Musikalisches Feuerwerk abgebrannt

Der Verein Via Backnang hatte zur Musikmaile 2021 ins Parkhaus Windmüller eingeladen. Die Besucher ließen sich auch von der 2-G-Coronaregelung nicht abhalten und so waren alle 190 Karten schnell ausverkauft .

Die Band The Cool Chickpeas rockt das Parkhaus Windmüller in der Backnanger Innenstadt. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Die Band The Cool Chickpeas rockt das Parkhaus Windmüller in der Backnanger Innenstadt. Foto: A. Becher

Von Wolfgang Gleich

Backnang. Wummernde Bässe, jaulende Riffs und donnernde Schlagzeugsoli ließen am Samstagabend das oberste Stockwerk des City-Parkhauses Windmüller erbeben. Die Klangwellen fanden von dort aus ihren Weg hinaus in die Stadt und breiteten sich über den Dächern aus in den Himmel eines sonnigen Spätsommerabends, der zum Feiern und Tanzen geradezu einlud. Rockmusik vom Feinsten, dazu ein kühles Bier, ein wohl temperiertes Glas Wein, ein raffinierter Sommercocktail und die Begegnung im Plausch mit Bekannten und Gleichgesinnten. Ein musikalisches Feuerwerk hatte Birgit Kneiser, die Moderatorin des Abends, in ihrer Begrüßung den Festbesuchern versprochen. Und sie hielt Wort. Kein Wunder, dass die Stimmung im Handumdrehen den Siedepunkt erreichte. Es genügte, sich einfach nur fallen zu lassen, sich der Musik und dem Augenblick hinzugeben.

Dabei hatte der Abend auch einen durchaus ernsten Hintergrund, der über die Leichtigkeit des Saturday Night Fever hinausgeht. Letztes Jahr im Juli, mitten im Lockdown, so berichtete Birgit Kneiser, gründeten zehn Gleichgesinnte zwischen vier und 66 Jahren den Verein Via Backnang: „Weil wir dachten, dass wir dadurch noch mehr die Möglichkeit haben, für Menschen mit Behinderung oder auch Migrationshintergrund aktiv zu werden und ihnen den Weg in der Gesellschaft zu erleichtern.“ Bei zwei Vorstandsmitgliedern, nämlich Inklusionsmanagerin Samara Wildermuth und Eventmanager Felix Walter, handle es sich um Menschen mit Behinderung. Die Band The Cool Chickpeas gehöre quasi zum Stamminventar.

Aber der Verein um seinen Vorsitzenden Thomas Wildermuth wolle wachsen und sich breiter aufstellen. „Wir haben uns das Ziel gesetzt, möglichst vielen Menschen zu helfen und Plattformen für Begegnungen zu bieten.“ So suchte man nach einer Möglichkeit, im Rahmen eines Konzerts der Formation The Cool Chickpeas einen coronakonformen Liveauftritt zu ermöglichen und in die Backnanger Bevölkerung hineinzuwirken. Man dachte dabei an den frühen Herbst, da bestünde noch die Aussicht auf schönes Wetter und nicht zu kalte Nächte, so der Gedanke. Als man Martin Windmüller anfragte, sei er sofort begeistert gewesen. Er und all die anderen Unterstützer hätten dieses Event unter 2-G-Bedingungen ermöglicht.

Der Gedanke der Inklusion wird laut OB Friedrich in Backnang gelebt

Die 190 Eintrittskarten seien ruck, zuck ausverkauft gewesen, was nicht zuletzt an den hervorragenden Bands gelegen habe, die jede für sich als Besuchermagnet wirkte: Neben den Chickpeas waren das die Anheizer Twentyfour aus Mögglingen und Bölter. Letztere klagten nicht nur ihr „Lockdown-Leid“, sondern ermunterten auch: „Man muss nehmen, was man kriegen kann.“ Vor zwei Jahren, so erinnerte Oberbürgermeister Maximilian Friedrich als Schirmherr der Veranstaltung, fand in Backnang die erste Musikmaile statt. Der Name beziehe sich auf den 5. Mai, den Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Beeinträchtigung. Damals seien an vier verschiedenen Orten jeweils Bands mit und ohne Handicap aufgetreten. Angesichts des Erfolgs habe man schnell Unterstützer für eine zweite Musikmaile gefunden. „Die Musikmaile ist geprägt von Menschen, die mit Freude und viel persönlichem Einsatz aktiv sind. Sie ist damit ein positives Aushängeschild unserer Stadt“, so Friedrich.

Der Gedanke der Inklusion werde in Backnang in vielen Bereichen gelebt, so der OB weiter. Als Beispiel nannte er die Backnanger Werkstätten, aber auch die Stadtverwaltung, bei der es mehrere wertgeschätzte Kolleginnen und Kollegen mit unterschiedlichen Handicaps gebe, die bei vielen städtischen Aufgaben Hervorragendes leisteten. „Wir machen uns stark für den Abbau von Barrieren, seien es bauliche Maßnahmen im Alltag oder sprachliche Hindernisse. Von klein auf schaffen wir in unseren Kitas und Schulen ein entsprechendes Bewusstsein.“ Backnang sei eine vielfältige, bunte und lebendige Stadt, betonte Friedrich. Menschen mit Behinderung stünden nicht am Rande, sondern seien ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Gesellschaft. „Wir engagieren uns gegen Ausgrenzung und für eine gleichberechtigte Teilhabe im Alltag.“ Als er sich zweieinhalb Wochen nach seinem Amtsantritt den Knöchel brach und auf Krücken angewiesen war, habe er gelernt, was Barrieren bedeuten und dass es noch viel zu tun gebe, um sie abzubauen, gab der OB zu verstehen.

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Erstellt:
20. September 2021, 06:00 Uhr

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