Energieberatung: Gas raus, Solaranlage aufs Dach?

Eigenheimbesitzer in Allmersbach im Tal konnten sich kürzlich günstig in Sachen Energie beraten lassen, inklusive Fotovoltaikcheck. Im Rahmen der „Solaroffensive“ der Energieagentur Rems-Murr hat ein Experte dafür über 50 Haushalte besucht.

Uwe Schelling (rechts), ehemaliger Geschäftsführer der Energieagentur, empfiehlt Claudia und Roland Peyer eine Fotovoltaikanlage. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Uwe Schelling (rechts), ehemaliger Geschäftsführer der Energieagentur, empfiehlt Claudia und Roland Peyer eine Fotovoltaikanlage. Foto: Alexander Becher

Von Anja La Roche

Allmersbach im Tal. Roland und Claudia Peyer wohnen in einem behaglichen Haus in Allmersbach im Tal, Baujahr 2005. Wie die meisten Menschen in Deutschland heizen sie ihr Eigenheim mit Erdgas. „Damals hat man uns gesagt, Gas ist das Beste, was man machen kann“, erzählt Roland Peyer. Doch angesichts der hohen Gaspreise und der Sorge vor Gasengpässen im kommenden Winter ziehen die Eheleute in Erwägung, ihre Energieversorgung umzustellen. „Wir wollen uns nach neuen Alternativen umschauen“, erklärt Roland Peyer. „Es nutzt mir ja nichts, eine Heizung zu haben, wenn ich kein Gas habe.“

Da kam die „Solaroffensive“ von der Gemeinde und der Energieagentur Rems-Murr wie gerufen: Vom 25. bis 29. Juli konnte man sich in Allmersbach günstig (30 Euro) in Sachen Energie beraten lassen. Dafür hat Uwe Schelling, Diplom-Ingenieur für Energieberatung und ehemaliger Geschäftsführer der Energieagentur, die interessierten Häuslebesitzer daheim besucht. Zentral bei der „Solaroffensive“ ist neben der allgemeinen Energieberatung der Blick aufs Dach: Lohnt es sich, dort Solarpaneele zu installieren? Auch andere Gemeinden im Kreis sind auf die Energieagentur zugekommen, um ihren Bewohnern die niedrigschwellige Beratung zu ermöglichen.

Zu dem Termin bei Familie Peyer kommt Energieberater Schelling vorbildlich mit dem Fahrrad angereist, trotz hoher Temperaturen. Er war zuvor schon auf vier Terminen, zwei liegen noch vor ihm. 50 bis 60 Beratungen wird er in der Woche in Allmersbach durchführen und die Nachfrage war sogar noch größer. Über 80 Personen hatten ihr Interesse gemeldet, berichtet Andreas Fritz von der Energieagentur.

Die aktuelle Heizung muss zwar noch nicht, kann aber ausgewechselt werden

Etwa 45 Minuten pro Beratung sind eingeplant. Daher geht es direkt los. Schelling geht die Eckdaten mit den Eheleuten durch, welche diese vorab mithilfe eines Fragebogens ermittelt haben. Heizung? 17 Jahre alt. „Die muss man nicht unbedingt austauschen, aber man kann“, sagt der Energieberater. Gerade angesichts der Gaskrise könne sich das lohnen.

„Was haben Sie für eine Dachneigung?“, fragt Schelling weiter. „40 Grad“, ist die Antwort. Auf einem Luftbild erkennt der Experte, dass die Dachschrägen Richtung Ost und West ausgerichtet sind. Ob es da Sinn macht, eine Solaranlage zu installieren, wenn bei einer Nord-Süd-Ausrichtung mehr Strom produziert werden könnte? „Eine Ost-West-Ausrichtung ist für den Eigenverbrauch am besten“, erklärt der Energieberater. Denn morgens und abends verbrauche man im Haushalt am meisten Energie. Letztendlich käme eine Fotovoltaikanlage bei den Peyers auf einen Wirkungsgrad von 86 Prozent gegenüber einer perfekt ausgerichteten Anlage, schließt Schelling seine Studie. Das Dach mit Solarmodulen zu bestücken wäre daher finanziell sinnvoll.

30 Paneele würden etwa 7500 Kilowattstunden erzeugen

Am effektivsten sei es, den gewonnenen Strom selbst zu verbrauchen. Den Rest kann man seit dem 30. Juli für 8,2 Cent statt bisher 6,2 Cent pro Kilowattstunde verkaufen und in das öffentliche Stromnetz einspeisen. Denn seit diesem Tag gilt die Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Die etwa 30 Paneele, die auf dem Dach Platz hätten, würden etwa 7500 Kilowattstunden im Jahr produzieren, so Uwe Schelling. Durch den Verkauf des nicht selbst verbrauchten Stroms würden die beiden Allmersbacher mit insgesamt 860 Euro plus im Jahr herauskommen, überschlägt der Energieberater grob. Bei Investitionskosten von etwa 14500 Euro würde sich die Anlage somit in etwa 16,3 Jahren amortisieren.

Roland Peyer brennen indessen viele Fragen auf der Zunge. Denn so eine langfristige Entscheidung will gut überlegt sein. „Wie lange sind die Elemente denn lebensfähig?“, fragt er den Experte. Der meint: Die hätten inzwischen eine durchschnittlich sehr lange Haltbarkeit, weil sie von Maschinen gefertigt würden und keine beweglichen Teile verbaut seien. Außer dem Wechselrichter, der sich aber recht günstig austauschen lasse. „Ich habe vor 20 Jahren eine Anlage auf das Dach einer Schule gebaut, das hält immer noch“, erzählt Schelling.

Und ob sich die sogenannten Steckermodule, die man im Garten aufstellen kann, lohnen würden? Die hat Peyer nämlich im Garten des Nachbarn entdeckt. „Das ist eine wunderbare Sache“, antwortet der Energieexperte. „Das sollte jeder machen.“ Denn diese seien sehr wirtschaftlich und man brauche keinen Handwerker für die Installation. Der Nachteil: Man dürfe davon nur zwei Stück ohne Elektriker anschließen und der produzierte Strom decke lediglich einen kleinen Anteil des normalen Verbrauchs. Ein Wechselrichter sorgt dafür, dass nicht mehr als 600 Watt an die Steckdose abgegeben werden. Außerdem darf sich der Stromzähler nicht rückwärts drehen.

Der Berater geht auch auf andere Energieoptionen ein

Nachdem einige der Fragen zu einer möglichen Solaranlage geklärt sind, schaut sich Uwe Schelling weitere Optionen für die Peyers an. Angesichts der geringen Vorlauftemperatur von unter 50 Grad Celsius, die die Heizung benötigt, um die Räume des gut isolierten Holzfertigbaus ausreichend zu wärmen, käme auch eine Wärmepumpe infrage. Diese könnte viel Energie einsparen. Für sinnvoll erachtet Schelling eine Verbindung zwischen Fotovoltaikanlage und Wärmepumpe. Wenn viel Sonne scheint, könne dann verstärkt geheizt werden, und wenn weniger Sonne scheint, weniger. Die Wärme bleibe ja einige Zeit in den Räumen erhalten. Das Heizen mit Pellets schließt der Energieberater aus, denn einen Schornstein hat das Haus nicht und auch ein geeigneter Lagerraum würde fehlen. Auch die Nutzung von Geothermie ist schnell vom Tisch: Zu groß seien unter anderem die finanziellen Nachteile.

Die richtige Einstellung kann einiges einsparen

Bevor der Energieberater das Haus wieder verlässt und zu seinem nächsten Termin eilt, steigt er noch die Treppen hoch und wirft einen Blick auf die Heizungsanlage. Denn die will richtig eingestellt sein, um effizient zu arbeiten. Die Zirkulationspumpe könne man zum Beispiel ausstellen und nur dann anstellen, wenn akut heißes Wasser benötigt wird, wie etwa morgens oder abends, empfiehlt Schelling. Das könne 60 Euro im Jahr sparen.

Nach dem Termin erhalten Claudia und Roland Peyer einen Bericht über das Besprochene. Dann können sie sich genauestens überlegen, ob sie eine Solaranlage und/ oder eine Wärmepumpe haben wollen. Jetzt müssen sie nur noch einen Handwerker finden, der Zeit für sie hat.

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Erstellt:
9. August 2022, 06:00 Uhr

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