Krieg in der Ukraine
Politischer Showdown zwischen zwei Youtube-Stars
Die Influencer Fidias Panayiotou und Caolan Robertson liefern sich in Brüssel ein erbittertes Rededuell über den Krieg in der Ukraine. Es wird zu einer Lehrstunde.

© Screenshot „X“
Der Influencer Caolan Robertson (links) stellt dem Influencer und Europaparlamentarier Fidias Panayiotou in Brüssel bohrende Fragen zu dessen ungeklärten Verhältnis zu Russland.
Von Knut Krohn
Das Setting für das Interview ähnelt einem Duell Mann gegen Mann. Die Stimmung ist angespannt und schon nach der ersten Frage ist klar: hier geht einer als Verlierer vom Feld. Auf Hockern sitzen sich Fidias Panayiotou und Caolan Robertson im Interviewbereich des Europarlaments in Brüssel dicht gegenüber. Beide sind erfolgreiche Influencer und beide sind in einer Mission unterwegs. In der nächsten halben Stunde geht es um den Überfall Russlands auf die Ukraine, den seit über drei Jahren andauernden blutigen Krieg und die Menschenrechtsverletzungen Moskaus. Und es geht auch darum, wie man Populisten argumentativ stellt, nicht auf ihre Ablenkungsmanöver reagiert und konsequent ihre Lügen enttarnt.
Fidias Panayiotou weicht den Fragen aus
Der junge Ire Caolan Robertson bombardiert sein Gegenüber mit bohrenden Fragen, im Raum steht der brachiale Vorwurf, Fidias Panayiotou sei ein Handlanger Russlands. Der Zypriot wähnt sich auf einer Anklagebank, sieht sich als Opfer, weicht Fragen aus, verliert sich in wortreichen Ausflüchten, verlangt Beweise für die Vorwürfe. Doch Caolan Robertson ist zur Auseinandersetzung entschlossen, exzellent vorbereitet und belegt jeden seiner Punkte mit Aussagen aus Fidias Panayiotou eigenen Social-Media-Kanälen.
Fidias has been amplifying insane Kremlin propaganda for months, so I confronted him. He said abducted Ukranian children are happy in russia He refused to answer why he is putting out liesHe got angryThis is a mask off moment pic.twitter.com/3QjERhq3Aq — Caolan (@CaolanRob) May 21, 2025
Einmal droht der junge Ire als Fragesteller allerdings fast die Fassung zu verlieren. Er konfrontiert den Europaparlamentarier aus Zypern mit dessen Aussage, dass die von Russland in der Ukraine entführten Kinder glücklich seien. Der versucht seine Aussage erst zu relativieren, dann zu begründen und schließlich wird deutlich, dass er keine Ahnung hat und lediglich Kreml-Propaganda nachplappert. „Du bist ein Handlanger Russlands“, schleudert ihm Caolan Robertson ins Gesicht. Geradezu bizarr ist Fidias Panayiotous Leugnen einer Reise nach Russland im Mai zu den Feiern des Sieges über Nazi-Deutschland. Ein Foto aus seinem eigenen Social-Media-Kanal, das ihn mit roten Nelken in der Hand auf dem Roten Platz im Kreis russischer Funktionäre zeigt, bezeichnet er als Propaganda, ohne das weiter zu erklären.
Der Influencer aus Zypern ist eine schillernde Figur
Fidias Panayiotou ist eine schillernde Figur. Für Aufsehen sorgte der stets aufgekratzt wirkende Influencer, als er die Macht der sozialen Medien bei den Europawahlen 2024 für den Sprung ins Parlament nutzte. Über 19 Prozent der Wahlberechtigten stimmten in seiner Heimat Zypern für den 25-Jährigen - obwohl er nach eigenen Aussagen gar keine Ahnung von Politik habe. Eigentlich unterhält er auf seinem Youtube-Kanal die über 2,5 Millionen Follower mit mehr oder weniger verrückten Dingen. Sein bisher größter Coup war es, den Tesla-Gründer Elon Musk zu umarmen. Der kurze Clip wurde inzwischen über 15 Millionen Mal aufgerufen.
In Brüssel war Fidias Panayiotou angetreten, die Entscheidungswege der Europäischen Union transparent zu machen und damit zur Demokratie beizutragen. Inzwischen fällt er aber eher durch seine Nähe zu Russland und das Nachplappern der Kreml-Propaganda in Sachen Ukraine auf. Das registrierte auch Caolan Robertson, der selbst kein unbeschriebenes Blatt ist. Vor 29 Jahren in Irland geboren, machte er sich anfangs einen Namen als Youtuber und Videoproduzent für rechtsextremen Alt-Right-Kanäle. Überraschend kehrte er der Bewegung den Rücken und erklärte, dass es ihm inzwischen zuwider sei, Fakten zu verdrehen, um Konflikte anzuheizen und Hass zu schüren. Im Moment lebt er die meiste Zeit in der Ukraine und berichtet auf seinem Kanal über die Zerstörungen in dem Land durch den russischen Angriffskrieg. Daneben hat er es sich zum Ziel gesetzt, die Populisten dieser Welt bloßzustellen, indem er sie mit ihren eigenen Aussagen konfrontiert. So stieß er auf Fidias Panayiotou.
Fidias Panayiotou will den Schaden verringern
Der hat auf die Veröffentlichung des Interviews mit Caolan Robertson in den sozialen Medien schnell reagiert. Nur Stunden danach verbreitete er eigene Zusammenschnitte des für ihn wenig ruhmreichen Gespräches. Dabei versuchte der Zypriot Video-Schnipsel so zusammenzusetzen, dass der Eindruck entsteht, er habe das Wortgefecht zu seinen Gunsten entschieden. Damit reitet er sich allerdings nur noch tiefer in den Sumpf, denn er kassiert dafür den beißenden Spott von Caolan Robertson und dessen Fangemeinde. Der dokumentiert inzwischen wieder den Kriegsalltag in Kiew, genießt seinen Triumph über Fidias Panayiotou und fragt seine Follower: „Welchen russischen Propagandisten soll ich als nächsten befragen?“