Bundesregierung

Armutsbericht lobt Mindestlohn – und gibt dabei in einer Frage Entwarnung

Der neue Armutsbericht der Bundesregierung befasst sich auch mit den Auswirkungen des Mindestlohns. Der Entwurf liegt unserer Redaktion vorab vor.

Der Mindestlohn hat laut Armutsbericht vielen Familien geholfen, die nur ein geringes Einkommen haben.

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Der Mindestlohn hat laut Armutsbericht vielen Familien geholfen, die nur ein geringes Einkommen haben.

Von Tobias Peter

Die Bundesregierung geht davon aus, dass auch stärkere Erhöhungen des Mindestlohns keine größeren Auswirkungen auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt gehabt haben. „Seit der Einführung des Mindestlohns 2015 wurden eine Vielzahl von Studien durchgeführt, die die Beschäftigungswirkungen des Mindestlohns untersucht haben“, heißt es im Entwurf für den siebten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. „In der Gesamtbetrachtung finden die kausalanalytischen Studien keinen oder keinen wesentlichen Effekt auf die Beschäftigung“, wird dort weiter ausgeführt. „Dies gilt auch für die Einführung des Mindestlohns und die Erhöhung auf 12 Euro.“ Der Bericht, der mit dem Titel „Lebenslagen in Deutschland“ überschrieben ist, geht nun in die Länder- und Verbändeabstimmung. Er liegt unserer Redaktion vorab vor.

Hohe Inflation durch den Krieg

Im Kampf gegen Armut sieht die Bundesregierung im Mindestlohn insoweit einen wichtigen Faktor, als dass seine Einführung im Jahr 2015 und auch folgende Erhöhungen zu deutlich gestiegenen Reallöhnen im unteren Einkommensbereich geführt hätten. Dieser Effekt sei aber dadurch vermindert worden, dass die Verbraucherpreise seit Beginn des Ukraine-Krieges stark angestiegen sind. Die zeitweise hohe Inflation in Deutschland nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine brachte viele Menschen in Schwierigkeiten.

Die Autoren des Armuts- und Reichtumsberichts betonen, dass der Mindestlohn bis in die Mitte der Arbeitnehmerhaushalte wirke. Denn mittelbar habe der Mindestlohn Druck ausgelöst, der auch in anderen Lohngruppen Erhöhungen begünstigt habe.

„Ebenso konnte gezeigt werden, dass Haushalte in Ostdeutschland stärker vom Mindestlohn profitieren als in Westdeutschland“, heißt es in dem Entwurf. Der Grund dafür sei, dass im Osten ein größerer Teil der Menschen zu geringen Stundenlöhnen arbeite als im Westen.

Zähes Ringen

Zuletzt hatte es ein zähes Ringen um die weitere Entwicklung des Mindestlohns gegeben. Schließlich einigten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften in der zuständigen Kommission darauf, dass der Mindestlohn von derzeit 12,82 Euro bis zum Jahr 2027 auf 14,60 Euro ansteigen soll.

SPD und Gewerkschaften hatten für einen raschen Anstieg auf 15 Euro geworben. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hatte dagegen gewarnt, eine zu schnelle und deutliche Erhöhung des Mindestlohns würde „in der längsten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik schwere Schäden anrichten“.

Wenn Sozialleistungen nicht angenommen werden

Im Regierungsbericht wird auch auf ein Phänomen hingewiesen, das die Bekämpfung von Armutsrisiken erschwere: Einige Personen nähmen Sozialleistungen, die ihnen eigentlich zustünden, nicht in Anspruch – auch wenn sich dieser Sachverhalt nicht genau beziffern lasse. Als Gründe werden unter anderem auch Informationsdefizite sowie Angst vor Stigmatisierung genannt. Teils erklären Betroffene aber auch, dass sie über andere finanzielle Mittel verfügten oder sparsam lebten.

Kinder sind vor allem dann armutsgefährdet, wenn ihre Eltern keinen Job haben – und wenn sie in einem Alleinerziehenden-Haushalt aufwachsen. Bildung habe einen erheblichen Einfluss darauf, welchen Armutsrisiken Menschen ausgesetzt seien, heißt es im Armutsbericht. Dieser Effekt habe zuletzt sogar noch zugenommen. „Wer über eine geringe Bildung verfügt, ist zunehmend armutsgefährdet.“ Der frühkindlichen und schulischen Bildung komme daher eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der Armut der Zukunft zu.

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Erstellt:
2. Oktober 2025, 00:08 Uhr

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