Backnanger Firma SMA stellt Antrag auf Insolvenz

Das Backnanger Metalltechnikunternehmen will mit einem Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung den Fortbestand sichern. Laut Insolvenzverwalter sind in Backnang und Halle (Saale) etwa 350 Mitarbeiter und 150 Leiharbeiter betroffen, der Löwenteil davon in Backnang.

Der SMA-Standort Backnang hat derzeit etwa 330 Beschäftigte. Die Löhne und Gehälter sind bis Ende des Jahres gesichert. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Der SMA-Standort Backnang hat derzeit etwa 330 Beschäftigte. Die Löhne und Gehälter sind bis Ende des Jahres gesichert. Foto: Tobias Sellmaier

Von Matthias Nothstein

Backnang. Das Unternehmen SMA hat maßgeblich zum Erfolg des Industrie- und Gewerbegebiets Lerchenäcker beigetragen. Nicht nur, dass es im Jahr 2003 das erste größere Unternehmen war, das sich in dem Gebiet angesiedelt hatte, es war all die Jahre auch das mit den meisten Beschäftigten. Nun musste die SMA Metalltechnik GmbH &Co. KG am Montag beim Amtsgericht Ludwigsburg einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung stellen. Der Schritt war unausweichlich geworden, nachdem das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist. Die übrigen Gruppengesellschaften an den Standorten in China, Rumänien und Südafrika haben keinen Insolvenzantrag gestellt.

Etwa 330 Beschäftigte in Backnang

An der wirtschaftlichen Schieflage haben auch die Restrukturierungsbemühungen der vergangenen Jahre nichts geändert. Noch vor zehn Jahren standen bei der SMA in Backnang 659 Mitarbeiter in Lohn und Brot, aktuell sind es nur noch etwa 330 Beschäftigte. Von der Insolvenz ebenfalls betroffen ist der Standort Halle mit zwei Dutzend Mitarbeitern. Immerhin geht der Geschäftsbetrieb der SMA Metalltechnik GmbH&Co. KG trotz des eingeleiteten gerichtlichen Sanierungsverfahrens ohne Einschränkungen weiter.

Dies bestätigt der Sanierungsexperte und Rechtsanwalt Martin Mucha von der Kanzlei Grub Brugger, der die SMA juristisch berät. Mucha ist für die Dauer des Verfahrens als Generalbevollmächtigter in das Unternehmen eingetreten und unterstützt die Geschäftsführung bei der weiteren Restrukturierung. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter sind über das Insolvenzgeld bis Ende Dezember 2022 gesichert. „Das verschafft uns Luft, um in den nächsten Monaten die Restrukturierung und die Sanierung der SMA-Gruppe voranzutreiben“, so Mucha. Zum juristischen Beraterteam der überregional tätigen Kanzlei Grub Brugger gehört auch Frank Schäffler, der für SMA zuständig ist. Zusätzliches wirtschaftliches Know-how und Restrukturierungskompetenz wird seitens der renommierten Unternehmensberatung Deloitte eingebracht.

Sanierung soll selbst gesteuert werden

Die Eigenverwaltung bietet Unternehmen einen rechtlichen Rahmen, um sich bei laufendem Geschäftsbetrieb in enger Abstimmung mit den Gläubigern neu aufzustellen. Im Unterschied zu einem regulären Insolvenzverfahren bleibt dabei die unternehmerische Verantwortung in den Händen der Geschäftsführung, welche die Sanierung selbst steuert. Das Insolvenzrecht erlaubt dies in Fällen, in denen Unternehmen bei wirtschaftlichen Problemen frühzeitig selbst tätig werden und genügend Handlungsspielraum für eine Lösung besteht. Beides ist bei der SMA der Fall. In der Eigenverwaltung setzt das zuständige Amtsgericht keinen Insolvenzverwalter, sondern einen sogenannten Sachwalter ein. Dieser überwacht ähnlich wie ein Aufsichtsrat das Verfahren im Interesse der Gläubiger. Als vorläufiger Sachwalter der SMA Metalltechnik GmbH&Co. KG wurde Rechtsanwalt Holger Leichtle aus der Kanzlei Görg Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB bestellt.

Lieferverträge sind in Verhandlung

„Ich bedauere den Schritt der Insolvenzanmeldung außerordentlich, zumal wir eine zufriedenstellende Auftragslage haben. Ich bin zuversichtlich, dass wir im Zuge des angestrengten Verfahrens unser Unternehmen neu und stabil aufstellen können, um zukünftig wieder erfolgreich am Markt zu agieren und um vor allem unsere Arbeitsplätze zu erhalten“, sagt Ralph Bast, CEO der SMA Metalltechnik GmbH&Co. KG.

Die börsennotierte Indus Holding AG ist die Gesellschafterin von SMA. Indus hat bereits am 23. September gemeldet, dass ihr Beteiligungsunternehmen SMA intensive Verhandlungen mit seinen Großkunden über eine Anpassung der bestehenden Lieferverträge führt. Jetzt teilt Indus mit: „Es ist SMA nicht gelungen, die notwendigen Anpassungen der bestehenden Lieferverträge zu erreichen. Die Geschäftsführung der SMA beantragt deshalb heute die Einleitung eines Eigenverwaltungsverfahrens mit dem Ziel einer Sanierung.“

Aus der Veröffentlichung der Gesellschafterin ist zu entnehmen, dass die SMA der Gesellschafterin in den Monaten November und Dezember einen Verlust von sieben Millionen Euro beschert hätte. Diese Entwicklung wollte die Gesellschafterin nicht mehr mittragen; von daher war die Insolvenz die logische Konsequenz. Laut Indus hat die SMA im Jahr 2022 bis zum aktuellen Zeitpunkt mehr als die Hälfte der (Ebit‑)Verluste im Segment Fahrzeugtechnik bei der Gesellschafterin verursacht.

Stadt ist überrascht von dem Schritt

Die Stadt Backnang bedauert, dass die Firma SMA den Schritt in die Insolvenz geht. Die Stadtverwaltung ist laut Matthias Friedrich, dem Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung-Stadtmarketing bei der Stadtverwaltung Backnang, überrascht von dem Schritt. Gleichzeitig hofft Friedrich in diesem Zuge jedoch auf eine Sanierung der Firma und den Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze am Standort Backnang. Die Wirtschaftsförderung steht dazu bereits in Kontakt mit dem Unternehmen und bietet hierbei, soweit wie möglich, ihre Unterstützung an. Matthias Friedrich: „Ob und wie diese im Konkreten aussieht, muss im Gespräch mit der Geschäftsführung noch festgelegt werden und ist auch abhängig vom weiteren Insolvenzverfahren.“

Anerkannter Spezialist für hochdichte Leitungen

Das Arbeitsfeld Als mittelständisches Unternehmen ist die SMA Metalltechnik ein international anerkannter Spezialist für hochdichte Leitungen. Einen Arbeitsschwerpunkt bilden Leitungen für Kühlmedien, um Innenräume oder auch Bauteile wie zum Beispiel Batterien zu kühlen. Zudem verfügt die SMA über eine hohe Kompetenz rund um Leitungen, die Wasser, Öl oder auch Druckluft transportieren. Eine umfassende Kombination aus Konstruktions-Know-how, Produktwissen und Fertigungskompetenz bildet die Basis für die Stellung der SMA im Markt, die das Unternehmen all die Jahre stetig ausgebaut hat.

Laut SMA-Homepage schätzen deutsche Premiumhersteller die Zusammenarbeit mit der SMA unabhängig davon, ob es um Großserien geht, die zuverlässige Realisierung kleinerer Volumen oder die kompetente Unterstützung bei der Entwicklung von Prototypen. Die SMA-Unternehmensgruppe beschäftigt an fünf Standorten in Deutschland (Backnang und Halle), Rumänien, Südafrika und China mehr als 1000 qualifizierte und motivierte Mitarbeiter. Zu den Kunden gehören die weltweit größten und bedeutendsten Automobil- und Nutzfahrzeughersteller sowie wichtige Zulieferer.

Mehr Informationen gibt es unter www.sma-metalltechnik.de.

Die Verwalter Grub Brugger ist seit über 50 Jahren eine auf das Insolvenz-, Sanierungs- und Wirtschaftsrecht spezialisierte Kanzlei, die von ihren Standorten Stuttgart, München, Frankfurt am Main und Freiburg im Breisgau aus mit gut 50 Berufsträgern bundesweit agiert. Frank Schäffler ist Partner am Standort Stuttgart. Er berät regelmäßig Unternehmen in Restrukturierungs- und Sanierungssituationen, darunter auch in Eigenverwaltungsverfahren.

Martin Mucha ist Fachanwalt für Insolvenzrecht. Er wurde im Ranking der Wirtschaftswoche unter den renommiertesten Anwälten für Restrukturierung aufgeführt. Deloitte Turnaround& Restructuring hilft seinen Kunden, wettbewerbsfähig zu bleiben und in eine branchenübliche Renditezone zurückzukehren.

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Erstellt:
26. Oktober 2022, 06:00 Uhr

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