Bundesbank: Firmenpleiten werden kommen

dpa Frankfurt/Main. Banken und Sparkassen haben in der Corona-Krise bislang ihre Aufgabe erfüllt, die Kreditvergabe läuft. Doch der eigentliche Härtetest steht dem Finanzsystem nach Einschätzung der Bundesbank noch bevor.

Claudia Buch, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank. Foto: picture alliance / dpa

Claudia Buch, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank. Foto: picture alliance / dpa

Die Deutsche Bundesbank hat an die Kreditinstitute appelliert, den Geldhahn in der Corona-Krise auch bei steigenden Firmenpleiten offen zu lassen.

„Banken sollten ihre vorhandenen Kapitalpuffer nutzen, um weiterhin angemessen Kredite zu vergeben“, sagte Claudia Buch, Vizepräsidentin der Bundesbank, bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2020. Momentan hätten die Banken Kapitalpuffer, um höhere Verluste aufzufangen.

Bislang hat sich der Bundesbank zufolge das deutsche Finanzsystem in der Krise als stabil erwiesen. „Die Banken funktionieren, die Kreditvergabe läuft. Aktuell erfüllt das Bankensystem damit seine zentrale Rolle“, sagte Joachim Wuermeling, das für Bankenaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstandsmitglied. Allerdings müssen sich die Institute auf eine steigende Zahl von Firmeninsolvenzen und damit verbundene Kreditausfälle einstellen.

Durch die Reformen nach der schweren Finanzkrise 2008 sind die Finanzhäuser nach Einschätzung der Notenbank besser kapitalisiert und grundsätzlich gerüstet. Allerdings seien die Simulationen mit großer Unsicherheit behaftet. Es seien auch Szenarien möglich, in denen Insolvenzen und die damit verbundenen Kreditausfälle unerwartet stark stiegen, hieß es in dem Bericht. Dies würde die Kapitalquoten der Banken belasten.

Die Banken könnten in der Folge ihre Kreditvergabe einschränken, um die vom Markt und der Aufsicht geforderten Eigenkapitalquoten einzuhalten. Dadurch würde die Konjunkturerholung gebremst oder ein Wirtschaftseinbruch verschärft. Deshalb sollten die Institute bestehende Kapitalpuffer nutzen, die in guten Zeiten aufgebaut worden seien, damit sie in Krisenzeiten genutzt werden könnten.

Die Bundesbank rechnet damit, dass die Unternehmensinsolvenzen in den ersten Monaten des Jahres 2021 auf mehr als 6000 Fälle pro Quartal steigen. Das wären weniger als in der globalen Finanzkrise, als etwa 8000 Unternehmen pro Vierteljahr betroffen waren.

Auch wenn die Bundesbank die Branche im Grundsatz gerüstet sieht, bei manchem Institut könnte die Krise Wuermeling zufolge gravierende Schäden hinterlassen. Niedrigzinsen und Strukturwandel belasten die Branche ohnehin. „Es ist unschön, wenn bei einem stotternden Motor auch noch ein Reifen platzt“, sagte der Bundesbank-Vorstand.

Bisher hat die Corona-Krise den Angaben zufolge allerdings kaum zu höheren Wertberichtigungen in den Bilanzen der Banken geführt. Die Zahl der Firmenpleiten ist in Deutschland überschaubar, vor allem wegen der seit Frühjahr ausgesetzten Insolvenzantragspflicht. Die Bundesregierung verlängerte jüngst die Sonderregelung bis Ende 2020 im Fall einer Überschuldung. Für Firmen, die zahlungsfähig sind, gilt die Verlängerung nicht. In etwa 90 Prozent der Fälle ist Zahlungsunfähigkeit Grund für eine Insolvenz. Experten rechnen daher mit einer steigenden Zahl von Firmenpleiten.

Auf dem Markt für Wohnimmobilien sind die Folgen der Pandemie der Notenbank zufolge bislang kaum sichtbar. Selbstgenutztes Wohneigentum verteuerte sich im zweiten Quartal demnach bundesweit um knapp 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Banken vergaben auf Jahresbasis gerechnet zuletzt rund 6 Prozent mehr Wohnungsbaukredite. Am Gewerbeimmobilienmarkt könnten sich steigende Insolvenzen und eine geringere Nachfrage nach Büroflächen allerdings negativ auswirken, erklärte die Bundesbank.

© dpa-infocom, dpa:201013-99-924953/3

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Erstellt:
13. Oktober 2020, 13:04 Uhr

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