Ärztekritik an Stickoxid-Grenzwert mit Fehlern

Özdemir fordert Stellungnahme von Verkehrsminister Scheuer – FDP: Fahrverbote für Euro-4-Diesel in Stuttgart kippen

Stuttgart /DPA/LUD - Die viel beachtete Kritik von über hundert Lungenärzten an Grenzwerten für Luftschadstoffe enthält Rechenfehler. Gut drei Wochen nach Veröffentlichung der Stellungnahme räumte Autor Dieter Köhler Irrtümer ein. Er blieb aber bei der Grundaussage, dass die Grenzwerte, derentwegen es Dieselfahrverbote in Städten gibt, nicht ausreichend wissenschaftlich begründet sind.

Die Medizinier um Köhler hatten bei ihrer Kritik an den Grenzwerten erläutert, ein Raucher nehme in wenigen Monaten so viel Feinstaub und Stickoxid (NO2) auf, wie ein 80-jähriger Nichtraucher im Leben mit der Außenluft einatme – soll heißen: So groß ist das Risiko durch diese Schadstoffe nicht. Deutsche und internationale Experten hatten dem widersprochen, unter anderem unter Verweis auf neue Forschungsergebnisse.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte Köhlers Initiative begrüßt und die EU-Kommission aufgefordert, den NO2-Grenzwert zu prüfen. Das Ministerium erklärte nun, der Aufruf der Lungenärzte habe einen „Impuls“ zur Debatte über die Grenzwerte gesetzt. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Cem Özdemir (Grüne), forderte beim Redaktionsnetzwerk Deutschland, Scheuer müsse nun erklären, „auf welcher Grundlage er und sein Ministerium sich eine Einzelmeinung ohne eingehende Prüfung zu eigen gemacht haben“.

Der NO2- Grenzwert liegt im Jahresmittel bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Die Grenzwerte für Feinstaub hängen von der Partikelgröße ab. Sie werden auf EU-Ebene festgelegt und basieren auf Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO. Deutschland kann die Grenzwerte nicht eigenständig ändern – die große Koalition arbeitet aber an einer neuen Formulierung, der zufolge Fahrverbote „in der Regel“ nur dort zulässig sein sollen, wo der Jahresmittelwert 50 Mikrogramm überschreitet.

Die FDP forderte vor diesem Hintergrund die Landesregierung auf, die Fahrverbote für Euro-4-Diesel in Stuttgart zu kippen.

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Erstellt:
15. Februar 2019, 03:04 Uhr

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