Vandalen zerstören Vogelgruppe

Die Waldrapp-Installation von Walter Meyer auf dem Skulpturenweg in Weissach im Tal ist irreparabel beschädigt

„Es ist die vierte Beschädigung der Skulptur. Sie kann nicht mehr repariert werden“, sagt Madelaine Weber – sie ist bei der Gemeinde Weissach im Tal auch für Kultur zuständig. Wieder wurde die Waldrapp-Gruppe am Skulpturenweg zerstört. Diesmal fehlen bei allen acht Waldrappen die Köpfe und zum Teil auch die Körper. Die Installation soll nun nicht mehr repariert werden.

Dass an der Langen Brücke in Weissach einmal acht Waldrapp-Figuren standen, ist nach der Zerstörung nicht mehr erkennbar. Wie die schrägen Vögel aussahen, zeigen nur noch Bilder. Fotos: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Dass an der Langen Brücke in Weissach einmal acht Waldrapp-Figuren standen, ist nach der Zerstörung nicht mehr erkennbar. Wie die schrägen Vögel aussahen, zeigen nur noch Bilder. Fotos: A. Becher

Von Ingrid Knack

WEISSACH IM TAL. Immer wieder mussten sich Künstler, die Skulpturenkreis-Mitarbeiter und die Kommune mit Zerstörungen von Installationen am Skulpturenweg „An Brücken und Wegen“ in Weissach im Tal auseinandersetzen. Auch die Erdmännchen des Künstlers Ottmar Hörl hatten schon dran glauben müssen. Der jüngste Kunstfrevel, der Hörls sechs leuchtend gelbe Erdmännchen betraf, hört sich an wie aus einem schlechten Film: Am ersten Mai zog eine Gruppe junger Menschen mit einem Leiterwägele durch die Gegend, auf dem eines der gelben Erdmännchen thronte. „Ein Bürger hat sie angehalten“, so Weber. Schnell konnte nachvollzogen werden, wer für die Erdmännchen-Entführung verantwortlich war. „Wir haben es zur Anzeige gebracht“, lässt Weber wissen. Und nun auch noch das mit den Waldrappen.

Keramikexperte Walter Meyer aus Weissach im Tal, von dem die bei der Langen Brücke auf einem Baumstamm platzierten Vogelfiguren stammen, hat die Zerstörung seiner künstlerischen Arbeit zusammen mit seiner Frau Annegret Kuttruf bei der Polizei angezeigt. Öffentlich möchte er sich aber nicht zu der erneuten Sachbeschädigung äußern. Die seltenen Vögel haben Walter Meyer schon viel Arbeit gemacht. Als beispielsweise einmal ein Fuß und dann ein Schnabel abgeschlagen waren, machte er sie wieder heile. Vor der kompletten Zerstörung aber kapituliert er. Die Zerstörungswut der Unbekannten machen ihn und seine Frau betroffen. Annegret Kuttruf lässt wissen, dass sie gerne mit den Verursachern sprechen würde. „Ich würde gerne wissen, was das Motiv ist.“ Ob die Vandalen die schrägen Vögel beispielsweise „aus Dummheit“ oder ganz „gezielt und bewusst“ zerschlagen hätten.

Eine Antwort wird sie eher nicht bekommen. Die Polizei habe ihr keine Hoffnung darauf gemacht, dass die Täter ermittelt werden können. Würden sie nicht auf frischer Tat ertappt, gingen die Chancen gegen Null, noch auf ihre Spur zu kommen, weiß Kuttruf.

Ironie des Schicksals: Die Tiere haben in Weissach im Tal keine Überlebenschance

Annegret Kuttruf erklärt in diesem Zusammenhang den Hintergrund der Installation ihres Mannes. Sie erzählt von der Waldrapp-Kolonie in Überlingen und dem Bemühen, die vom Aussterben bedrohten Tiere wieder anzusiedeln. Ein wichtiges Thema, auf das auch mit der Kunst sehr gut aufmerksam gemacht werden kann. Dass die Tiere in Weissach im Tal keine Überlebenschance hatten, fühlt sich wie Ironie des Schicksals an. Aber: Weil jetzt alles so bleiben soll, wie es ist, weisen die Fragmente künftig in übertragenem Sinne auch unübersehbar auf die Bedrohung der Vogelart hin.

Der Skulpturenkreis, der sich unter dem Dach des Bize-Kulturkreises befindet, ist derzeit in der Vorbereitung auf den nächsten, alle drei Jahre stattfindenden Skulpturenpfad – es wird die vierte Ausgabe der Wechselausstellungsreihe im öffentlichen Raum sein. „Wie weit unzerstörbar müssen Skulpturen im öffentlichen Raum sein?“, dies sei eine Frage, über die die Menschen, die sich im Skulpturenkreis engagieren, diskutieren, gibt Sprecher Carsten Gehring Auskunft. Er spricht von Überlegungen, ein „Das wäre die Installation gewesen“-Schild mit einem Foto der unbeschädigten Arbeit bei der fast dem Erdboden gleichgemachten Vogelgruppe anzubringen. „Sollen ruhig die vielen, die die Kunstwerke genießen wollen, sehen, was andere so anstellen. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass man die Menschen damit konfrontiert, was an Zerstörungswut da ist.“ Gehring geht außerdem darauf ein, wie der Künstler seine Installation geplant, gestaltet und dann die Präsentation überlegt und realisiert hat. „Da steckt viel Herzblut drin. Walter Meyer hat sich viele Gedanken gemacht.“ Dies sei alles mit ein paar Stockschlägen kaputt gemacht worden, bedauert Gehring.

Madelaine Weber erwähnt obendrein die Führungen des Skulpturenkreis-Mitarbeiters Werner Drautz. Er werde wohl fürs nächste Mal ein Bild von der ursprünglichen Vogelgruppe ausdrucken und den Teilnehmern dann zeigen.

Das sechste Erdmännchen von Hörl indes wird wieder an seinen angestammten Ort kommen, verrät Weber. Dann werden fünf Erdmännchen auf der Forstbrücke und ein weiteres, im Bach platziertes Exemplar, die Passanten erfreuen können. Auf die PVC-Erdmännchen war der Skulpturenkreis übrigens bei der Ausstellung Ottmar Hörls im Jahr 2016 mit vielen bunten Kunststofftieren auf der Erleninsel in der Remsaue in Waiblingen aufmerksam geworden.

Vandalen zerstören Vogelgruppe

© Pressefotografie Alexander Beche

Kommentar
So nicht

Von Ingrid Knack

Als die ersten Beschädigungen an Installationen am Skulpturenweg in Weissach im Tal bekannt wurden, sprach man von Halbstarken, die dahinterstecken könnten. Dass ein Erdmännchen am 1. Mai auf einem Leiterwägele durch die Gegend gezogen wurde, schlägt dem Fass den Boden aus. Irgendwo hört auch der 1.-Mai-Spaß auf. Das als Dummejungenstreich abzutun, wäre verfehlt. Auch Halbstarke sollten wissen, was sie tun: Sachbeschädigungen an Kunstwerken oder gar die komplette Zerstörung derselben, wie mit der Waldrapp-Gruppe geschehen, ist eindeutig Kunstfrevel. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kunstwerke von einem berühmten oder einem eher regional bekannten Künstler stammen. Dass die Kunstvögel nun nicht mehr ersetzt werden, ist die richtige Entscheidung. Die Überreste des Kunstwerks stehen wie ein Kommentar in der Landschaft: So nicht. Oder: Bitte mehr Respekt vor Mensch und Kunst. Sowohl der Künstler als auch die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Skulpturenkreises haben sich in Kooperation mit der Gemeinde und Spendern zur Freude der Spaziergänger engagiert. Vielleicht kommen die Vandalen ja einmal wieder an den zerstörten Waldrappen vorbei und machen sich ein paar Gedanken darüber, wie man eine Gesellschaft positiv mitgestaltet. Es ist ja auch ihre Zukunft.

i.knack@bkz.de

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Erstellt:
1. August 2019, 06:00 Uhr

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