Saisonstart mit angezogener Handbremse

Für die am 1. Oktober beginnende Spielzeit im Backnanger Bürgerhaus gibt es ein Konzept, mit dem flexibel auf die Entwicklungen in der Pandemie reagiert werden kann. Andere Veranstalter verfahren ähnlich, ein Kulturverein bietet zunächst gleich gar keine Termine an.

Das Schwarzwald-Kammerorchester mit dem Pianisten Frank Dupree gastierte im Oktober 2020 in Backnang. Das war das letzte Konzert im Bürgerhaus vor dem Lockdown light. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Das Schwarzwald-Kammerorchester mit dem Pianisten Frank Dupree gastierte im Oktober 2020 in Backnang. Das war das letzte Konzert im Bürgerhaus vor dem Lockdown light. Foto: J. Fiedler

Von Ingrid Knack

Backnang/Auenwald. In der neuen Saison 2021/2022 für Kulturveranstalter sollte eigentlich vieles besser werden als im vergangenen Jahr. Bei Kulturveranstaltungen sei eine maximale Auslastung erlaubt, die Besucher müssten geimpft, genesen oder negativ getestet sein, hieß es in der Coronaverordnung des Landes Baden-Württemberg von Mitte August. Nicht jedem Veranstalter ist dabei wohl, viele sind nach wie vor mit angezogener Handbremse unterwegs, andere wiederum wagen schon gar keinen Neustart. Die jüngsten Pläne des Landes sind auch nicht dazu geeignet, sich zu entspannen. Die Rede ist von einer Warnstufe und einer Alarmstufe. Bei der Alarmstufe soll die 2-G-Regel gelten.

Backnanger Bürgerhaus: Kultur- und Sportamtsleiter Johannes Ellrott und Bürgerhaus-Leiterin Laura Reich möchten in Backnang möglichst vielen Zuschauern den Zutritt zu den Veranstaltungen ermöglichen. Einige Unbekannte in Zusammenhang mit Updates der Coronaregeln müssen aber einkalkuliert werden. Deshalb wurden die Modalitäten des Kartenvorverkaufs so gewählt, dass je nach Ansage des Landes noch flexibel reagiert werden kann. Schon jetzt sind aber Vorabreservierungen sowie Abonnementbestellungen möglich. Der Einzelticketverkauf, durch den die bis dahin nicht reservierten der 745 möglichen Tickets bei Veranstaltungen im großen Bürgerhaus-Saal vergeben werden können, beginnt jeweils vier Wochen vor dem Veranstaltungstermin, wenn absehbar ist, mit welcher Auslastung kalkuliert werden kann.

Im Gegensatz dazu muss im schlimmsten Fall zurückgerudert werden. Der Einzelticketverkauf würde dann erst gar nicht gestartet. Johannes Ellrott: „Wir passen uns selbstverständlich immer der neuesten Coronaverordnung an.“ Ellrott, Reich und Oberbürgermeister Maximilian Friedrich sind aber zuversichtlich, dass das vorliegende Programm für die Saison 2021/2022 kein Fall für die Schublade werden wird.

Die Karten können in der Stadtbücherei und im Bürgerhaus erworben werden. Die Stadtbücherei verkauft allerdings keine Abonnements. Kartendaten verschickt das Bürgerhaus – wie schon beim Easy-Ticket-Service gewohnt – ab dieser Saison ab vier Wochen vor der Veranstaltung nach Wunsch auch per E-Mail. Die Tickets kann dann jeder bei sich zu Hause ausdrucken. Laura Reich spricht davon, dass dies die beste Variante sei, um Kontakte zu vermeiden. Läuft alles glatt, können Resttickets sowie vergünstigte Schülerkarten 45 Minuten vor Veranstaltungsbeginn an der Abendkasse erworben werden. Der Einlass zu den Veranstaltungen, die am 1. Oktober mit einem Poetry-Konzert beginnen, erfolgt wie in allen anderen Kulturstätten nur mit Nachweis entsprechend der dann jeweils gültigen Zugangsvoraussetzung. Besucherdaten werden am Einlass vornehmlich über die Luca-App erfasst, die sich die Besucherinnen und Besucher im Vorfeld über Google Play oder den App Store downloaden können. Alternativ kann ein Formular zur Kontakterhebung ausgefüllt werden. Die Gäste werden darüber hinaus gebeten, sich an die aktuellen Schutz- und Hygienevorschriften zu halten.

Das Bandhaus-Theater ist momentan noch in der Planung. Zwar haben die Proben der Backnanger Bürgerbühne für die Inszenierung des Stücks „Der goldene Topf“ von E.T.A. Hoffmann schon begonnen, doch bis zum Ende der Ferien waren die Mitarbeiter des Theaters noch im Urlaub. Eine Vollbesetzung ihres Theaterkellers können sich die Theaterleiterinnen Juliane Putzmann und Jasmin Meindl derzeit nicht vorstellen. „Wir haben sogar beim Kultursommer im Freien so auf die Abstände geachtet“, sagt Putzmann. „Wir passen uns an die Coronaordnung an“, erklärt sie weiter. Dass man aber nicht alles ausreizen muss, was erlaubt ist, schwingt dabei mit. Andererseits wollen die Theaterleiterinnen nur ungern jemanden vom Kulturgenuss ausschließen, was eine 2-G-Regel ja bedeuten würde. Die Premiere der Bürgerbühnen-Inszenierung ist für 23. Oktober vorgesehen.

Das Galli-Theater in Backnang hat vor, am 14. Oktober mit dem Abendtheaterprogramm und am darauffolgenden Samstag mit dem Kindertheaterprogramm zu starten. Iris Guggenberger: „Ausgelastet sind wir mit 50 Gästen, das werden wir jedoch erst mal nicht anstreben. Für den Abendbereich lassen wir maximal 25 Zuschauer und für den Kinderbereich maximal 30 Personen zu. Wir kalkulieren Abstände mit ein, werden die 3-G-Regel beachten und kontrollieren das jeweils an der Theaterkasse. Sollte sich an den Bedingungen etwas ändern, werden wir entsprechend reagieren. Wie, entscheiden wir im aktuellen Fall.“

Die Gruschtelkammer Auenwald startet am 22. September in der Auenwaldhalle ihre neue Saison mit dem Kabarettisten HG. Butzko. „Die beiden ersten Veranstaltungen werden wir auf jeden Fall noch mit 2er-Gruppen abhalten“, sagt Fördervereinsvorsitzender Charley Graf. Auch er setzt weiterhin auf gebührende Abstände. Wenn allerdings zwei Menschen aus einem Haushalt zusammensitzen, können mehr Besucher Platz finden. Graf: „Wir denken, und das merken wir auch am schleppenden Vorverkauf, dass die Leute noch nicht in volle Säle wollen.“ Zum Thema Maske erklärt Graf: „Wir sind mit unserem Konzept auf jeden Fall so gut, dass am Platz keine Maske getragen werden muss. Das wurde mir von der Gemeindeverwaltung bestätigt. Ein enorm wichtiges Kriterium.“ Damit auch die Besucher in den hinteren Reihen die Mimik der Kabarettisten gut sehen, gibt es in der Auenwaldhalle Großleinwände. „Die Großleinwände hatten wir bei unseren letztjährigen vier Veranstaltungen auch. Sie sind, wie überhaupt das Ambiente, das wir geschaffen haben, sehr gut angekommen“, so Graf. Schon bei der Spielplanvorstellung hatte er gesagt: „Ansonsten, so denke ich, wird sich wahrscheinlich 2G durchsetzen. Dann werden wir die Kapazität erhöhen auf mindestens 350 Besucher. Bei den großen Stars, die die Halle füllen können, werden wir dies auch versuchen.“ In normalen Zeiten finden 750 Gäste in der Halle Platz.

Keine neuen Termine gibt es auf der Homepage des Vereins Kulturgut auf dem Hagenbach in Backnang.

Der Club Junges Europa in Backnang-Steinbach kündigt dagegen einige Veranstaltungen an, beginnend am Samstag, 25. September, mit der Kabarettistin Eva Eiselt. Die Regeln formulieren die CJE-Verantwortlichen so: „Bei Veranstaltungen im CJE gilt die aktuelle Coronaverordnung des Landes Baden-Württemberg. Für den Besuch einer Veranstaltung benötigen wir aktuell einen Impfnachweis, einen Genesenenbescheid oder einen tagesaktuellen Antigenschnelltest – keinen Selbsttest. Im gesamten Gebäude ist das Tragen einer medizinischen Maske vorgeschrieben. Die Maske darf nur am Sitzplatz abgenommen werden.“

Thomas Weber vom Kabirinett in Spiegelberg-Großhöchberg hat dank einer Förderung für Coronaschutzmaßnahmen „fett investiert“. Etwa in eine neue Lüftungsanlage. Der neue Spielplan wird demnächst vorgelegt. Allerdings wird der Theatersaal pro Vorstellung statt mit 99 Personen nur mit 40 bis 50 Personen besetzt. Ein großer Freund der 2-G-Regel ist er nicht.

„Wir haben sogar beim Kultursommer im Freien so auf die Abstände geachtet.“ Juliane Putzmann (Bandhaus-Theater)
über die Kultursommer-Veranstaltungen
Auswirkungen der Pandemie

Die Saison 2020/2021 hatte nach sechs Monaten Pause im Backnanger Bürgerhaus Ende September 2020 mit dem Konzert des Württembergischen Kammerorchesters Heilbronn begonnen. Nur ein Viertel der Plätze konnte wegen der Abstandsregel besetzt werden, dies bedeutete 180 Besucher im großen Saal, wenn Hausgemeinschaften Karten kauften, konnten es auch mehr werden. Für jede Veranstaltung sah der Bestuhlungsplan anders aus. Die Flauschohrenkonzerte fielen ganz ins Wasser, weil diese so konzipiert sind, dass sich Publikum und Künstler auf der Bühne befinden. Der Einzelkartenverkauf startete sechs Wochen vor Veranstaltungsbeginn. Weiter ging’s nach dem Eröffnungskonzert im Oktober mit dem Emmet-Cohen-Trio, dem Schwarzwald-Kammerorchester mit dem jungen Pianisten Frank Dupree und der Herbstmilch-Lesung. Dann kam der Lockdown light. „Die Inzidenz pro 100000 Einwohner liegt bei 122,2“, meldete unsere Zeitung am 3. November 2020. Vorbei war’s mit dem Programm – mit Ausnahme des Kultursommers 2021.

Regeln: Die Alarmstufe soll künftig ausgelöst werden , wenn 390 Covid-Patientinnen oder -Patienten auf Intensivstationen behandelt werden oder die Hospitalisierungsinzidenz bei zwölf liegt. Dann soll die 2-G-Regel gelten. Die erste „Warnstufe“ soll gelten, sobald 250 Intensivbetten mit Covid-19-Patienten belegt sind oder die Hospitalisierungsinzidenz bei acht liegt. Werden diese Werte überschritten, sollen Ungeimpfte nur noch mit einem PCR-Test Zugang zu bestimmten öffentlichen Bereichen haben. Bis zum Erreichen der Warn- und Alarmstufe gelten für alle, also auch für nicht immunisierte Personen, die bekannten 3-G-Zugangsregelungen. Quelle: swr.de

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Erstellt:
15. September 2021, 06:00 Uhr

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