Neuartiger Solarpark

Das Ende der Dunkelflaute?

Die EnBW verbindet bei Gundelsheim erstmals Fotovoltaik, Windkraft und Speichertechnik. So soll ein kontinuierlicher Stromfluss gewährleistet werden. Einen kleinen Haken gibt es noch.

Im Hintergrund sieht man den Böttinger Hof, auf dessen früherer Ackerfläche jetzt der Solarpark der EnBW errichtet worden ist.

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Im Hintergrund sieht man den Böttinger Hof, auf dessen früherer Ackerfläche jetzt der Solarpark der EnBW errichtet worden ist.

Von Thomas Faltin

Der Böttinger Hof, der bei Gundelsheim (Kreis Heilbronn) mitten auf einer großen Lichtung im Wald steht, hat seine besten Zeiten hinter sich: Überall bröckelt der Putz, und in der Scheune liegt der Staub von Jahrzehnten. Just in diese Scheune hat sich am Montag eine große Schar von Energiejüngern hingeflüchtet, um erstens dem Starkregen zu entkommen und um zweitens zu hören, warum gerade die Flächen um den Hof herum so zukunftsträchtig sind.

Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) hat dort jetzt ihren zweitgrößten Solarpark im Südwesten eröffnet – mit seinen 110.000 Solarmodulen auf den 55 Hektar großen ehemaligen Acker- und Wiesenflächen wird er Strom für 22.000 Haushalte liefern. Das ist noch nichts Besonderes, in Ostdeutschland betreibt die EnBW Anlagen, die drei Mal so groß sind. Aber erstens kommen laut EnBW-Chef Georg Stamatelopoulos auf der Fläche bis Anfang 2027 zwei 247 Meter hohe Windräder hinzu, die auch dann Strom ins Netz einspeisen, wenn die Sonne mal nicht über Württemberg lacht. Umgekehrt gilt das auch, wenn kein Wind weht, surrt hoffentlich die Fotovoltaikanlage.

Der Speicher kann Wind- und Sonnenenergie puffern

Zweitens aber werden bis zum Jahresende beim nahen neuen Umspannwerk auch zwei Speicher aufgestellt, jeweils so groß wie ein Überseecontainer. Sie sollen den erzeugten Strom puffern, so dass kontinuierlich Energie eingespeist werden kann. Der Leiter des Projektes, Stefan Wresch, spricht von einem großen Schritt: Perspektivisch könnten so Solar- und Windkraft nicht mehr so unberechenbar bleiben, wenn der Strom zwischengespeichert werden kann. Das Risiko, dass bei einer Dunkelflaute gar keine Energie mehr fließt, verringert sich prinzipiell enorm.

Der kleine Haken besteht darin, dass die Speicher mit ihren 1,22 Megawatt Leistung noch relativ klein sind. In einer Stunde wären sie locker leer, würde fortwährend das Netz bedient. Ein Beteiligter sprach in Hinblick auf die Speichergröße sogar von „Modellbau“. Es geht deshalb bei diesem bundesweit einzigartigen Projekt vorrangig darum, mehr zu lernen über die Kombination von Fotovoltaik, Windkraft und Speichertechnik. Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme begleitet deshalb den Prozess.

Daneben hat einer der beiden Speicher aber noch eine zweite und gleich doppelte Innovation. Denn er besteht nicht aus herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien, sondern aus Natrium-Ionen-Batterien. Diese besitzen zwar eine geringere Energiedichte, dafür sei Natrium viel besser verfügbar als Lithium, so Georg Stamatelopoulos. Zudem handele es sich dabei um alte Autobatterien aus zwölf Audi, die nun ein zweites Leben erhielten, wie Umweltministerim Thekla Walker (Grüne) es formulierte. So komme ein noch größerer Nachhaltigkeitsaspekt in das Projekt. Damit ist dieser Speicher laut EnBW die größte installierte Batterie dieser Technologie in Europa.

Mit den Natrium-Ionen-Batterien könnte man grundsätzlich auch weniger abhängig werden von China. Allerdings zeigt sich bei einem Rundgang durch die den Solarpark im Dauerregen, dass diese Abhängigkeit sich nicht auf die Batterien beschränkt: Auch die Solarmodule und die Wechselrichter, also die wesentlichen Teile der Anlage, kommen aus dem Reich der Mitte, und die Trafostationen übrigens aus Ägypten. Die Investitionssumme für den Solarpark will die EnBW nicht nennen.

Die Initiative für das gesamte Projekt ging von der Stadt Gundelsheim aus. Der Pächter des Böttinger Hofs hat aufgehört, die Gebäude stehen mittlerweile leer. Es sei für die Stadt lukrativer, die Flächen an die EnBW zu verpachten als einen neuen Landwirt zu suchen, sagte Gundelsheims Bürgermeisterin Heike Schokatz. Künftig wird auf der Lichtung im Wald also Wind- und Sonnenenergie geerntet statt Weizen und Speisekartoffeln.

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Erstellt:
23. September 2025, 12:06 Uhr

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