Backnangs Geschichte, kinderleicht erklärt

Stadtführerin Christina Rieger bringt Kindern die Geschichte Backnangs nahe. Auf ihrem Rundgang durch die Innenstadt geht es um die badischen Markgrafen, die Stiftskirche und den Stadtturm, die mittelalterliche Feuerwehr und den Beruf des Gerbers.

„Warum steht ein Badener mitten in Württemberg?“ Zur Markgraf-Skulptur auf dem Stiftshof fällt den Kinder so einiges ein. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

„Warum steht ein Badener mitten in Württemberg?“ Zur Markgraf-Skulptur auf dem Stiftshof fällt den Kinder so einiges ein. Foto: A. Becher

Von Annette Hohnerlein

Backnang. „Woher kommt der Name Backnang?“ Für einen der jungen Teilnehmer ist die Sache klar: „Weil hier viel gebacken wird.“ Da muss Stadtführerin Christina Rieger korrigieren. Der Name Backnang sei keltischen Ursprungs und bedeute so viel wie „Hügel“ und „sumpfig“. Wenig schmeichelhaft ist auch die Übersetzung des Namens des Flusses, der durch Backnang fließt. Das Wort Murr stand einst für „stinkig und modrig“. Als Rieger nach den Backnanger Stadtfarben fragt, kommt dagegen die richtige Antwort wie aus der Pistole geschossen: Blau und Gelb.

16 Kinder, begleitet von ihren Eltern und Großeltern, führt Rieger am Karsamstag durch Backnang und bringt ihnen die Geschichte der Stadt näher.

Bei der Bronzeskulptur des Markgrafen Hermann auf dem Stiftshof erzählt sie aus einem Kapitel der Backnanger Stadtgeschichte, das für die Kinder nicht ganz einfach zu verstehen war. „Warum steht ein Badener mitten in Württemberg?“, fragt sie und liefert auch gleich die Antwort: „Weil Backnang damals zu Baden gehörte.“ Einfach war dagegen die Lösung, die der Herzog von Württemberg für das Problem fand: Er heiratete die Tochter eines badischen Markgrafen, die die Stadt als Mitgift mit in die Ehe brachte; fortan gehörte Backnang zu Württemberg. Während der Erläuterungen der Stadtführerin entdecken ein paar Kinder, wie schön metallisch es klingt, wenn man mit den Händen auf den markgräflichen Bauch trommelt.

Ein paar Schritte weiter macht die Gruppe bei der Stiftskirche und dem Stadtturm halt. Einfach und kindgerecht erklärt Christina Rieger ihren Zuhörern, dass es ebenfalls mit Markgraf Hermann zu tun hat, dass Backnang einen Turm ohne Kirche und gleich nebenan eine Kirche ohne richtige Türme hat. Buchstäblich ein Höhepunkt ist die anschließende Besichtigung des Stadtturms und ein Rundgang in luftiger Höhe. Auf halbem Weg nach oben gibt es eine Überraschung: Für jedes Kind steht eine Tüte mit Osterleckereien bereit.

In einer Zwischenetage sind in einer Vitrine einige alte Pistolen ausgestellt, die das Interesse von Valentin wecken. Der Sechsjährige ist mit seinen Eltern und seinem kleinen Bruder Jonathan aus Großaspach gekommen. Er interessiert sich sehr für Geschichte und kann der Führung gut folgen: Alles verstanden, Daumen hoch. Veronika dagegen findet den Stadtturm ziemlich furchterregend; als während der Besichtigung die Glocken in voller Lautstärke zu schlagen beginnen, bekommt die Fünfjährige Angst und drängt sich an ihre Mutter Inna Kelm. Diese findet es wichtig, dass man mit Kindern nicht nur andere Städte besucht, sondern auch ihr Interesse für die eigene Heimat weckt. Deshalb habe sie sich und ihre Tochter bei der Führung für Kinder angemeldet, welche die Stadtverwaltung in regelmäßigen Abständen anbietet.

Hoch oben im Stadtturm befand sich früher die Wohnung des Türmers, erzählt Rieger. Einen schönen Blick habe er von dort gehabt; andererseits habe er jede einzelne Wasserflasche die vielen Treppen hochschleppen müssen. „Worauf muss denn der Türmer aufpassen?“, möchte die Führerin von den Kindern wissen. „Dass nichts runterfällt“, „dass nichts beschädigt wird“, „Alarm schlagen, wenn die Feinde kommen“, „oder wenn es brennt“, lauten die Vorschläge der Kinder.

Richtig: „Die Alarmierung im Falle eines Brands war eine wichtige Aufgabe des Türmers“, bestätigt Rieger. Denn eine Feuerwehr habe es im Mittelalter nicht gegeben. Aber man habe sich zu helfen gewusst. Jeder Bürger musste sich bei seiner Heirat einen Eimer anschaffen. Bei Feueralarm hätten die Backnanger eine Menschenkette zur Murr gebildet und das Löschwasser in Eimern weitergegeben.

Am Beispiel des Rathauses zeigt Rieger den Kindern, was der Stadtbrand angerichtet hatte: Von vielen Häusern war nur der Sockel aus Stein übrig geblieben, die oberen Stockwerke aus Fachwerk hatte das Feuer zerstört. Besonders interessant finden die Kinder die Geschichte über den Gänsekrieg, die Rieger auf dem Marktplatz, am Gänsebrunnen, erzählt. Die Haltung von Gänsen sei damals für arme Leute wichtig gewesen, denn sie dienten ihnen nicht nur als Nahrung, sondern auch als Lieferanten für Daunen und Schreibfedern oder als Alarmanlage. Deshalb hätten die Backnanger gegenüber dem Herzog durchgesetzt, dass er ein Verbot aufhob und die Haltung der Tiere wieder erlaubte. Am Ende der Führung geht Rieger noch kurz auf die Skulptur auf dem Feuerwehrkreisel ein, die die Gruppe vom Freithof aus gesehen hat. „Sie zeigt zwei Gerbermesser. Denn Backnang war berühmt als süddeutsche Gerberstadt.“

Buchstäblich ein Höhepunkt ist die anschließende Besichtigung des Stadtturms.

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Erstellt:
19. April 2022, 16:00 Uhr

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