Bundestag erklärt vier Staaten für sicher

Algerien, Marokko, Tunesien und Georgien sollen sichere Herkunftsländer werden – Gesetz dürfte im Bundesrat erneut scheitern

Berlin/Stuttgart (AFP/dpa). Der Bundestag hat der Einstufung der Maghreb-Länder Algerien, Marokko und Tunesien sowie Georgiens als sichere Herkunftsstaaten mit deutlicher Mehrheit zugestimmt. Für den Gesetzentwurf der Bundesregierung votierten am Freitag in namentlicher Abstimmung 509 Abgeordnete, dagegen waren 138 bei vier Enthaltungen. Zuvor hatte Innenminister Horst Seehofer (CSU) für die Regelung geworben. Damit würden die Asylverfahren für Menschen aus jenen Ländern beschleunigt, zudem könnten sie im Falle einer Ablehnung schneller zurückgeführt werden.

Die Zustimmung des Bundestags war erwartet worden. Allerdings kann die Regelung nur in Kraft treten, wenn auch der Bundesrat zustimmt. Dies scheiterte schon einmal am Widerstand der Grünen in der Länderkammer, der sich auch jetzt wieder abzeichnet.

Seehofer argumentierte mit den ohnehin sehr niedrigen Erfolgsaussichten für Asylbewerber aus den vier betroffenen Ländern. So habe die Anerkennungsquote 2018 für Menschen aus Algerien 1,2 Prozent be- tragen, für Menschen aus Marokko 2,3 Prozent. Aus Tunesien seien 1,9 Prozent der Asylanträge positiv beschieden worden, aus ­Georgien nur 0,3 Prozent. Seehofer verwies auf das Verfahren mit den Westbalkan-Staaten: Hier sei durch die Anerkennung als sichere Herkunftsstaaten der „missbräuchliche Asylanspruch“ deutlich zurückgedrängt worden. Zugleich hob er hervor, der individuelle Anspruch auf Asyl bleibe erhalten.

Für die Grünen bekräftigte die Abgeordnete Luise Amtsberg das Nein zu dem Gesetzentwurf. Die Groko wolle den Menschen vorgaukeln, dass mit der Einstufung als sichere Herkunftsstaaten tatsächliche Probleme in der Asylpolitik gelöst werden könnten. Tatsächlich müssten aber andere Dinge dringend angegangen werden, etwa eine Verbesserung der Strukturen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) oder Maßnahmen für Integration.

Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke lehnte die Einstufung als sichere Herkunftsländer ebenfalls ab. Diese mache eine unvoreingenommene Prüfung der Asylanträge unmöglich. Der AfD-Politiker Lars Herrmann erklärte, das geplante Gesetz sei längst überfällig und dringend geboten. Allerdings erlaube es lediglich, Asylverfahren schneller abzuschließen; eine Ablehnung bedeute keinesfalls, dass der Betroffene ausreisen müsse, monierte Herrmann.

Der SPD-Abgeordnete Helge Lindh verteidigte den Gesetzentwurf gegen Kritik. Geplant sei eine „Vermutungsregelung“, wonach Asylanträge aus den vier Staaten unbegründet seien. Jeder Einzelne habe aber weiterhin mit einer regulären Anhörung die Möglichkeit, diese Vermutung zu widerlegen, betonte Lindh. Die Organisation Pro Asyl erklärte, in den betreffenden vier Ländern „werden Minderheiten diskriminiert und insbesondere Homosexualität geahndet“.

Das von Grün-Schwarz regierte Baden-Württemberg hält sich das Votum im Bundesrat zunächst offen. Zwar sagte Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU) am Freitag: „Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wird an uns nicht scheitern“. Das von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geführte Staatsministerium wollte sich aber noch nicht auf ein Votum festlegen.

Strobl sagte zum Verhalten der Grünen im Bundestag: „Ich kann nicht nachvollziehen, wie es die Grünen vor der Bevölkerung verantworten wollen, wenn dieses wichtige, wirklich hilfreiche Instrument an ihnen scheitert.“ Im Bundestag sei es auf die Grünen nicht angekommen. „Aber im Bundesrat sind sie gefragt.“

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Erstellt:
21. Januar 2019, 16:10 Uhr

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