COP30 will Regenwälder retten

Auch der deutsche Wald verliert seine Funktion für den Klimaschutz

Bei der Weltklimakonferenz in Brasilien ist ein wichtiges Thema, die Regenwälder zu retten und damit deren Funktion als CO2-Speicher. Aber wie steht es eigentlich um den Wald bei uns?

Immer mehr Fichtenwälder sterben ab, wie hier im Harz, und erhöhen den CO2-Ausstoß. Im Südwesten ist es noch nicht ganz so schlimm.

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Immer mehr Fichtenwälder sterben ab, wie hier im Harz, und erhöhen den CO2-Ausstoß. Im Südwesten ist es noch nicht ganz so schlimm.

Von Thomas Faltin

Wir alle haben den Amazonas und seine unvorstellbaren Regenwaldflächen vor Augen, wenn über die dramatische Abholzung des Urwalds gesprochen wird. Jetzt findet die COP30, die Weltklimakonferenz, tatsächlich am Rande des Amazonas statt, genauer gesagt in der Millionenstadt Belém. Ein wichtiges Ergebnis der Konferenz dürfte die Gründung eines Fonds sein, aus dem Staaten, die ihre Regenwälder schützen, Geld erhalten.

Doch wie sieht es eigentlich bei unseren heimischen Wäldern aus? Können Sie ihre Funktion als Speicher von Kohlendioxid und damit als natürlicher Klimaschützer weiter erfüllen? Die Antwort: bedingt. Es war ein Paukenschlag, als vor einem Jahr der damalige Bundesforstminister Cem Özdemir (Grüne) anlässlich der Veröffentlichung der neuen Bundeswaldinventur verkündet hatte: Der deutsche Wald habe seine Rolle als Speicher von Kohlenstoff und damit seine bedeutende Funktion im Klimaschutz verloren.

Speichervolumen des Waldes ist um drei Prozent gesunken

Bäume nehmen grundsätzlich Kohlendioxid auf und speichern es als Kohlenstoff. Aber diese Menge sei seit 2017 um drei Prozent gesunken, so ergab die alle zehn Jahre durchgeführte Bundeswaldinventur. Diese Trendumkehr ist eine Folge des Klimawandels, weil mehr Bäume durch Stürme, Borkenkäfer und Dürren kaputt gehen würden. In Sachsen-Anhalt etwa gingen seit 2012 drei Viertel der Fichten verloren, in Hessen die Hälfte. Auch der letzte bundesweite Waldzustandsbericht vom Juni dieses Jahres besitzt als Kernaussage, dass vier von fünf Bäumen nicht gesund seien. Dem deutschen Wald geht es also alles andere als gut, viele Bäume sterben.

Aber wie viel sind nun eigentlich drei Prozent geringeres Speichervolumen? Und wie sieht es in Baden-Württemberg aus? In den deutschen Wäldern sind laut der aktuellen Bundeswaldinventur 2,2 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in den Bäumen selbst, aber auch im Laubstreu und im Boden gebunden. Rechnet man diesen Kohlenstoff auf CO2 um, so ergibt das rund acht Milliarden Tonnen CO2, die entstehen würden, wenn der Kohlenstoff aller Wälder in Deutschland plötzlich frei würde. Im Jahr 2023 hat ganz Deutschland 674 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen.

Das bedeutet, dass der Wald die Kraft hat, rund zwölfmal mehr CO2 zu binden als das ganze Land jährlich an CO2 emittiert. Gäbe es keinen Wald mehr, hätte das dramatische Konsequenzen. Nebenbei: In Mooren ist ungefähr gleich viel Kohlenstoff wie in den Wäldern gespeichert, obwohl sie nur etwa vier Prozent der Fläche bedecken, Wälder aber 30 Prozent. Der Rückgang der Speicherfähigkeit um drei Prozent erhöht den CO2-Ausstoß in Deutschland damit um jährlich rund 35 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Das entspricht fünf Prozent der jährlichen deutschen CO2-Emissionen.

Dagegen sind in Baden-Württemberg trotz der heißen Sommer die ganz großen Fichten-Kahlflächen bislang ausgeblieben, sodass der Holzbestand und damit auch die Kohlenstoffwerte nicht in die Knie gegangen sind. Das liegt daran, dass viele Fichtenreinbestände bei uns in höheren Lagen wachsen, wo die Temperaturen noch nicht ganz so hoch sind, und dass das Land früh mit dem Waldumbau begonnen hat.

Aber dennoch: Auch im Südwesten ist die gebundene Kohlenstoffmenge stagniert, bei 281 Millionen Tonnen. Ulrich Schraml, der Leiter der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg, musste vor einem Jahr einräumen, dass dies erstmals seit der ersten Bestandsaufnahme im Jahr 1987 der Fall sei, bisher seien die Werte immer gewachsen.

Er erklärte die schlechteren Zahlen mit zwei Gründen. Erstens wolle man zugunsten des Artenschutzes mehr alte Bäume und auch mehr Totholz im Wald, die aber weniger Kohlenstoff speichern könnten oder ihn sogar wieder freigeben. Zudem gehe man immer stärker weg von schnell wachsenden Baumarten wie der Fichte. Sie hat im Südwesten einen Anteil von 31 Prozent; 1987 waren es noch 44 Prozent.

Erweiterung des Nationalparks Schwarzwald kommt

Im Übrigen betonte Ulrich Schraml, dass das Kohlendioxid gar nicht unbedingt frei geworden sei, wenn weniger Holz im Wald stünde: Wenn man Möbel daraus gemacht habe, bleibe der Kohlenstoff womöglich auf Jahrzehnte hinaus gebunden. „Die Sache ist komplex“, so Schramls Fazit.

Für viele Klima- und Naturschützer ist es jedenfalls der beste Weg, den Wald als CO2-Speicher und als Ort der Artenvielfalt zu bewahren, indem man ihn unter Schutz stellt. Mitte November wird die grün-schwarze Landesregierung auch deshalb endgültig die Erweiterung des Nationalparks Schwarzwald beschließen.

Forstminister Peter Hauk (CDU) hatte aber bis zuletzt Kritik daran geübt. Er ist der Meinung, dass man nur mit einem bewirtschafteten Wald das Klima schützen könne. Denn im Nationalpark gingen viele Bäume kaputt, Kohlendioxid würde frei, so argumentiert Hauk. Nabu-Landeschef Johannes Enssle hatte diese Ansicht vor einem Jahr offen als Quatsch bezeichnet: „Es gibt mehr als 100 Studien, die genau das Gegenteil beweisen.“

Wie auch immer: Insgesamt hat sich der Wald in Baden-Württemberg zumindest in seiner Gesamtfläche nicht zum Negativen verändert. Im Gegenteil. Mit einer Größe von 1,35 Millionen Hektar bedeckt der Wald heute 37,5 Prozent der Landesfläche. Um 1880 waren es 33,2 Prozent, im Jahr 1980 dann 36,1 Prozent.

Unter Schutz steht davon allerdings nur ein geringer Teil, nämlich rund drei Prozent der Gesamtwaldfläche. Im Staatswald liegt der Anteil wegen der besonderen Verantwortung höher, im Privatwald niedriger. Der Nationalpark im Schwarzwald mit seinen 11.500 Hektar entspricht weniger als einem Prozent der gesamten Waldfläche im Südwesten.

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Erstellt:
7. November 2025, 15:18 Uhr

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