Ein sozusagen ganzheitlicher Ansatz. Gerade bei Walsh wird klar, dass es bereits damals um Urheberrechte, also ums Geld ging. YouTube und Co. lassen grüßen. Mit der Sopranistin Theresa von Bibra und dem Altus Jan Jerlitschka hören die Besucher dann in Johann Sebastian Bachs Bearbeitung von Giovanni Battista Pergolesis „Stabat Mater“ zwei ausgewiesen hervorragende Stimmen, die preisgekrönt und auch bereits auf manchen CD-Einspielungen zu erleben sind. Die beiden Stimmen glänzen solistisch, harmonieren aber auch sehr angenehm in den Duettpassagen.

Francesco Geminianis Concerto Grosso „La Follia“ erfordert, der Beiname des Werkes („Wahnsinn“) deutet es an, dynamisches, in diesem Fall auch lautes Spiel. Kein Problem für die Musiker des Landesjugendbarockorchesters, die von Cembalist Carsten Lorenz souverän zusammengehalten werden.

Minutenlanger Beifall und eine Bach-Chaconne als Zugabe zeigen, dass hier, bei doch relativ wenig, aber dafür sehr fundierter Probenarbeit, auch mit Mitgliedern des Freiburger Barockorchesters, ein bemerkenswert hohes Musizierniveau gelingt. Man kann davon ausgehen, dass dies auch der Sonnenkönig mit einem „Chapeau“ quittiert hätte.

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Erstellt:
25. Juni 2019, 16:00 Uhr

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