Absolventen der Missionsschule berichten: „Es ist der coolste Beruf überhaupt“

Junge Menschen fördern, Hoffnung und Glauben wecken, Zukunft gestalten – was frisch ordinierte Missionsschulabsolventen motiviert. Für Andreas Schingnitz, Beatrice Böttinger und Jonathan Finkbeiner war der Weg an die Missionsschule keineswegs vorgezeichnet.

Andreas Schingnitz, Beatrice Böttinger und Jonathan Finkbeiner (von links) berichten über ihre Ausbildung. Foto: Alexander Becher

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Andreas Schingnitz, Beatrice Böttinger und Jonathan Finkbeiner (von links) berichten über ihre Ausbildung. Foto: Alexander Becher

Von Uta Rohrmann

Weissach im Tal. „Von der Missionsschule Unterweissach kommt nicht nur die Miss Germany, sondern auch Mr. und Mrs. Hope“, sagte Ralf Albrecht, Regionalbischof in der Prälatur Heilbronn, beim Festgottesdienst während der Jahreskonferenz der Schule. In diesem Rahmen fand auch die Ordination von elf Absolventinnen und Absolventen des Seminars für Theologie, Jugend- und Gemeindepädagogik statt. Drei dieser Hoffnungsträger, Andreas Schingnitz, Beatrice Böttinger und Jonathan Finkbeiner, haben für die BKZ ihre persönlichen Geschichten erzählt – warum sie sich für die Missionsschule entschieden haben, wie sie auf die fünf Jahre Ausbildung zurücksehen und wie ihre jetzige Tätigkeit aussieht.

Alle drei sind sich darin einig, dass sie persönlich und für ihre berufliche Tätigkeit viel von der intensiven Lern- und Lebensgemeinschaft in der Fachschule profitiert haben. „Man ist sehr eng miteinander unterwegs. Teilweise wohnen die Dozenten mit auf dem Gelände“, erzählt Jonathan Finkbeiner. Persönlich ist die Zeit an dem Berufskolleg mit staatlicher und kirchlicher Anerkennung für den 32-Jährigen auch deswegen ganz besonders, weil er und seine Frau Stephanie da Eltern geworden sind. In der Betreuung ihrer Zwillinge hätten sie andere Studierende unterstützt, sodass das Ehepaar auch mal einen Abend für sich ganz allein hatte.

Viel Lob für die Dozenten in Weissach

„Die Dozenten sind nicht nur fachkundig, sondern haben auch ein Herz und Augen für die Studierenden“, sagt Andreas Schingnitz. Oft nutzten Missionsschüler auch die Möglichkeit, persönliche Fragen mit den Lehrpersonen zu besprechen. Gemeinsam werde eingeübt, Gottes liebevollen Blick auf die Menschen wahrzunehmen, sie anzunehmen, wie sie sind, und ihre Bedürfnisse zu erkennen, vertieft Jonathan Finkbeiner. „Es sind tiefere Beziehungen entstanden, dadurch lernt man ganz viel. Man kann auch nur schwer was voreinander verstecken“, ergänzt Beatrice Böttinger. Durch die Ausbildung sei sie im Glauben sprachfähiger geworden, erklärt die 26-jährige Gemeindepädagogin. „Man reflektiert, was man als Kind gelernt hat, und entwickelt eigene Ansichten im Glauben.“

Dabei war der Weg an die Missionsschule bei den dreien keineswegs vorgezeichnet. „Mein Vater hat eine Schreinerei und ich dachte auch in diese Richtung, absolvierte zunächst ein duales Studium der Holztechnik an der Fachhochschule“, erzählt Finkbeiner. Durch ein Jahr in Tansania dachte er neu über seine Berufung nach und entschied sich nach drei Jahren Berufserfahrung als Schreiner, in Unterweissach nochmals die Schulbank zu drücken – auch weil er andere kannte, die dort ihre Ausbildung absolviert hatten. Auch Beatrice Böttinger aus Gächingen bei Calw hatte bereits einen Beruf, der ihr Spaß machte. „Die Arbeit in der Stadtverwaltung kam mir als strukturiertem Typ entgegen. Schön war auch, vielen Menschen zu begegnen. Besucher und Kolleginnen schätzten mein offenes Ohr für sie. Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass ich Menschen mehr geben möchte als das, was ich ihnen in meiner Funktion als Sachbearbeiterin geben konnte.“ Nach einem Praktikum in der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Potsdam zog die junge Frau auf das Missionsschulgelände.

Nach der Missionsschule geht es nach Freudenstadt

Anders bei Andreas Schingnitz, der von sich sagt, dass er persönlich viel von der Begleitung durch hauptamtliche kirchliche Mitarbeiter profitiert habe, aber nach Abi und einem Jahr Freiwilligendienst in England eher zögernd seinem Wunsch nachging, selbst diesen Berufsweg einzuschlagen – die Schuhe der Menschen, zu denen er immer aufgesehen hatte, schienen dem jungen Mann aus Selbitz in Oberfranken zu groß zu sein. Die Begegnung mit Pfarrer Thomas Maier, dem Direktor der Missionsschule, sei dann aber so positiv und von Vertrauen geprägt gewesen, dass er ermutigt die Ausbildung beginnen konnte.

Nun ist es so weit: Andreas Schingnitz ist Jugendreferent und gibt in zwei Kirchengemeinden im Schwarzwald bei Freudenstadt das weiter, was er anderen zu verdanken hat: Er hilft Teenagern und jungen Erwachsenen, den Wert zu entdecken, den sie bei ihrem Schöpfer haben, ihre Gaben zu entfalten und in die Mitarbeit hineinzuwachsen. Am liebsten lädt er Jugendliche in seine Wohnung ein, zum gemeinsamen Abendessen oder einem Spieleabend. „Es ist der coolste Beruf überhaupt“, sagt der 24-Jährige.

In der evangelischen Verbundkirchengemeinde Straubenhardt, „dem letzten Zipfele der Württembergischen Landeskirche“, ist Beatrice Böttinger als Gemeindepädagogin tätig. Zur Hälfte besteht ihr Auftrag in klassischer Kinder- und Jugendarbeit sowie Mitarbeiterbegleitung. Zur anderen Hälfte arbeitet sie in einem Café, das in einem leer stehenden Pfarrhaus eingerichtet wurde. „Menschen sehnen sich nach Oasen, Orten, an denen man einfach sein darf und auch Gott begegnen kann.“ Die unterschiedlichsten Besucherinnen und Besucher kämen aus der ganzen Region, viele seien auch sehr offen für Gespräche und Seelsorgeangebote.

Kirche will junge Erwachsene wieder erreichen

Jonathan Finkbeiner hat eine von fünf Pionierstellen in der Württembergischen Landeskirche inne, die sich mit missionarischem Gemeindeaufbau unter jungen Erwachsenen befasst. „Die Kirche hat gemerkt, dass sie junge Erwachsene – auch christlich sozialisierte – an vielen Stellen nicht erreicht“, so Finkbeiner. Das möchte sie ändern. Experimentieren in diesem Bereich, der beim Amt für missionarische Dienste angegliedert ist, ist ausdrücklich erlaubt.

Die Evangelische Hochschule Ludwigsburg führt zu diesem Thema eine Untersuchung durch mit Daten, die der Referent für junge Erwachsene im Kirchenbezirk Herrenberg und seine Kollegen liefern. Das monatliche Gottesdienstformat „Firerabend“ im Distrikt Oberes Gäu soll dazu beitragen, dass junge Menschen in der Kirche Heimat finden, ebenso wie das Projekt „Fokus“, das verschiedene Hausbibelkreise vernetzt.

Für eher Kirchenferne gibt es derzeit Angebote wie „Secret Places“, das sich mit kurzfristig zu findenden Orten im Kirchenbezirk befasst, oder Paarabende. Geflüchteten Teenagern dient ein offenes Treffen zum Beziehungsaufbau. Es ist ein kreativer Prozess, aus der Praxis heraus überregional ins Gespräch darüber zu kommen, wie Kirche zukünftig für junge Erwachsene aussehen kann.

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Erstellt:
20. Juni 2023, 11:00 Uhr

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