„Vielfalt ja, aber bitte hochwertig!“

Das Interview: Claudia Erlekamm und Barbara Schunter sprechen über die Konzeption der Winterkulturtage und ziehen Bilanz

Kabarett, Konzerte, Theater, Lesungen, Comedy: Die Winterkulturtage im Schwäbischen Wald sind eine vor bereits über einem Jahrzehnt eingeführte, erfolgreiche Reihe. Die letzte Veranstaltung in dieser Saison ist vorüber, nun wollten wir von Projektleiterin Claudia Erlekamm vom Landratsamt Rems-Murr und Barbara Schunter, Geschäftsführerin der Fremdenverkehrsgemeinschaft Schwäbischer Wald, Hintergründe erfahren und wissen, wie es bei der elften Ausgabe so gelaufen ist.

Wieder einmal ist eine Winterkultursaison beendet: Claudia Erlekamm (links) und Barbara Schunter freuen sich über den guten Besuch. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Wieder einmal ist eine Winterkultursaison beendet: Claudia Erlekamm (links) und Barbara Schunter freuen sich über den guten Besuch. Foto: A. Becher

Von Ingrid Knack

Die mittlerweile elften Winterkulturtage 2019 in Mitgliedskommunen der Fremdenverkehrsgemeinschaft Schwäbischer Wald sind schon wieder vorbei. Haben Sie bereits Zahlen auf dem Tisch? Wie war der Besuch der Veranstaltungen?

Erlekamm: Wir sind mit unserer Besucherzahl sehr zufrieden: rund 2590 Gäste durften wir bei den Winterkulturtagen 2019 begrüßen. Insgesamt sieben Veranstaltungen – darunter auch die Eröffnungsgala in Kaisersbach – waren komplett ausgebucht, weitere sechs zeigen Auslastungen von 80 bis 97 Prozent. Damit können wir 13 von 17 Veranstaltungen – das sind rund 76,5 Prozent der Kulturreihe – als „sehr gut besucht“ einstufen. Die durchschnittliche Auslastung liegt bei rund 84 Prozent.

Bei den Winterkulturtagen gibt es Veranstaltungen in bekannten Locations, aber auch an Orten, die man nicht so sehr als Orte der Kultur im Kopf hat. Haben Sie im Zusammenhang mit der Winterkulturreihe aus einem besonderen Platz schon einmal eine Kulturstätte gemacht, der so etwas zuvor noch nie gesehen hat? Oder auch einen Ort als Kulturstätte wiederbelebt?

Schunter: Schön, dass dies auffällt. Das ist ein konzeptionelles Ziel, das wir uns gesteckt haben. Denn mal ehrlich, gute Kultur gibt es an mehreren Stellen. Aber gute Kultur an einem besonderen Spielort, der authentisch ist und die Besonderheit einer Landschaft widerspiegelt, da wird die Luft schon dünner. Hier sollen die Winterkulturtage ihre Stärke ausspielen. Liederabende in der Klingenmühle, das gibt es nur im Schwäbischen Wald. Die Klingenmühle konnten wir so für Kulturangebote aus der Taufe heben. Und: Eine Lesung in der Köhlerhütte, das Konzert im Kornberger Viehstall vereinen Kulturgenuss mit den Besonderheiten des Schwäbischen Waldes. Daher auch der Winterkultur-Claim „Kulturgenuss an besonderen Orten“.

Was waren die Hits, Überraschungen oder auch Flops?

Erlekamm: Bei den Spitzenreitern liegt wie bereits in den Vorjahren unsere Eröffnungsgala weit vorne. Sehr interessant ist der Mix bei den Bestsellern: Gerade individuelle und authentische Programme sind mit entsprechendem Zulauf honoriert worden.

Welche waren das?

Neben den Veranstaltungen auf dem Großhöchberger Kulturbuckel, die als „klassisch gut besucht“ gewertet werden können, sind auch das Konzert mit Thomas Roths Soulfully-Sacred-Ensemble in Großerlach, der Liederabend mit Chris Jäger & Sepp Steinkogler in Sechselberg und das Theaterstück „Illusionen einer Ehe“ des Tournee-Theaters Stuttgart in Mainhardt ganz vorne. Ebenso die Krimilesung mit Jürgen Seibold in der Spiegelberger Köhlerhütte und das Konzert mit Jane Walters und Herbert Fessler im Kornberger Viehstall. Ein Überraschungserfolg war die Veranstaltung „Bildergeschichten von Wilhelm Busch“ in Mainhardt. Leider nicht so gut besucht war das Konzert „Mixed Classics“, was aber im krassen Gegensatz zur positiven Resonanz des Publikums steht.

Wie genau sieht die Struktur der Verantwortlichen aus?

Schunter: Die Leitplanken für das Projekt gibt die Fremdenverkehrsgemeinschaft mit dem Vorsitzenden Landrat Dr. Sigel vor. Die konzeptionelle Vorarbeit dafür leistet die Geschäftsstelle mit der Geschäftsführerin und der Projektleiterin. Über das Programm entscheidet das Programmteam. Die Umsetzung erfolgt im Schulterschluss zwischen der Projektleiterin Claudia Erlekamm und mir.

Frau Erlekamm, dass Sie Projektleiterin der Winterkulturtage sind, kommt nicht von ungefähr. Sie selbst haben bereits viel Erfahrung in Sachen Kulturarbeit. Nicht nur beim Landratsamt Rems-Murr.

Erlekamm: Ja, ich war über vier Jahre bei einem Konzertveranstalter tätig, bevor ich zum Landratsamt kam. Es war daher eine tolle Chance, hier in der Region eine neue Kulturreihe aufzubauen – vor allem, weil ich meine Erfahrungen und Kontakte einbringen konnte. Was mich immer wieder fasziniert, ist, dass die Besucher trotz Massenmedien und YouTube letztlich Qualität und authentische Spielorte schätzen. Das spornt an und zeigt, dass wir mit den Vorgaben für die Winterkulturtage richtig liegen: Vielfalt ja, aber bitte entsprechend hochwertig!

Wer bestimmt mit, wie das Programm aussieht?

Schunter: Bei der Programmgestaltung hat ganz klar die Fremdenverkehrsgemeinschaft Schwäbischer Wald den Hut auf. Ein Programmausschuss, den die Mitglieder aus ihren Reihen bestimmt haben, entscheidet über Umfang und Inhalte der Kulturreihe. Da wird manchmal heftig gerungen, diskutiert und argumentiert. Das ist aber das Erfolgsrezept der Winterkulturtage. Kommunale Einzelinteressen müssen sich letztlich dem Qualitätsanspruch des Programmteams stellen. Das wird von den Mitgliedern auch akzeptiert. Das macht die Stärke der Fremdenverkehrsgemeinschaft Schwäbischer Wald aus: Die Mitglieder sehen sich als ein Teil des großen Ganzen.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Gibt es schon Pläne für die Winterkulturtage 2020? Wann beginnen die Vorbereitungen für die nächste Ausgabe?

Erlekamm: Unsere Vorbereitungen starten generell in der Sommerzeit, aber wir erhalten das ganze Jahr über Bewerbungen von Künstlern, die gesammelt und ausgewertet werden. Die heiße Phase beginnt dann ab Oktober. Die Eröffnungsgala 2020 soll in Oppenweiler stattfinden, für das Jahr 2021 hat bereits Auenwald Interesse signalisiert. Zentrales Thema ist für uns jedes Jahr die Suche nach neuen, besonderen Orten im Schwäbischen Wald, die auch im Winter bespielbar sind. Hier haben wir schon spannende Ideen auf dem Tisch, können aber momentan noch nicht mehr verraten.

Gibt es jedes Jahr in allen Mitgliedskommunen der Fremdenverkehrsgemeinschaft Schwäbischer Wald Veranstaltungen? Sind alle Kommunen von der Idee begeistert und machen mit?

Schunter: Die Winterkulturtage verfolgen zwei Prinzipien: Strahlkraft durch Bündelung und Kulturgenuss an besonderen Orten. Das heißt, wir stellen aus den Angeboten der Kommunen ein „Best-of“ für die Winterkulturtage zusammen. Einen „Ich-bin-dabei-Automatismus“ gibt es nicht. Wir haben immer das Gesamtpaket im Blick. Das muss stimmen. Qualität, besondere Spielorte und Neues herauszuarbeiten, sind die Kriterien. Elf Jahre Winterkulturtage sind wohl ein klares Ja auf Ihre Frage.

Erhalten Sie Feedback nicht nur von den Mitveranstaltern vor Ort, sondern auch von Besuchern?

Erlekamm: Ja, das ist natürlich immer das wertvollste Feedback. Wir haben auch bereits an mehreren Spielorten Umfragen im Anschluss an Veranstaltungen durchgeführt. Darin gaben über 90 Prozent der Befragten an, dass sie planen, noch weitere Veranstaltungen der Winterkulturtage zu besuchen. Kabarett und Comedy erfreuen sich dabei großer Beliebtheit, aber auch für unsere Konzerte haben wir jetzt aktuell wieder sehr positive Rückmeldungen erhalten. Es melden sich bei uns auch immer wieder Besucher, die Tickets für die Eröffnungsgala möchten, lange bevor die Veranstaltung offiziell beworben wird. Das ist mein persönliches Highlight in der Besucherresonanz.

Sie haben als Hauptsponsor der Winterkulturtage die Kreissparkasse Waiblingen. Kommt unterm Strich ein Plus oder ein Minus heraus und wer trägt die Kosten bei einem Minus beziehungsweise wer bekommt den Überschuss?

Schunter: Die Kreissparkasse ist mit der Filialdirektion Schwäbischer Wald vor Ort bei den Bürgern und mit der Raumschaft eng verbunden. Sie macht mit ihrem Engagement die Winterkulturtage in diesem erfolgreichen Format erst möglich. Die Fremdenverkehrsgemeinschaft Schwäbischer Wald ist als Tourismusverein ein Dienstleister für die Mitgliedskommunen ohne Gewinnerzielungsabsicht. Das heißt, was wir tun, verfolgt immer die schwarze Null. Das ist mein Job und ist mir in all den Jahren als Geschäftsführerin auch gelungen. Sollte sich ein Haushaltsrest ergeben, entscheiden die Mitglieder, in welches Projekt dies fließt. Ein Minus bliebe ebenfalls bei der Fremdenverkehrsgemeinschaft. Da musste ich mir aber noch keinen Kopf zerbrechen.

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Erstellt:
12. April 2019, 06:00 Uhr

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