„Worum es wirklichgeht“

Kabarettistin Sissi Perlinger glänzt in der Gruschtelkammer

Sie ist ein quirliges, mitreißendes Energiebündel mit positiver Ausstrahlung. Sissi Perlinger spricht aber auch Missstände in der Gesellschaft an. Die Kabarettistin präsentierte in der Gruschtelkammer ihr neues Programm: „Die Perlingerin – Worum es wirklich geht“.

„Worum es
wirklichgeht“

© Tobias Sellmaier

Von Claudia Ackermann

AUENWALD. Im Leoparden-Outfit vom Halstuch bis zu den Schuhen betritt sie die Bühne und nimmt sofort Kontakt mit dem Publikum auf. Bereits zum vierten Mal ist die Kabarettistin zu Gast in der Auenwalder Gruschtelkammer. Gerne beginnt sie ihr Programm mit kleinen Auflockerungsübungen. Es sei ein „schamanisches Ritual“, wenn alle zusammen ganz laut „Buh“ rufen, um den Frust herauszulassen. Dann übt sie schon mal mit den Besuchern frenetischen Applaus. Wenn das Klatschen am Ende so ausfallen würde, sei sie glücklich. Und wenn dann auch noch Leute aufstehen...

Sissi Perlinger ist eine erfahrene Entertainerin. Seit 33 Jahren steht sie auf der Bühne. In ihrem neuen Programm beschäftigt sie sich mit der Frage: „Wie findet man zu seinem wahren Selbst?“ Ein Schlüsselwort heißt Glück. „Wer anderen eine Blume sät, blüht selber auf“, wird sie für einen kurzen Moment poetisch. Glück sei das fünfte Element.

Sissi Perlinger greift zur Gitarre und singt von ihrem fünften Element, das für sie die Musik ist. Die Kabarettistin ist äußerst vielseitig. Mit ihrer Stimme bewältigt sie sowohl die ganz hohen Töne, als auch die tiefe Rockröhre. Mit den Füßen schlägt sie gleichzeitig die Percussion-Instrumente an und reißt das Publikum mit. Die Botschaft des Liedes ist, dass jeder „sein Ding“ machen und sich nicht für die Karriere verkaufen sollte. Ihr selbst sei das in einer Krise mit Tinnitus klar geworden.

Auf der Bühne ist Perlinger keine Person, die lange jammert. Mit positiven Schwingungen könne man die eigene Frequenz hochziehen. Lächeln und herzhaft lachen heißt ihr Rezept. Mit dem Publikum übt sie den „Honigkuchenpferd-Grinsmuskel“ hochzuziehen. „Wer Lachen sät, erhöht die Lebensqualität“, heißt es in einem Lied. „Lach dich schlapp, das macht lebendig.“ Was folgt sind gegackerte und herausgeprustete Lachanfälle, wobei sie das Publikum auffordert, mitzumachen. Minutenlang wird kollektiv mit ansteckender Wirkung in der Sängerhalle gelacht. Die Entertainerin schlüpft in verschiedene Rollen. Nur kurz dauert es, sich ein Trachtenkleid überzustreifen, eine graue Perücke und Hut aufzusetzen und als biedere Bayerin auf der Bühne zu stehen, die es geschafft habe, aus der Droge Fleisch auszusteigen. Perlinger selbst ist seit 20 Jahren Vegetarierin.

Dann verwandelt sie sich mit Glitzerjacke in einen Playboy, der als Tellerjongleur mit den Frauen spielt. Im langen Mantel mit Zebramuster wird sie zu Marlene aus Berlin und nimmt auch den Dialekt der Hauptstadt an. Es geht um die AfD und einen „Glatzen-Neonazi“ mit Springerstiefeln. Letzterer habe es nicht leicht: „Erst die Chemo und dann auch noch orthopädische Schuhe.“

Als langhaariger Lockenkopf im Hippie-Outfit geht es zurück in die 1970er-Jahre. „Atomkraft – nein danke!“ war schon damals ein Slogan. Die Müllflut hat man auch schon kommen sehen und „Jute statt Plastik“ gefordert. Obwohl sie auch die ernsten Themen unserer Zeit anspricht, kommt das Lachen in ihrem Programm nie zu kurz.

Mit vollem Körpereinsatz und unglaublicher Energie

Perlinger ist ein Multitalent. Mit vollem Körpereinsatz und unglaublicher Energie performt sie ihre Szenen. Da turnt sie als lachender Affe auf dem Tisch herum und schneidet unglaubliche Grimassen. Mit Gesten und kleinen Utensilien wird sie bei einer Insektenkonferenz zur Hornissenkönigin oder der italienischen Filzlaus. „Lächeln, Lachen, Leibesübung“, heißt ihre Devise. Bei Yogaübungen auf dem Tisch, wobei sie nicht nur die Position „Katze“ zeigt, sondern auch den „Schwarzfahrer“, der in jede Gepäckablage passt, beweist die 55-Jährige verblüffende Gelenkigkeit. ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung) bedeute für sie: „Alles durcheinander – Hauptsache Spaß.“

Großen Spaß hatten die Besucher in der Gruschtelkammer in Oberbrüden und am Ende gab es begeisterten Applaus und Standing Ovations. Wohlverdient. Aber war da nicht am Anfang auch ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl?

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Erstellt:
2. November 2019, 06:00 Uhr

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