Backnanger Kinosessel für das eigene Wohnzimmer

Bei der Stuhlausbauaktion im Universum dürfen die Gäste nach dem neuen Film von Til Schweiger ihre gebuchten Kinosessel eigenhändig abschrauben und mit nach Hause nehmen. In dem Kinosaal wird damit Platz für eine Neugestaltung geschaffen.

Auch Jonas Oppenländer aus Fornsbach sicherte sich einen Kinosessel.

© Alexander Becher

Auch Jonas Oppenländer aus Fornsbach sicherte sich einen Kinosessel.

Von Kai Wieland

Backnang. Der Abspann der Films „Manta Manta – Zwoter Teil“ von und mit Til Schweiger lief noch, als im Kinosaal zwei des Universums Backnang ungewohnte Geschäftigkeit ausbrach. Neben Popcorn und Cola hatten die Kinogäste am Dienstagabend nämlich auch Werkzeugkoffer, Schraubenzieher und Schraubenschlüssel mitgebracht und machten sich sogleich ans Abschrauben und Davontragen der insgesamt 99 grün-blauen Kinosessel.

Erfreulicherweise handelte es sich diesmal nicht um einen neuen TikTok-Trend wie bei den Randalevorfällen rund um den Film „Creed 3“ (wir berichteten). Viel mehr hatte die Betreiberfamilie Eppler höchstselbst die Besucher zum Abschrauben und Mitnehmen der Kinosessel aufgerufen: „Schrauber-Action trifft auf Schrauber in Aktion“ lautete das Motto – und das übrigens nicht zum ersten Mal.

Ein Gewinn für alle Seiten

„Wir haben solche Events schon öfter organisiert, wenn wir Kinosäle sanieren wollten“, erklärte Julia Eppler. „Das ist letztlich eine tolle Sache für alle Beteiligten. Wir brauchen keine Handwerker und haben keine Entsorgungskosten, die Leute wiederum freuen sich darüber. Wir bekommen oft auch im Nachhinein noch Bilder der Sessel an ihrem neuen Ort zugeschickt. Diese Aktionen sind immer ein voller Erfolg.“

Auch diesmal war die Vorstellung ausgebucht, einige Leute ließen sich sogar auf eine Warteliste setzen in der Hoffnung, dass Stühle übrig bleiben würden. „Das kommt allerdings so gut wie nie vor“, sagte Julia Eppler und vertröstete damit auch eine Frau, die spontan vorbeigekommen war, um mit etwas Glück doch noch einen überzähligen Sessel zu ergattern.

Ein ungewöhnliches Bild: Kinogänger trugen in Scharen Kinosessel aus dem Universum. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Ein ungewöhnliches Bild: Kinogänger trugen in Scharen Kinosessel aus dem Universum. Foto: Alexander Becher

Dass die Wahl auf den neuen Film von Til Schweiger fiel, hatte vor allem zwei Gründe: Zum einen habe es wegen des Schraubermotivs thematisch gut gepasst, zum anderen sei der Film anders als etwa „John Wick 4“ ab zwölf Jahren freigegeben und schließe damit keine Familien aus, erklärte Julia Eppler. Auf den zusätzlichen Rückenwind sei der Film nicht angewiesen: „Er ist auch so gut angelaufen.“

Nach dem Film summte es wie in einem Bienenstock: Die Schrauber schafften unter den Sitzen, Helfer reichten Werkzeug oder flitzten von A nach B. Schon nach wenigen Minuten wurden die ersten Sitzkombinationen die Treppe hinunter ins Freie getragen, ein paar Flaschen Bier nahmen den entgegengesetzten Weg hinauf in den Saal. Zwischen all dem Gewusel drängten sich auch zwei Filmteams durch die Sitzreihen, um das Spektakel zu dokumentieren.

Der erste Schritt zum Heimkino

Natürlich war keiner der Gäste allein gekommen. Die Verstärkung machte sich nicht nur beim Abbau bezahlt, sondern auch aus technischen Gründen: Da sich jeweils zwei Sessel eine Armlehne und Halterung teilen, mussten drei Plätze gebucht werden, damit man unterm Strich ein komplettes neues Möbelstück sein Eigen nennen durfte. Die restlichen Rückenpolster und Sitzflächen wurden als Ersatzteile aber ebenfalls nicht verschmäht.

Vor Ort waren unter anderem Miriam Hager und Anja Krauter aus Allmersbach am Weinberg, die sich mit einem Kinositz aber nicht zufriedengaben. „Bei uns ist quasi das halbe Dorf mit angereist, wir nehmen fast eine ganze Reihe mit“, sagte Anja Hager. Die bequemen Sessel sollen den heimischen Hobbyraum bereichern. Natürlich drehte sich an diesem Abend alles um die Polstermöbel, aber die Gruppe hatte sich durchaus auch auf den Film selbst gefreut. „Ich bin Friseurin, da ist das quasi ein Pflichttermin“, sagte Miriam Hager schmunzelnd. Natürlich kenne sie auch den Kultfilm von 1991, der ihr im Übrigen besser gefallen habe als der „zwote Teil“.

Weitere Aktionen sind geplant

Zwei Reihen weiter vorne kniete Jonas Oppenländer aus Fornsbach und schraubte fleißig an seinem neuen Sessel, der nun in sein Loft einziehen soll. Ein richtiges Heimkino also? „Sozusagen, aber der Fernseher ist dafür noch ausbaufähig“, sagte der junge Mann und werkelte weiter. Auch er sei vor allem des Sessels wegen gekommen, aber der Film habe ihm auch gefallen, erzählte der 31-Jährige: „Ein typischer Schweiger.“ Auch den alten „Manta, Manta“ hat er gesehen, aber natürlich nicht im Kino. „Ich glaube, ich war damals zwei Jahre alt“, sagte er lachend.

So war der Kinosaal bald geleert, der Neugestaltung steht nun nichts mehr im Wege. Eine Frau erkundigte sich bei Julia Eppler, ob eine solche Aktion bald wieder geplant sei. „Bestimmt“, antwortete diese. „Aber nicht mehr in diesem Jahr.“

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Erstellt:
6. April 2023, 06:00 Uhr

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