Buntmetall-Diebe vergreifen sich an Gedenktafeln

Unbekannte stehlen auf dem Backnanger Stadtfriedhof 14 Bronzetafeln – Beute mit brachialer Gewalt aus der Wand der Aussegnungshalle herausgerissen

Skrupellose Diebe haben in der Nacht auf Dienstag auf dem Stadtfriedhof Backnang 14 Gedenktafeln aus Bronze mit brachialer Gewalt aus den Verankerungen gerissen und mitgenommen. Auf den Tafeln stehen die Namen jener Backnanger, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind. Auch wenn der Sachschaden immens ist, so erschreckt noch mehr die Schändlichkeit dieses Frevels.

Nur noch die Umrisse der Gedenktafeln zeugen von deren Existenz. Auf den Tafeln standen die Namen der 323 gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs, die aus Backnang stammten, und die Namen der Mitarbeiter der Firma Adolff, die als Soldaten im Ersten Weltkrieg gefallenen sind. Foto: privat

Nur noch die Umrisse der Gedenktafeln zeugen von deren Existenz. Auf den Tafeln standen die Namen der 323 gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs, die aus Backnang stammten, und die Namen der Mitarbeiter der Firma Adolff, die als Soldaten im Ersten Weltkrieg gefallenen sind. Foto: privat

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Roland Idler ist entsetzt. Als der Ortsbeauftragte des Volksbunds Deutscher Kriegsgräberfürsorge gestern von der niederträchtigen Tat erfuhr, machte er sich gleich auf, um sich vor Ort ein Bild von dem Diebstahl zu machen. Insgesamt fehlen 14 Gedenktafeln. Dabei handelt es sich zum einen um 12 bronzene Tafeln, auf denen die Namen von 323 Soldaten stehen, die im Ersten Weltkrieg gefallenen sind. Die Erinnerungstafeln waren an der Außenwand der Aussegnungshalle befestigt. Und sie waren nicht gerade klein, sondern immerhin 1,60 mal 0,6 Meter groß.

Frevler setzten Wagenheber

oder hydraulische Hilfsmittel ein

Zwei weitere Bronzetafeln waren an einer weiteren Gedenkstätte auf einem Sockel innerhalb des sogenannten oberen Ehrenfelds montiert. Auf diesen Tafeln stehen die Namen von Mitarbeitern der Firma Adolff, die ebenfalls im Ersten Weltkrieg als Soldaten gefallen sind.

Die Pressestelle des Polizeipräsidiums Aalen geht davon aus, dass die Diebe die mit Schwerlastdübeln befestigten Gedenktafeln mit Gewalt aus der Wand und der Verankerung gerissen haben. Laut Polizei ist anzunehmen, dass hierzu auch hydraulische oder wagenheberähnliche Hilfsmittel zum Einsatz gekommen sind. Das Gesamtgewicht der Tafeln könnte sich auf bis zu eine Tonne belaufen, weshalb vermutlich auch ein entsprechend großes Auto oder ein Anhänger zum Einsatz gekommen ist. Der Materialwert der Tafeln beläuft sich auf etwa 11000 Euro. Jedoch wiegt der immaterielle Schaden des Frevels weitaus höher. Die Wiederherstellungskosten derartiger Werke werden sich laut Polizei wohl im sechsstelligen Bereich bewegen.

„Es ist etwas ganz abscheuliches, wenn man Gedenktafeln, die für die Gefallenen errichtet worden sind, aus der Wand herausreißt und einschmelzt“, schimpfte Roland Idler gestern. Zumal solche Gedenkstätten laut Kriegsgräbergesetz besonderen Schutz genießen. Am Tag nach der Entdeckung des Diebstahls konnte Idler noch nicht sagen, wie es mit der Gedenkstätte nun weitergehen soll. Andererseits deutete er an, an der Sache dranzubleiben: „Es geht um die Frage, welche Lösungen es gibt, um die Ehre der Toten wieder herzustellen.“ Denkbar sei, die Tafeln wieder neu zu gießen und auch wieder am Kolonnaden-Vorbau der Aussegnungshalle anzubringen. „Dann aber so, dass die Tafeln nicht mehr so schnell und geräuschlos herauszureißen sind“, kündigte Idler an. Er hatte sich über viele Jahre lang als Leiter des Fördervereins Friedhofkapelle für die Gedenkstätte eingesetzt. Seit der Förderverein aufgelöst ist, übernimmt der Arbeitskreis Gedenken im Heimat- und Kunstverein die Aufgabe des Erinnerns.

Gesamtgewicht der Tafeln liegt vermutlich bei einer Tonne

Für Rudolf Biehlmaier, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Aalen, ist der Diebstahl kein üblicher Fall. Zwar würden Buntmetall-Diebstähle öfter vorkommen. Aber meist an abgelegenen Orten wie etwa auf Kläranlagen oder in unbewohnten Neubaugebieten, wo nächtliche Aktivitäten nicht bemerkt würden. Schließlich müssten die Diebe richtig hinlangen, wenn sie Dachrinnen oder Ähnliches demontieren würden. Der Stadtfriedhof befindet sich hingegen mitten in der Stadt. Außergewöhnlich an diesem Fall ist laut Biehlmaier jedoch auch, dass sich die Kriminellen an einer Gedenkstätte vergreifen. Auch Biehlmaier nannte das Vorgehen schändlich und erklärte, „es geht weniger um den Buntmetallwert, sondern darum, dass hier ein kulturelles Erbe zerstört wurde“.

Polizei bittet um Hinweise Info Die Backnanger Polizei hat die Ermittlungen zum Vorfall übernommen und bittet nun um Hinweise. Die Erlangung des Diebesguts hat natürlich auch wegen des immensen immateriellen Schadens eine hohe Priorität. Deshalb bittet die Polizei Backnang oder auch jede andere Polizeidienststelle um entsprechende Hinweise, falls die Tafeln gesichtet oder an entsprechenden Recyclingfirmen als Buntmetall weiterveräußert werden sollten. Eingehende Hinweise werden von der Backnanger Polizei unter Telefon 07191/ 909-0 entgegengenommen.

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Erstellt:
30. Mai 2018, 06:00 Uhr

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