Literatour kehrt nach fünf Jahren zurück

Die beliebte Kinder- und Jugendliteraturwoche steht 2022 unter dem Motto „Lesen verzaubert“. Die Backnanger Stadträte signalisieren dem Leitungsteam volle Unterstützung und segnen einen Zuschuss zur Deckung eines möglichen Defizits von bis zu 70000 Euro einstimmig ab.

Lesung mit Michael Hain anlässlich der Literatour 2014. Bei ihm war auch mitmachen und verkleiden angesagt. Archivfoto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Lesung mit Michael Hain anlässlich der Literatour 2014. Bei ihm war auch mitmachen und verkleiden angesagt. Archivfoto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

Backnang. Über kräftigen Rückenwind darf sich das Leitungsteam der Backnanger Literatour freuen. Die Stadt Backnang und die Stadträte sagten Karin Moll, Heinz Harter und Thomas Maier volle Unterstützung bei der elften Auflage der beliebten Veranstaltung zu, die als eine der größten Kinder- und Jugendliteraturwochen Deutschlands gilt. Fünf Jahre nach der bislang letzten Literatour im Jahr 2017 findet sie nun nach zweifacher, pandemiebedingter Verschiebung dieses Jahr vom 11. bis 18. November unter dem Motto „Lesen verzaubert“ statt.

Einer der Gründe, weshalb das Thema in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats auf der Tagesordnung stand, war finanzieller Natur. Dieser schnöde Aspekt ist schnell erzählt: Die Macher gehen von Ausgaben in Höhe von etwa 77000 Euro aus, diese Annahme beruht auf den Erfahrungen früherer Literatourwochen. Darin enthalten sind Beherbergungskosten, Reisekosten, Honorare oder Gema-Gebühren. Üblicherweise rechnen die Organisatoren auch mit Einnahmen von über 33000 Euro, sodass sich das Defizit deutlich reduzieren würde. In diesem Jahr jedoch ist alles etwas anders. Thomas Maier, der ehemalige Leiter der Schickhardt-Realschule, bat im Namen des Vorbereitungsteams wegen der kurzen Planungszeit und aus Gründen der Pandemie die Stadträte darum, als Planungssicherheit eine Garantie für die Übernahme von 70000 Euro zu geben. Nur zur Sicherheit. Maier: „Wir planen defensiv und vorsichtig.“

Für die Stadträte war es überhaupt keine Frage, diese Garantie zu erteilen. So sagte etwa Armin Dobler (SPD): „Ich stimme selten so gerne einer Ausgabe zu wie in diesem Fall.“ Und sein Fraktionskollege Heinz Franke erklärte: „Die Literatour ist zu einem Aushängeschild Backnangs geworden. Ich gehe davon aus, dass die Stadt den Abmangel gerne übernimmt.“ Sabine Kutteroff (CDU) ergänzte: „Diese Ausgaben sind jeden Cent wert.“ Ute Ulfert erinnerte an die fünfjährige Pause. „Wenn es uns jetzt gelingt, an der Schule wieder diese positive Atmosphäre hervorzuzaubern, dann sollte uns das auch etwas wert sein“, so die Christdemokratin.

Das Lesen wird täglich gefördert, aber der Alltag braucht auch solche Highlights

Das Feld zu dieser freundlichen Einschätzung hatte zuvor schon Oberbürgermeister Maximilian Friedrich bereitet. Er bescheinigte der Literatour eine Strahlkraft, die weit über die Stadtgrenzen hinausginge. Und er freute sich, dass mit Karin Moll, Heinz Harter und Thomas Maier ein so bewährtes Team die Leitung übernommen habe. Die Schulleiterin der Mörike Gemeinschaftsschule Backnang, Karin Moll, erinnerte daran, dass die Veranstaltung zuletzt zweimal wegen der Pandemie verschoben werden musste und so der eigentliche Dreijahresrhythmus unterbrochen wurde. Nun erklärte sie im Hinblick auf das Spätjahr und die Erfahrungen mit Corona: „Wir glauben, dass die Hoffnung berechtigt ist, dass das Event im November stattfinden kann.“ Sie freute sich nicht nur, dass mit den ehemaligen Schulleitern Harter und Maier zwei Köpfe des Leitungsteams aufgrund ihres Ruhestands „etwas mehr Zeit haben“, sie lobte vor allen Dingen auch das gesamte Organisationsteam: „Es ist ein starkes Zeichen, wie viele Kräfte da miteinander wirken. Und die vielen Rädchen, die hier ineinandergreifen, die nehmen derzeit richtig Fahrt auf.“

Die Literatour ist laut Heinz Harter ein Format, das sich sehen lassen kann. Die Tatsache, dass das Event nun schon in die elfte Auflage geht, bewertete der ehemalige Leiter der Max-Eyth-Realschule so: „Qualitätsvolles hält sich lange.“ Harter ging auf die Ziele des Projekts ein. Und dass hier an oberster Stelle die „Leseförderung in den Schulen“ steht, ordnete er so ein: „Manche könnten nun sagen: Das machen die Lehrer doch jeden Tag in der Schule. Das stimmt. Aber diese Begegnungen während der Literatour sind etwas Besonderes. Schulalltag braucht auch solche Highlights.“ Harter griff auch das Lob für sein und Thomas Maiers Engagement auf und erklärte: „Die aktuellen Schulleiter könnten diese Zusatzaufgaben aufgrund ihrer aktuellen Belastung, und damit meine ich nicht nur Corona, derzeit überhaupt nicht stemmen.“ Zuvor hatte Dobler gesagt, „es ist gar nicht so selbstverständlich, dass es jetzt nach fünf Jahren Pause weitergeht“. Schließlich musste in dieser Zeit auch der Kontakt zu den Autoren gehalten werden.

Zuversichtlich zeigte sich auch Ute Ulfert: „Ich glaube nicht, dass uns Corona da einen Strich durch die Rechnung macht.“ Schließlich hätten die Schulen inzwischen Erfahrung im Umgang mit der Pandemie und bei Lesungen etwa in einer Halle oder im Foyer könnten auch Abstände eingehalten werden. Ulfert lobte: „Es ist eine wunderbare Sache, wenn allen 5000 Backnanger Schülern das Erlebnis einer Lesung geboten werden kann.“ Auch sie sprach von einem Aushängeschild für Backnang.

Eben weil die Literatour so sinnvoll ist, kritisierte Volker Dyken (Backnanger Demokraten) den anvisierten Eintritt in Höhe von zwei Euro für die Lesungen und Theateraufführungen. Er plädierte für einen niederschwelligen Zugang und hätte den Eintritt gerne auf einen Euro reduziert. Rolf Hettich (CDU) stimmte ihm zu und forderte sogar freien Eintritt. Maier entgegnete einerseits, dass das Einsammeln des Geldes nie ein Problem gewesen sei, dass derzeit aber andererseits ein „Plan B“ geprüft werde. Dass die Eintritte nämlich aus den Kassen der Elternbeiräte entnommen werden, denn diese Kassen seien derzeit in der Folge der Pandemie voll.

Bislang 14 Autoren ermöglichen über 90 Lesungen

Kooperation Alle Backnanger Grundschulen, Gemeinschaftsschulen, Realschulen, das sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum Pestalozzischule, die Gymnasien, die Freie Waldorfschule Backnang und das Berufsschulzentrum beteiligen sich an der Literatour. Darüber hinaus sind die Backnanger Buchhandlungen, der Gesamtelternbeirat, die Stadtbücherei, das Backnanger Bürgerhaus, das Bandhaus-Theater, das Kultur- und Sportamt, das Jugendreferat sowie das Amt für Familie, Jugend und Bildung in die Organisation eingebunden. Ferner wird die Literatour von zahlreichen Einrichtungen und Firmen unterstützt.

Historie Die Backnanger Literatour ist seit mehr als 30 Jahren eine der größten Kinder- und Jugendwochen in Deutschland, die mit einem vielfältigen Programm die Teilnehmer begeistert. Seit der Premiere 1990 wird die Literatour alle drei Jahre veranstaltet. Aufgrund der Pandemie musste das Event 2020 verschoben werden. Auch im Jahr 2021 konnte die Literatour wegen Corona nicht über die Bühne gehen. Das Konzept sieht vor, dass zahlreiche Autoren an den Schulen aus ihren Büchern vorlesen. Zudem rundet ein Begleitprogramm im Bürgerhaus und in weiteren Institutionen der Stadt Backnang die Veranstaltung ab.

Zeitplan Die Auftaktveranstaltung findet am Freitag, 11. November, um 19 Uhr im Bürgerhaus Backnang statt. Ferner gibt es am Sonntag, 13. November, ebenfalls im Bürgerhaus eine Matinee. Die Abschlussveranstaltungen gehen am Freitag, 18. November, voraussichtlich dezentral über die Bühne. Während der Literatourwoche vom 14. bis 18. November organisieren die Macher über 90 Lesungen an den Schulen, zum Teil auch öffentlich. Zudem werden weitere Veranstaltungen zum Beispiel im Bandhaus-Theater oder im Jugendtreff angeboten. Auch gibt es eine öffentliche Lesung der diesjährigen Patenautorin Antonia Michaelis.

Autoren Bis heute haben mit Antonia Michaelis bereits 13 weitere namhafte Autoren ihr Kommen zugesagt. Laut Heinz Harter vom Leitungsteam der Literatour haben alle Autoren, die bereits einmal bei der Backnanger Kulturwoche mitgemacht haben und die angefragt worden sind, sofort und mit Freude ihre Teilnahme angekündigt. Geplant ist, dass sich die Verteilung der Lesungen nach den Klassenstufen und der Schülerzahl richtet. Das Ziel der Organisatoren lautet: Alle Schüler sollen zumindest eine Lesung miterleben können. Die Schirmherrschaft der elften Literatour hat Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich inne.

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Erstellt:
4. März 2022, 06:00 Uhr

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