Schlager erzählen vom Zeitgeist

Am Bandhaus-Theater wird die Revue „Wunder gibt es immer wieder“ produziert – Ausgangspunkt 100 Jahre Frauenwahlrecht

„Wunder gibt es immer wieder.“ Das ist der Titel des Schlagerabends, der zurzeit im Bandhaus-Theater in Backnang produziert wird. Anlass für dieses Projekt mit Profischauspielern ist das vor rund 100 Jahren erkämpfte Frauenwahlrecht. Der ernste Stoff kommt dabei leicht daher. Die Uraufführung des Schlagerabends über Frauenbilder und Männerrollen – von früher bis heute – ist am 22.Februar.

Haben beim Schlagerabend „Wunder gibt es immer wieder“ die Zeit von der Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland bis heute im Blick: Leslie Röhm, Georg Lorenz und Sarah Finkel (von links). Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Haben beim Schlagerabend „Wunder gibt es immer wieder“ die Zeit von der Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland bis heute im Blick: Leslie Röhm, Georg Lorenz und Sarah Finkel (von links). Foto: A. Becher

Von Ingrid Knack

BACKNANG. Am 12. November 1918 gab der Rat der Volksbeauftragten bekannt, dass alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht aufgrund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen seien. Zwei Monate später, am 19. Januar 1919, durften Frauen in Deutschland bei den Wahlen zur verfassungsgebenden Nationalversammlung erstmals ihr Stimme abgeben – und Frauen konnten auch gewählt werden. „So ein Jubiläum drängt sich ja förmlich auf, sich künstlerisch damit auseinanderzusetzen“, findet Jasmin Meindl, eine der Chefinnen des Bandhaus-Theaters.

Weil Meindl und ihre Kollegin Juliane Putzmann in andere Projekte involviert sind, wurde eine Theaterrevue zu diesem Thema in Auftrag gegeben. Gisela Maria Schmitz aus München erarbeitete das Textbuch und führt nun Regie. „Es ist das siebte Theaterstück, das ich geschrieben habe“, lässt sie wissen.

Unter den Mitwirkenden ist Leslie Röhm mit Backnanger Wurzeln, die die Backnanger auch als Judiths Dienerin Lieblinde im Freiluftspektakel „Judith von Backnang“ kennen. Ferner spielen die freischaffende Schauspielerin Sarah Finkel aus Landshut und der aus Innsbruck stammende und in Regensburg lebende Schauspieler Georg Lorenz mit.

Die musikalische Leitung hat Heike Beckmann aus Köln, die die singenden Schauspieler am Klavier begleitet. Sie hat übrigens viel mit dem aus Backnang stammenden Kabarettisten Thomas Freitag gearbeitet.

Für Kostüme und das Bühnenbild ist Manuel Kolip zuständig. Die Ausstattung für „Wunder gibt es immer wieder“ ist nach „Ab ins Paradies“ und „Arsen und Spitzenhäubchen“ bereits seine dritte Arbeit für das Bandhaus-Theater.

„Wunder gibt es immer wieder“ ist eine Koproduktion mit dem freien Regensburger Turmtheater. „Wir teilen uns die Produktionskosten“, sagt Meindl.

Die Premiere ist in Backnang am 22. Februar, eine weitere Aufführung gibt es in Backnang am Tag darauf. Am Weltfrauentag, 8. März, können dann die Regensburger im Turmtheater eine Vorpremiere erleben. Danach folgen in beiden Orten weitere Aufführungen dieses Stücks, das einen Meilenstein in der Frauenemanzipationsgeschichte zum Anlass nimmt, all das bühnentauglich und unterhaltsam zu reflektieren, was sich in puncto Gleichberechtigung bis zum heutigen Tage so alles getan hat – bis hin zur sogenannten Frauenquote 2016. „Der Weg war weit und er ist noch nicht zu Ende“, so Schmitz.

„Es war uns von Anfang an klar, dass wir uns dem Thema musikalisch nähern wollen. Wenn einem bewusst wird, wie viel Zeitgeist – vor allem in Bezug auf das Rollenverständnis zwischen Frau und Mann – in den Schlagern der jeweiligen Jahrzehnte drinsteckt, hört man die Lieder noch einmal neu“, erklärt Jasmin Meindl. Die Lieder reichen von Titeln der Volkssängerin Claire Walldoff aus den 1920er-Jahren bis hin zu Schlagern von Helene Fischer. Auch Songs von Caterina Valente, Hildegard Knef, Peter Alexander oder Gitte Hænning erklingen. Ebenso darf Herbert Grönemeyers „Männer“ nicht fehlen. „Die Zeitlinie wird man an den Liedern erkennen, das war die Idee, die ich hatte“, merkt Meindl an.

Originalzitate aus Werbung und Politik

Die Inszenierung gibt also Antworten auf Fragen wie: Was erzählen deutsche Schlager und Chansons über das Verhältnis von Mann und Frau? Welches Frauenbild zeigt sich in den Liedern der letzten 100 Jahre? Von welchen Mannsbildern wird gesungen? Und was geben sie selber zum Besten – die Männer des 20. und 21. Jahrhunderts? Auch die Werbung wird auf der Spurensuche nach dem jeweiligen Zeitgeist beleuchtet. Originalzitate aus Werbung, Politik, TV-Sendungen, Literatur und Gesetzestexten dienen als Stilmittel. Bei alledem gibt es eine Rahmenhandlung, die es ermöglicht, die Darsteller auf Zeitreise zu schicken. Ausgangspunkt ist eine Bar namens Wunderbar, in der zwei Frauen nur auf den Barkeeper und die Dame am Klavier treffen. Die Figuren switchen von der einen in die nächste Zeitebene und schlüpfen dabei in unterschiedliche Rollen. Der Barkeeper übernimmt die Funktion eines Conférenciers. Privates, Gesellschaftliches, Politisches: das Stück lässt nichts aus, was dazu beitragen könnte, die Zeit nach der Einführung des Frauenwahlrechts mit all ihren Errungenschaften, Katastrophen und Anachronismen ungeschönt vor Augen zu führen.

„Wunder gibt es immer wieder“ wird am 22. und 23. Februar um 20 Uhr im Bandhaus-Theater in Backnang gespielt. Karten im Vorverkauf gibt es im Büro des Theaters, (Eingang Jugendmusikschule), im Petrus-Jacobi-Weg 7, montags bis mittwochs von 10 bis 13 Uhr und donnerstags von 15 bis 18 Uhr, sowie über die Telefonnummer 07191/9333335 oder E-Mail an info@bandhaus-theater.de.

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Erstellt:
13. Februar 2019, 06:00 Uhr

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