Finanzminister

Armer reicher Klingbeil

Einerseits hat der Finanzminister viel Geld zu verteilen. Andererseits ist er schon klamm. Lars Klingbeil steht vor drei Schwierigkeiten.

Lars Klingbeil muss das Geld verteilen – und steht unter beachtlichem Druck.

© Boris Roessler/dpa

Lars Klingbeil muss das Geld verteilen – und steht unter beachtlichem Druck.

Von Tobias Peter

500 Milliarden. Das ist die Zahl, auf die Lars Klingbeil stolz ist. „Die 500 Milliarden Euro, die wir gemeinsam erkämpft haben, sind auch eine Antwort auf die Verteilungsfrage“, so hat es der Finanzminister jüngst beim SPD-Parteitag gesagt. Denn sie würden ausgegeben für ein Land, das für alle besser funktioniere. Schluss mit dem Investitionsstau – das war Klingbeils Botschaft. Er sprach von „einer kleinen Revolution“.

Armer reicher Klingbeil: Der Finanzminister, der sich mit seinem Entwurf für den Haushalt 2025 im Bundestag der Debatte mit den Abgeordneten stellt, hat durch die Grundgesetzänderung in Sachen Schuldenbremse gigantische Summen zur Verfügung. Dennoch fehlt es ihm – wie sich im Streit über die Stromsteuer gezeigt hat – bereits an Geld, um Wünsche zu erfüllen, die allen sinnvoll erscheinen. Wie kann das sein?

Der Finanzminister und Vize-Kanzler hat mit dem aktuellen Haushalt und der Planung für die kommenden Jahre drei wesentliche Probleme. Das erste ist: Auch wenn jeder einzelne Minister darauf verweisen kann, dass sich in Klingbeils Taschen jede Menge – wenn auch geliehenes – Geld befindet, kann der Finanzminister es nicht einfach so ausgeben, wie er oder die Kabinettskollegen es möchten.

Wie der Vater an der Supermarktkasse

Die Verfassung gesteht ihm jetzt, wenn es hart auf hart kommt, unbegrenzt Kredite für die Verteidigung zu. Das über Schulden finanzierte Sondervermögen für die Infrastruktur und den Klimaschutz soll investiert werden – und zwar zusätzlich zu dem, was bislang investiert wurde. Andere Zusatzwünsche sollen aus dem Kernhaushalt finanziert werden. Klingbeil ist also in der Rolle des Vaters an der Supermarktkasse, der den quengelnden Kindern sagen muss: „Ja, es ist noch Geld da – aber ich kann nicht alles für Süßigkeiten ausgeben.“

Im Koalitionsvertrag sind viele teure Vorhaben aufgelistet. Im Prinzip steht fast alles unter Finanzierungsvorbehalt. Das macht Klingbeil zum potenziellen Nein-Sager: keine attraktive Rolle. Klar ist: Manche Projekte sind auch gesetzt, wie die von der CSU durchgedrückte Ausweitung der Mütterrente. Sie dürfte ab 2027 fünf Milliarden Euro im Jahr kosten. Hier muss Klingbeil das Geld auftreiben, ob er es für sinnvoll hält oder nicht.

Mit den Einsparvorschlägen, die zum Beispiel die Union im Gegenzug macht, ist es oft nicht so einfach, wie es scheint. Die Frage, wie viel Geld im Jahr genau für das Bürgergeld ausgegeben wird, hat die Regierung faktisch nicht in der Hand. Die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, hat klargemacht: Das Einsparpotenzial durch verschärfte Sanktionen gegen diejenigen, die ihre Mitwirkungspflichten verletzen, ist höchst überschaubar. Billiger wird es vor allem dann, wenn die Wirtschaft anspringt und mehr Menschen in Arbeit vermittelt werden können.

Klingbeils zweite Herausforderung sind die Zinsen. Während die Haushalte in den Jahren 2025 und 2026 noch halbwegs unkompliziert sind, tun sich in der Planung für die Jahre danach riesige Deckungslücken auf. Das hat auch mit der Verschuldungspolitik des Bundes zu tun: Müssen aktuell noch 30 Milliarden Euro im Jahr für Zinsen eingeplant werden, dürfte es im Jahr 2029 bereits mehr als doppelt so viel sein.

Für Brücken braucht es Bauarbeiter

Zu alledem steht der Finanzminister noch vor einer dritten Schwierigkeit: Während ihm an der einen Stelle Geld fehlt, könnte er es bei den Investitionen aus dem Sondervermögen auch schwer haben, es loszuwerden. Denn eine Erfahrung hat bereits Christian Lindner als Finanzminister gemacht: Auch wenn bestimmte Ausgaben fest eingeplant sind, fließt das Geld oft nicht so schnell ab wie gewünscht. Nicht umsonst wird in Deutschland so viel über Planungsbeschleunigung diskutiert. Und: Um Brücken zu sanieren, braucht es auch Bauarbeiter.

Im Nebenberuf ist der Vize-Kanzler und Finanzminister Klingbeil bekanntlich SPD-Chef. Als solcher ist es für ihn wichtig zu betonen: Er ist nicht nur Finanz-, sondern auch Investitionsminister. Diese Erzählung muss am Ende aufgehen. Klingbeil ist gerade mit einem sehr schwachen Ergebnis von nur 64,9 Prozent als Vorsitzender wiedergewählt worden. Überzeugt seine Arbeit als Minister die SPD nicht, droht ihm beim nächsten Parteitag eine kleine Revolution.

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Erstellt:
7. Juli 2025, 17:04 Uhr
Aktualisiert:
7. Juli 2025, 18:07 Uhr

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