Betreiberwechsel beim Imbiss auf der Bleichwiese

Imbissgeschäft mit Kultstatus: Rote und Currywurst, Schnitzelbrötchen und natürlich Pommes frites gehen beim Bleile an der Murr in Backnang beinahe im Minutentakt über die Theke. Nach über 60 Jahren endet dort in Kürze eine Ära und ein neuer Betreiber übernimmt den Stand.

Gisela Grokenberger hat mehr als 40 Jahre der über 60-jährigen Betriebsgeschichte mitgeprägt.

© Alexander Becher

Gisela Grokenberger hat mehr als 40 Jahre der über 60-jährigen Betriebsgeschichte mitgeprägt.

Von Bernhard Romanowski

Backnang. Herbert Grönemeyer hat ihr einen Song gewidmet. Im Ruhrgebiet nennt man sie manchmal sarkastisch, aber dennoch liebevoll „Phosphatstange“. Wo genau sie nun eigentlich herkommt und wo sie am leckersten zubereitet wird, darüber lässt sich vortrefflich streiten. Doch für viele Backnanger ist klar: Die beste Currywurst gibts beim Bleile. Der Imbissstand auf der Bleichwiese an der Murr ist nun schon seit über 60 Jahren ein Anziehungspunkt für alle Hungrigen. Doch am 18. Juni endet diese Ära: Die Familie Grokenberger gibt das Geschäft auf. Ein herber Schlag für die vielen Stammkunden aus Backnang und Umgebung. Allerdings hat sich bereits ein Nachfolger gefunden, der den Stand weiterbetreiben will.

Der Name des Kultimbisses geht auf Willi Bleile zurück, der das Geschäft auf der Bleichwiese gegründet hat. „1957 oder 58 dürfte das gewesen sein“, erzählt Gisela Grokenberger beim Besuch unserer Zeitung. Sie ist mit dem Enkel des Wurstverkäufers Bleile, mit Horst Grokenberger, verheiratet, der das Geschäft ab dem Jahr 2000 mit ihr von seinem Vater – ebenfalls Horst Grokenberger geheißen – übernahm und mit viel Herzblut weiterführte.

Mit ihrem Sohn Tobias, der 2017 mit ins Geschäft kam, steht nun schon die vierte Generation der Familie am Grill. Die Standbetreiberin weist derweil mit dem Finger auf das Trafohaus auf dem Parkplatz. Dort war auch einmal der Standort des Geschäfts. „Mit seinem Mofa und einem Hängerle dran fuhr der Großvater jeden Morgen aus der Sulzbacher Straße hierher zu seinem Stand“, erzählt Gisela Grokenberger (geborene Göhner). Zwischenzeitlich hatte das Geschäft seinen Standort eine Zeit lang nahe der Holzbrücke über die Murr. Zuletzt folgte der Umzug an den jetzigen Platz. Den hatte die Geschäftsfrau ausgesucht, was sich als sehr gute Wahl herausstellte. Denn mit der Errichtung des neuen und immer sehr gut besuchten Spielplatzes gleich daneben kam noch mehr Laufkundschaft zum Imbiss. Über einen Mangel an Gästen konnten sich die Grokenbergers ohnehin nie beklagen. Morgens stehen meist schon hungrige Handwerker vor der Theke, mittags kommen die Mitarbeiter aus den umliegenden Firmen dort essen und abends gibt es auch viele Kunden, die sich beim Ausgehen an Currywurst, Pommes, Roter Wurst oder Schnitzelbrötchen laben. Auch die Backnanger Stadtverwaltung macht keinen Bogen um das Geschäft. „Oberbürgermeister Maximilian Friedrich isst öfters bei uns. Auch sein Vater kam schon zu uns“, verrät Gisela Grokenberger. Das bestätigt der OB auf unsere Nachfrage: „Ich war bereits als Kind regelmäßig mit meinem Vater Peter E. Friedrich dort. Er war immer gerne dort und hat mir erzählt, dass er beim Bleile die erste Currywurst seines Lebens gegessen hat.“ Solche Geschichten hört man viele, wenn man die Leute am Stand anspricht. „Ich komme auch schon seit 40 Jahren her. Früher mit den Eltern. Bleile war immer ein Highlight, wenn man nach Backnang zum Einkaufen fuhr“, berichtet Claudia Barnickel, die mit ihrer Tochter aus Erbstetten gekommen ist und sich in die Kundenschlange eingereiht hat.

Tobias Grokenberger dreht die Würste mit Liebe und Sachverstand, kehrt aber in Kürze in seinen alten Beruf zurück und hat dann auch mehr Zeit für seine Kinder.  Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Tobias Grokenberger dreht die Würste mit Liebe und Sachverstand, kehrt aber in Kürze in seinen alten Beruf zurück und hat dann auch mehr Zeit für seine Kinder. Fotos: Alexander Becher

Die Kunden kommen in Scharen, manche sogar dreimal am Tag, kurz: Der Laden läuft. Warum also hören die Grokenbergers auf? Die Imbisschefin, die seit 1980 dabei ist, erläutert die Gründe: Zum einen erlitt Gisela Grokenberger vor einigen Jahren eine Gehirnblutung, mit deren Folgen sie noch zu kämpfen hat. Damals feierte ihr Sohn Tobias erst seinen Urlaub ab und stieg dann ganz ein, um die Mutter zu unterstützen. Vater Horst fährt derweil Lastwagen. „Den könnet sie net anbinde“, weiß seine Frau.

Selbst die Bauern vom Krämermarkt schwenkten auf Currywurst um

Zum anderen findet sich einfach kein Personal mehr, das die vielen Stunden von morgens ab 9 Uhr bis in die Abendstunden am Grill stehen will. Die 59-Jährige will noch etwas vom Ruhestand haben und nicht wie der Großvater ihres Mannes enden, der quasi mit Beendigung des Arbeitslebens verstarb. Sie und ihr Mann haben in Sachsenweiler einen großen Garten, ein Wohnmobil, mit dem sie mehr auf Reisen gehen wollen, und mehr Zeit für die beiden Enkel soll es dann auch geben. „Langweilen werde ich mich jedenfalls nicht“, sagt sie. Und Sohn Tobias hat dann auch wieder mehr Zeit für seine beiden Kinder, wenn er in seinen Beruf als Fensterbauer zurückkehrt.

Leichter werde das Geschäft im Übrigen auch nicht, da die Leute – ihre Stammkunden freilich ausgenommen – zusehends anstrengender werden. Kopfschüttelnd berichtet die Geschäftsfrau von jemandem, der etliche Portionen Pommes frites telefonisch bestellte und erst beim Abholen empört anmerkte, dass er sie ohne Salz wolle. „Eine Familie hat sogar ihr eigenes Salz mitgebracht, und der Familienvater bestellte sich einen Hamburger – ohne Fleisch“, erzählt sie. Da lobt sie sich doch die Bauern, die seinerzeit immer zum Backnanger Krämermarkt kamen: „Da mussten dann schon immer zwei Reihen Rote Wurst auf dem Grill liegen. Aber auch sie sind irgendwann auf unsere Currywurst umgeschwenkt. Die geht halt am besten.“

Aspacher übernimmt

Kein Schnitzelbrötchen Ersan Dalipi heißt der Gastronom, der den Bleile-Imbiss auf der Bleichwiese übernimmt. Der Aspacher beginnt sein Geschäft dort am 1. Juli und wird – wie im Imbiss auf dem Baywa-Parkplatz in Backnang, den er seit Oktober betreibt – bis auf das Schnitzelbrötchen das Gleiche anbieten wie seine Vorgänger. Zusätzlich offerieren er und seine Frau aber noch Cevapcici und Pljeskavica, ein Hackfleischgericht vom Balkan.

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Erstellt:
11. Juni 2022, 06:00 Uhr

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