Ausschau nach günstigen Angeboten
Serie: Gesund kochen für wenig Geld (6) Kazim Barut schlüpft beim Einkauf für sein Gericht in die Haut eines Hartz-IV-Beziehers
„Es ist eigentlich ganz einfach.“ Kazim Barut, Inhaber der Waldheim-Gaststätte im Backnanger Plattenwald, lächelt, während er über sein Rezept spricht. Er hat ein Menü mit zwei Gängen für eine vierköpfige Familie zubereitet: eine Suppe vorneweg, dann ein Hauptgericht mit Fleisch. Und das alles für weniger als 7,70 Euro. Geht nicht? Geht doch.

© Pressefotografie Alexander Beche
Der Inhaber der Waldheim-Gaststätte, Kazim Barut (links), präsentiert zusammen mit dem Koch Güray Kanitürk das Menü. Foto: A. Becher
Von Armin Fechter
BACKNANG. Die Aufgabe, für wenig Geld etwas Leckeres und Gesundes auf
den Tisch zu zaubern, hat ihren Reiz. Der 34-jährige Kazim Barut lässt
sich auf das Experiment ein, er geht die Herausforderung aber auf seine
eigene Art an: Statt vorab einen exakten Plan für ein Gericht zu
entwerfen, den er dann in die Tat umsetzen würde, schlüpft er quasi in
die Haut eines Hartz-IV-Empfängers. Wer nicht viel im Portemonnaie hat,
der muss nach günstigen Angeboten Ausschau halten, um über die Runden zu
kommen. Und genau das macht der gelernte Koch nun auch. Er spaziert mit
7,70 Euro in den Supermarkt, sieht sich um, was es gibt, und überlegt
spontan, was er daraus machen könnte.
In der Tat findet er rasch Zutaten, die seine Idee reifen lassen:
Schweinekoteletts mit Beilagen. „Alles Produkte im Angebot“,
unterstreicht der staatlich geprüfte Betriebswirt für Hotellerie und
Gastronomie. Zu Hilfe kommt ihm dabei freilich auch, dass er
beispielsweise von dem 1,5-Kilo-Netz mit Kartoffeln nur die Hälfte
braucht. Die andere Hälfte lässt sich – so die Überlegung – später für
eine andere Mahlzeit einsetzen, Erdäpfel kann man ja gut einige Tage im
Haus aufbewahren. Das Gleiche gilt für Zwiebeln und anderes Gemüse. So
stehen am Ende für seinen Einkauf zwar mehr als 7,70 Euro auf dem
Kassenbeleg, aber da er nur einen Teil der Waren aktuell verwendet,
relativiert sich der Preis für das Gericht, das er zubereiten will.
Zurück vom Supermarkt, macht sich Kazim Barut, dem im Waldheim der
31-jährige Koch Güray Kanitürk zur Seite steht, an die Zubereitung.
Dafür benötigt der Profi, dem die verschiedenen Arbeitsschritte leicht
von der Hand gehen, etwa eine Stunde; der Amateur muss vielleicht etwas
mehr Zeit investieren.
Eine einfache Grundlage, die sich nach Belieben variieren lässt
Barut orientiert sich auch daran, dass nach Möglichkeit keine
Zusatzkosten entstehen sollen. Die Kürbissuppe bereitet er deshalb nach
einem einfachen Grundrezept zu, das sich noch vielfältig variieren
ließe, beispielsweise durch den Einsatz von Sahne oder Kokosmilch oder
durch die Beigabe anderer Gemüsesorten, je nach Geschmack, von Paprika
bis Süßkartoffel, um der Suppe noch einen gewissen Charakter zu
verleihen. Die Menge des Wassers, das man zugibt, hängt davon ab, ob die
Suppe am Ende flüssiger oder breiiger sein soll.
Auch beim Würzen kann sich der Koch, der im Waldheim seit nunmehr sechs
Jahren tätig ist, Variationen vorstellen, beispielsweise mit Curry.
Beliebt ist etwa die Zugabe von Ingwer. Offen lässt Barut überdies,
welches Öl am besten zu verwenden ist – je nach Sorte ergeben sich
andere Aromen, es entstehen aber auch unterschiedliche Kosten, die zu
den frisch eingekauften Zutaten am Ende noch hinzukommen. Dass er dann
die Kartoffeln nicht in Wasser kocht, wie das sonst üblicherweise
geschieht, sondern im Ofen gart, hat seinen Grund: Dadurch verlieren sie
Wasser, und es lässt sich eine bessere Konsistenz erzielen, um die Taler
zu formen. Die lassen sich wiederum nach Belieben würzen: Wer Thymian,
den Barut verwendet hat, nicht so mag, kann auch Rosmarin oder andere
Kräuter einsetzen. Und schließlich wendet er beim Rosenkohl einen
kleinen Kniff an: Statt ihn im Wasser weich zu kochen, blanchiert er die
Röschen nur – und brät sie später noch in der Pfanne mit dem Fleisch.
Das von Kazim Barut zusammengestellte Gericht hat nur wenig mit der
Biergartenseligkeit zu tun, die Waldheim-Besucher an diesem Ort
erwarten. In der Tat fährt der Inhaber der Gaststätte zwei Schienen: Im
Sommerhalbjahr bietet er den Gästen der Gartenwirtschaft die Speisen an,
die im Freien am meisten nachgefragt werden und schnell zuzubereiten
sind – Schnitzel, Burger, Pommes, Wurstsalat. Erfolg hat Barut auch mit
den Fritten von Sascha Wolter, wobei er gern die Abschnitte verwendet,
also die Ränder, die nicht die perfekte Kantenform haben und deshalb
teils kross, teils weicher auf den Teller kommen. Im Winterhalbjahr
hingegen, ab Oktober, wird die Karte kleiner, aber auch feiner. Dann
stehen saisonale, frisch gekochte Gerichte im Blickpunkt, die öfter
wechseln – alles selbst gemacht, auch die Spätzla und der
Kartoffelsalat. Dann ist es Zeit für Ochsenbäckla und echte Wiener
Schnitzel, also aus Kalbfleisch. „Ich experimentiere gern“, sagt Barut,
der auch das eine oder andere vegetarische oder vegane Angebot im
Programm hat. Wichtig ist für ihn, dass die Produkte gut sind: „Eine
Tomate muss nach Tomate schmecken.“ So sieht er durchaus
Qualitätsunterschiede zwischen Waren vom Discounter und Erzeugnissen aus
dem Fachgeschäft beziehungsweise von den Großhändlern, von denen er sich
üblicherweise die Zutaten holt.
Am Ende kann er das vorgegebene Budget für sein Gericht einhalten, ja,
es ist sogar noch über ein Euro Luft drin, um die Ausgaben für Gewürze,
Öl und Energie aufzufangen.
DAS REZEPT:
Kürbissuppe,
Schweinekotelett mit Thymian-
kartoffel-Talern, Rosenkohl und Rote-Bete-Salat
Rezept für 4 Personen
Zutaten:
4 Schweinekoteletts 2,99 €
500 g Rosenkohl 0,79 €
750 g Biospeisekartoffeln 0,89 €
250 g Rote Bete 0,45 €
1 Zwiebel 0,30 €
1 Ei 0,15 €
1 kg Hokkaido-Kürbis 0,99 €
Gesamtbetrag: 6,56 €
Zubereitung
Vorspeise Kürbissuppe:
1. Zwiebel in Würfel schneiden. Kürbis zerteilen, entkernen und in
Stücke schneiden, zusammen mit den Zwiebeln in etwas Öl im Topf
andünsten, mit Wasser aufgießen und weich kochen, dann pürieren und mit
Salz und Pfeffer würzen.
Hauptgericht Schweinekotelett:
2. Kartoffeln im Ofen bei 180 Grad weich garen, auskühlen lassen,
schälen, durch die Kartoffelpresse drücken und mit Thymian (frisch oder
getrocknet), Muskat, Salz und Pfeffer würzen. Dann ein Eigelb zugeben
und alles durchmischen. Aus der Masse Taler formen und die Stücke in Öl
oder Butter ausbacken.
3. Rote Bete in Salzwasser kochen, bis sie weich ist (mit einem
Messer prüfen), Wasser abgießen und die Rote Bete auskühlen lassen. Dann
in Scheiben oder Stücke schneiden, Zwiebel in kleine Würfel schneiden
und dazugeben. Den Salat mit Essig, Öl, Zucker und Salz würzen.
4. Rosenkohl putzen, blanchieren und zur Seite stellen.
5. Das Fleisch salzen und in einer heißen Pfanne mit Öl von beiden
Seiten anbraten. Den Rosenkohl dazugeben und mit anbraten. Dann alles
anrichten.