„Babo“ auf Netflix
Wie die Haftbefehl-Doku Reinhard Mey in die Spotify-Charts schießt
Das gewaltige Interesse an der Haftbefehl-Doku „Babo“ hat auch Einfluss auf die Spotify-Charts. Der Chansonsänger Reinhard Mey profitiert offenbar davon. Wieso?
          © Netflix
Rapper Haftbefehl: ganz unten angekommen
Von Sascha Maier
Die Doku „Babo – die Haftbefehl-Story“ ist in den deutschen Netflix-Charts auf Platz eins, kein anderer Streifen bekommt aktuell mehr Aufmerksamkeit bei dem Streaming-Anbieter. Der schonungslose Film, der den Absturz und die Drogeneskapaden des Rappers schildert, hat aber auch auf ganz andere Medien Einfluss.
Zum Beispiel auf die Streaming-Charts bei Spotify. Dort ist plötzlich der Song „In meinem Garten“ von Reinhard Mey in den Top 50. Ein Song des Chansonsängers, der sich jetzt nicht wie etwa „Nein, meine Söhne geb’ ich nicht“ aufgrund aktueller politischer Entwicklungen neuer Popularität erfreut. Das Lied handelt wirklich von einem Garten, Textzeilen des melancholischen Stücks lassen sich als Metaphern für Liebe und Verlust interpretieren. Ziemlich zeitlose Themen.
Haftbefehl singt Mey-Song mit
Der 39-jährige Aykut Anhan, wie Haftbefehl bürgerlich heißt, feiert „In meinem Garten“ in der Doku regelrecht ab, singt den Song des 82-Jährigen aus dem Jahr 1970 begeistert mit. „Kennst du den, Reinhard Mey“, fragt Haftbefehl in Richtung des Kameramanns, „brutaler Song, Alter.“ Der Gangster-Rapper Anhan, der zuletzt mit seiner Familie in der Region Stuttgart lebte, outet sich als Reinhard-Mey-Fan.
Dieser emotionalen Passage des Films hat das Lied offenbar seinen neuerlichen Aufschwung zu verdanken. Haftbefehl berichtete außerdem auf Instagram darüber, dass er sich mit Mey im Austausch befand: „Es erfüllt mich heute mit umso größerer Freude, dass Reinhard Mey nach dem Sehen der Doku persönlich zu mir fand, mir schrieb, und mir damit etwas gab, das tiefer geht als Zustimmung – eine stille, ehrliche Bestätigung“, so der Rapper. Demnach betonte Mey, dass man „den Menschen hinter dem Bild, den Künstler hinter den Schlagzeilen, erst wirklich verstehen sollte“, bevor man sich ein Urteil erlaube.
Die Doku der Regisseure Juan Moreno und Sinan Sevinç hat einen großen Hype um den Musiker ausgelöst, um den es in den vergangenen Jahren abseits von Negativ-Schlagzeilen wie Konzertabbrüchen im Vollrausch oder Tourabsagen eher ruhig war. Wie der Film intime Einblicke in die Abgründe der Seele eines Suchtkranken zeigt, brachte weiterführende Debatten ins Rollen.
Schüler aus Offenbach, Haftbefehls Heimatstadt, forderten, den Künstler im Lehrplan zu verankern. Das hessische Kultusministerium erteilte dem Vorhaben jedoch eine Absage mit der Begründung, dass die Texte des Rappers nicht in Einklang mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag des Landes stünden.
