Streitgespräch mit der AfD
Boris Palmer setzt sich durch: AfD lässt Stream löschen
Ein rechter Youtuber hat beim Palmer-Frohnmaier-Rededuell im Inneren der Halle gefilmt – zu Unrecht. Jetzt werden die Bilder gelöscht, doch sie sind längst in der Welt.

© Christoph Schmidt/dpa
Darauf hat die AfD offenbar gehofft: Im Saal kommt es zu chaotischen Szenen.
Von Eberhard Wein
Im Streit um einen unautorisierten Streaming-Mitschnitt vom Rededuell zwischen Boris Palmer und dem AfD-Landeschef Markus Frohnmaier am Freitag vor einer Woche in Tübingen hat sich die Stadt jetzt durchgesetzt. Die Bilder aus dem Inneren der Hermann-Hepper-Halle sind nicht mehr online. Der Betreiber des in rechtsextremen Kreisen beliebten Youtube-Kanals Weichreite, der sächsische AfD-Kommunalpolitiker Sebastian Weber, löschte die entsprechenden Sequenzen.
Palmer setze Menschen unter Druck, „das geht gar nicht in einer Demokratie“, erklärte Weber auf seinem Kanal, der auf die Übertragung von AfD-Veranstaltungen und rechtsradikalen Demonstrationen spezialisiert ist und durch Spenden und Plattformgelder offenbar erhebliche Einnahmen erlöst. Palmer verwies hingegen auf seine Absprachen mit der AfD, die er im Vorfeld zur Bedingung für das Streitgespräch gemacht hatte. Demnach sollte nur die Bühne live gezeigt werden. Er wolle Tübinger Bürger schützen. Er verlange deshalb, dass die AfD sich an diese Absprachen halte.
„Ich bin ja kein Kriminalpolizist“
Dies war nun der Fall. Der Göppinger AfD-Landtagsabgeordnete Sandro Scheer habe ihm inzwischen „nach langem Hin und Her“ schriftlich zugesagt, dass die Bilder wieder gelöscht würden. Scheer hatte das Gespräch ursprünglich eingefädelt. Die Filmaufnahmen im Inneren der Halle seien ohne sein Wissen entstanden, habe ihm Scheer versichert, sagte Palmer. Ob das stimme, könne er nicht nachprüfen, „ich bin ja kein Kriminalpolizist“.
Tatsächlich wurden die Aufnahmen von Scheers Mitarbeiter Uwe von Wangenheim erstellt. Weber, der für sein konfrontatives und aggressives Auftreten gegenüber Gegendemonstranten bekannt ist, keinen offiziellen Presseausweis besitzt und auch nicht akkreditiert war, war von der Stadt an der Halle abgewiesen worden. Wie aus dem Livestream hervorgeht, hatte er allerdings vorgesorgt und im Vorfeld nach einem „Kamerapraktikanten“ Ausschau gehalten. Dafür wurde ihm von Wangenheim vermittelt, der von der AfD sein Ticket für die Halle bekommen hatte. Wer den Kontakt herstellte, ist unklar.
Allerdings fanden die Weichreite-Bilder ohnehin längst im Netz weitere Verbreitung. Das Nius-Portal von Ex-Bild-Chef Julian Reichelt und zahlreiche weitere rechte Blogger verwendeten Ausschnitte, um die Gegendemonstranten als linke Chaoten darzustellen. „Das ist heute üblich in den Sozialen Medien. Das lässt sich nicht verhindern“, sagte Palmer. Allerdings wäre es aus seiner Sicht klüger gewesen, wenn die Demonstranten gar nicht erst die chaotischen Szenen im Saal geliefert hätten, auf die die AfD augenscheinlich gehofft habe. Weitere Lehren aus dem Abend zog Palmer nicht. „Eine Veranstaltung in diesem Format wird es sowieso nicht noch einmal geben.“