Digitalpakt: Auszahlung der Fördermittel stockt im Rems-Murr-Kreis

Zwar haben fast alle Schulträger im Rems-Murr-Kreis rechtzeitig ihre Medienentwicklungspläne eingereicht, die Mittel aus dem Digitalpakt Schule sind jedoch nur in wenigen Fällen schon ausgezahlt worden.

Die Mittel aus dem Digitalpakt Schule sollen es unter anderem ermöglichen, dass im Unterricht wie hier an der Eduard-Breuninger-Schule in Backnang Hilfsmittel wie Tablets zum Einsatz kommen. Archivfoto: Alexander Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Die Mittel aus dem Digitalpakt Schule sollen es unter anderem ermöglichen, dass im Unterricht wie hier an der Eduard-Breuninger-Schule in Backnang Hilfsmittel wie Tablets zum Einsatz kommen. Archivfoto: Alexander Becher

Von Lorena Greppo

Rems-Murr. Kurz vor dem Ende der Frist im April haben fast alle Schulträger im Rems-Murr-Kreis es noch geschafft, die ihnen zustehenden Gelder aus dem Digitalpakt Schule zu beantragen (wir berichteten). 149 von 166 öffentlichen und privaten Schulen im Landkreis Rems-Murr haben ein Freigabezertifikat für ihren Medienentwicklungsplan erhalten. Ein Medienentwicklungsplan ist Voraussetzung, um an Zuschüsse zu kommen. Er muss mit dem Antrag eingereicht werden. 19,3 Millionen Euro stehen den Bildungseinrichtungen im Rems-Murr-Kreis zur Verfügung. Die Mittelbindung im Kreis liegt aktuell bei etwa 90 Prozent. Von 174 Anträgen wurden erst 58 abschließend beschieden. 9,7 Millionen Euro wurden bisher bewilligt, ausgezahlt wurden aber nur knapp 2,7 Millionen Euro, also etwas mehr als ein Viertel. Das ergab eine Anfrage der FDP-Landtagsabgeordneten Julia Goll und Jochen Haußmann beim Kultusministerium. „Das ist Digitalisierung im Schneckentempo“, bemängeln sie. Das Land verdiene bei der Digitalisierung der Schulen im Rems-Murr-Kreis bestenfalls die Schulnote Vier minus.

Viele Gründe für verzögerte Auszahlung

Die Gründe für den zögerlichen Fluss der Mittel sind vielfältig. Für einige Träger ist es schlicht noch zu früh für die Auszahlung. Das zeigt sich am Beispiel der Kreisverwaltung. Der Rems-Murr-Kreis wartet nämlich noch auf 2,15 Millionen Euro für seine vier Schulen. Martina Keck, Pressesprecherin des Landratsamts, sagt dazu: „Es stimmt, dass wir die Mittel zwar bewilligt bekommen, die Auszahlung aber noch nicht beantragt haben. Dafür ist es im Prozess noch zu früh. Das liegt vor allem daran, dass sich ein Großteil der geplanten Anschaffungen derzeit noch in der Ausschreibung befindet. Das Geld kann jedoch erst angefordert werden, wenn ein bestimmter Teil der Maßnahme abgeschlossen wurde.“

Gemeinden warten seit Monaten auf die Auszahlung

In Spiegelberg hat die Gemeindeverwaltung ihre Hausaufgaben gemacht. Alle Klassenzimmer an der Grundschule Spiegelberg sind jetzt mit internetfähigem TV und Soundbar sowie einer Dokumentenkamera ausgestattet. Für Schülerinnen und Schüler wie auch für Lehrkräfte wurden Laptops und Tablets angeschafft. Ein Tabletwagen sorgt für eine geeignete Aufbewahrung, Transport und Ladefunktion. Wie Kämmerin Ina Krone auf Nachfrage schildert, wurde der Verwendungsnachweis bereits Ende März bei der zuständigen L-Bank eingereicht. Seitdem wartet die Gemeinde auf die Auszahlung. Sie habe nur die Rückmeldung bekommen, dass die L-Bank sehr viele Anfragen und Anträge zu bearbeiten habe und es daher zu einem außergewöhnlich langen Bearbeitungszeitraum kommen könne, so Krone.

Die Gemeinde Spiegelberg habe auch andere Fördertöpfe abgerufen – überall sei die Auszahlung schneller erfolgt. Und das, obwohl es beispielsweise in der Wasserversorgung um weitaus höhere Beträge ging. Ein Grund sei vermutlich folgender: „Der Digitalpakt ist ein bürokratisches Monstrum, dafür musste enorm viel eingereicht werden.“ All diese Unterlagen müssten ja auch geprüft werden. Von der L-Bank selbst war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu den Gründen für die Verzögerung zu bekommen.

Viele Schulen haben schon aufgerüstet

In Kirchberg an der Murr ist die Situation ähnlich. Die Gemeinde hat die Netzwerkinfrastruktur erneuern lassen, die Klassenzimmer ans WLAN angebunden, Tablets, Laptops und Beamer angeschafft und den „Multimedia-Raum“ mit 13 festen PCs ausgestattet. Für diese und weitere Maßnahmen wurde ebenfalls im März der Verwendungsnachweis eingereicht, wie Kämmerer Marius Vogel bestätigt. Auch er habe noch keine Rückmeldung von der L-Bank bekommen und vermutet: „Bei denen wird gerade die Hölle los sein.“

Auch in Sulzbach an der Murr war die Gemeinde früh in Vorleistung gegangen. Bereits im Juni 2020 reichte die Verwaltung als eine der Ersten im Kreis den Antrag ein. Unter anderem eine Netzwerkverkabelung aller Klassenzimmer soll gefördert werden, die Ausstattung mit WLAN, neue Server und PCs für die Schulräume sowie Flachbildfernseher. Kämmerer Sven Wohlfarth bestätigt, dass die Maßnahmen eigentlich abgeschlossen sind. Gemäß den aktuellen Zahlen des Kultusministeriums, welche Goll und Haußmann auf ihre Anfrage hin erhalten haben, ist aber auch hier noch keine Auszahlung erfolgt. „Backnang, das im Dezember 2021 seine Anträge gestellt und inzwischen bewilligt bekommen hat, ging bis dato leer aus“, kritisiert Julia Goll darüber hinaus. Darüber, wie weit die geplanten Maßnahmen an den elf Backnanger Schulen im Rahmen der Förderung fortgeschritten sind, konnte die Stadtverwaltung bis Redaktionsschluss keine Auskunft geben. Beim Ministerium angemeldet waren unter anderem der flächendeckende WLAN-Ausbau an diversen Schulen, eine Ausstattung mit Whiteboards, Tablets und Laptops sowie die Ausstattung oder Erneuerung von Unterrichtsräumen mit aktueller Präsentationstechnik.

In Burgstetten und Allmersbach ist alles über die Bühne gegangen

Manche der Schulträger sind allerdings schon ein ganzes Stück weiter. In Burgstetten beispielsweise sind die bewilligten gut 33000 Euro schon ausgezahlt, ebenso die etwa 47000 Euro für die Grundschule im Wacholder in Allmersbach im Tal. Auch die Gemeinde Aspach hat bereits einen Großteil der Mittel erhalten. Geld bekommen hat auch die Stadt Fellbach, die unter anderem für den Kauf von Servern, Rechnern und Monitoren, Switches, Whiteboards, Tablets mit Koffern und Netzwerkertüchtigung knapp 116000 Euro erhielt. Schorndorf wurden für das Max-Planck-Gymnasium und die Gottlieb-Daimler-Realschule insgesamt fast 955000 Euro ausbezahlt. Waiblingen erhielt rund 820000 Euro.

Doch wie sieht es eigentlich mit der Infrastruktur aus, in welche die Schulen eingebettet sind? Auch hierzu gab das Kultusministerium im Antwortschreiben auf die Kleine Anfrage den Landtagsabgeordneten Auskunft. Sämtliche Breitbandversorgungsdaten von einzelnen Stadt- und Landkreisen sowie von öffentlichen Einrichtungen seien im Breitbandatlas des Bundes auf der Internetseite der Bundesnetzagentur einsehbar. Die darin enthaltenen Datensätze würden je nach Ausbaufortschritt der Breitbandanbieter regelmäßig aktualisiert. „Laut der letzten Aktualisierung der Breitbandversorgungszahlen von Mitte 2021 verfügen 36 Prozent der Schulstandorte im Landkreis Rems-Murr über einen gigabitfähigen Internetanschluss.“ Gemäß den Daten verfügt keine einzige Schule im Rems-Murr-Kreis über einen FTTB-Anschluss (Fibre to the Building, also eine bis ins Gebäude verlegte Glasfaserleitung).

Glasfaser soll zu den Schulen gelegt werden

76 Schulstandorte werden derzeit über das Koaxialkabelnetz versorgt und sind somit mit gigabitfähigen Bandbreiten ausgestattet. Im Rahmen der Breitbandförderung von Bund und Land wurden Förderanträge für die Errichtung von Glasfaseranschlüssen für 39 Schulstandorte bewilligt. Ein Förderantrag zur Errichtung eines weiteren Schulanschlusses befindet sich derzeit noch in Vorbereitung.

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Erstellt:
8. August 2022, 06:00 Uhr

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