Neuer Leiter an der Klavierakademie Murrhardt

Christian A. Pohl hat 2001 die Internationale Klavierakademie in Murrhardt mitbegründet und viele Jahre begleitet. Nun kehrt der Musikprofessor als ihr neuer Leiter in die Walterichstadt zurück. Die Vermittlung und die Lehrer-Schüler-Beziehung spielen für ihn eine ganz besondere Rolle.

Christian A. Pohl freut sich auf die Premiere als neuer Leiter der Klavierakademie Murrhardt. Foto: Joerg Singer

© Joerg Singer

Christian A. Pohl freut sich auf die Premiere als neuer Leiter der Klavierakademie Murrhardt. Foto: Joerg Singer

Von Christine Schick

Murrhardt. „Ich habe mich ungeheuer gefreut, als mich Uwe Matti gefragt hat, ob ich die künstlerische Leitung der Klavierakademie übernehmen möchte“, erzählt Christian A. Pohl. Mit den Anfängen nach der Gründung verbinde er viele berührende Momente. Es sei einfach schön gewesen, mit den Menschen in dieser Zeit dort zu arbeiten. Nach einer Bedenkzeit von einer Woche habe dann auch festgestanden, dass er die Aufgabe anpacken und den Meisterkursen seine persönliche Note geben wolle.

Danach liefen die Vorbereitungen in Zusammenarbeit mit Kulturamtsleiter Uwe Matti an und mittlerweile ist schon viel passiert. Das Erscheinungsbild nach außen – auf Homepage, Facebook oder den Unterrichtsunterlagen – hat eine Verjüngungskur und eine moderne, frische Anmutung erfahren. Im Mittelpunkt stehen für Christian A. Pohl aber vor allem die inhaltlichen Aspekte – guter Unterricht und eine ebenso gute Kursatmosphäre. „Das ist auch bei der Auswahl der Dozenten wichtig. Da gibt es den Anspruch an die Exzellenz der Lehrenden, aber auch, dass sie zudem eine positive Stimmung für die Lernenden schaffen können“, sagt Pohl und erinnert sich an einen Ausspruch von Jacques Rouvier. Der langjährige Dozent der Klavierakademie habe im Gespräch einmal festgestellt: „Es ist ja nicht der Sinn eines Meisterkurses, die Studenten fertigzumachen.“

Mehr Flexibilität im Unterricht

Der neue Leiter der Klavierakademie möchte allerdings auch noch einen Schritt weitergehen. Zu den grundlegenden Neuerungen gehört, dass sich die Studentinnen und Studenten ihren Unterricht selbst zusammenstellen können. Bisher sah das Konzept vor, dass sie bei allen drei Dozentinnen und Dozenten des jeweiligen Kursjahres präsent sind und in den Stunden gemeinsam an ihrem Spiel beziehungsweise bestimmten Werken arbeiten.

Mit diesem Zwang konnte sich Pohl nicht anfreunden: „Sie sollen das selbst entscheiden können.“ Nun haben die Einzelnen die Möglichkeit, ihre Unterrichtseinheiten ganz flexibel zu buchen – ob bei einem, zwei oder allen drei Lehrern. „Ich finde das einfach auch zeitgemäß.“ Der eine komme ganz gezielt zur Akademie, um eine Dozentin oder einen Dozenten kennenzulernen, vielleicht auch mit dem Gedanken, ein Studium bei ihr oder ihm zu erwägen. Der andere wolle gerade die anderen Professorinnen und Professoren erleben, weil schon eine Lehrbeziehung zu einem weiteren besteht.

Die Klavierakademie 2022 ist ausgebucht

Die Anmeldezahlen widersprechen diesem Konzept jedenfalls nicht. Die Internationale Klavierakademie 2022 ist ausgebucht, die Nachfrage ist größer als die Kapazitäten. 38 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind nun an Bord. Nicht unerheblich dafür dürfte auch das attraktive Trio der beiden Professoren und der Professorin sein: Neben Christian A. Pohl selbst, der an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig lehrt und sich intensiv mit musikpädagogischen und -didaktischen Fragen beschäftigt, unterrichten Rena Shereshevskaya aus Paris, die sich nicht nur als Solistin, sondern ebenfalls in didaktischer Hinsicht einen Namen gemacht hat, sowie Jan Jiracek von Arnim, der an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien lehrt und in der Stadt auch einen Internationalen Beethoven-Klavierwettbewerb leitet.

Wie hat er sie für die Meisterkurse gewinnen können? „Man fragt sie einfach“, sagt Pohl. Dass zudem Professor John Rink von der Universität Cambridge als Ehrengast nach Murrhardt kommt, freut ihn besonders. Der ausgewiesene Chopin-Experte wird die Meisterkurse durch einen Vortrag und einen Workshop bereichern. Rink beschäftigt sich nicht nur als Forscher mit dem Komponisten, sondern ist auch Juror beim Internationalen Chopin-Wettbewerb Warschau. Und über letztere Tätigkeit wird er bei seinem Vortrag Einblick geben. „Er lässt die Zuhörerinnen und Zuhörer in seine Arbeit in der Jury eintauchen. Wir bekommen also Einblick in diese Welt und was beispielsweise Kriterien für die Beurteilung sind“, erläutert Pohl. Während der Meisterkurse wird noch entschieden, wer beim Workshop von John Rink teilnehmen kann.

Die Vermittlung spielt eine wichtige Rolle

Nun sind die Vorbereitung für Christian A. Pohl abgeschlossen und er ist gespannt darauf, Murrhardt nach über zehn Jahren wiederzusehen. Vor allem aber freut er sich auf seine Studentinnen und Studenten und auf den Unterricht. Sein Beruf sei das Privileg, mit Kunstwerken der Musik umzugehen, aber auch die Vermittlung und den Unterricht begreift und beschreibt er als Kunstwerk. „Ich muss den Lernenden einschätzen und einen Weg zu ihm und eine Sprachebene finden, die er versteht und über die ich Dinge transportieren kann“, sagt er.

In solch einer Situation mit begrenzter Zeit heißt es ja auch, auszuwählen aus möglichen 100 bis 1.000 Einzelaspekten, denen man nachgehen könnte, um dann etwas so zu vermitteln, dass es beim anderen ankommt und wertvoll für ihn und seinen weiteren Weg ist. „Und dieses Ziel habe ich an Universität in Leipzig genauso wie in Murrhardt bei der Klavierakademie.“

Interessierte können den Unterricht verfolgen und es finden vier Klavierkonzerte in der Festhalle statt

Extraunterricht Ebenfalls integriert in die Klavierakademie wird der Unterricht von einigen wenigen noch jüngeren Schülerinnen und Schülern, um auch Nachwuchstalenten die Möglichkeit zu geben, einmal eine Unterrichtsstunde zu erleben. Dies übernehmen Christian A. Pohl und Jan Jiracek von Arnim.

Geburtstag Am Freitag, 2. September, geht die Internationale Klavierakademie in Murrhardt mit der Anreise der Studierenden in ihre 20. Runde. Sie läuft bis zum Samstag, 10. September, die Abreise der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist am Sonntag, 11. September.

Offener Unterricht Der Unterricht der 38 Teilnehmerinnen und Teilnehmer findet in der Festhalle, im Heinrich-von-Zügel-Saal sowie im Kulturhaus Klosterhof in der Walterichstadt statt. Er steht interessierten Zuhörerinnen und Zuhörern offen. Sie können täglich von 9.30 bis 12.30 Uhr und 14.30 bis 18.30 Uhr am Unterrichtsgeschehen teilnehmen. Dies gilt auch für den Vortrag von John Rink am Mittwoch, 7. September, 10 Uhr in der Festhalle sowie für seinen Workshop am selben Tag um 15 Uhr, ebenfalls in der Festhalle.

Publikumskonzerte Über zahlreiche Besucherinnen und Besucher würden sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch bei ihren Konzerten freuen. In diesem Jahr wird es aufgrund der Neukonzeption und Verkürzung des Akademiezeitraums nur drei Teilnehmerkonzerte geben und zwar am Sonntag, 4. September, Dienstag, 6. September, und Donnerstag, 8. September, jeweils um 19 Uhr in der Festhalle. Den feierlichen Höhepunkt der Klavierakademie bildet das Abschlusskonzert am Samstag, 10. September, ebenfalls um 19 Uhr in der Festhalle. Eine Auswahl der besten Pianistinnen und Pianisten spielt an diesem Abend, bei dem das Publikum einen Preis in Höhe von 300 Euro an die beliebteste Musikerin oder den beliebtesten Musiker vergibt. Der Eintritt zu den Konzerten ist frei, Spenden sind willkommen. Weitere Infos auch zum Dozententeam gibt es unter www.ikam.academy.

Publikation Christian A. Pohls besonderes Interesse gilt didaktischen Fragen. Die Quintessenz seiner jahrzehntelangen Erfahrung als Klavierpädagoge und Pianist hat er in einem Band zusammengefasst, der dieses Jahr unter dem Titel „Klaviermethodik“ in der Edition Peters erschienen ist. Weitere Infos im Internet unter der Adresse www.christian-pohl.com.

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Erstellt:
19. August 2022, 06:00 Uhr

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