Das Ziel: ein Ort für alle Verkehrsteilnehmer

Bei einem Workshop zum Mobilitätskonzept, das die Gemeinde Weissach im Tal in Auftrag gegeben hat, konnten die Bürgerinnen und Bürger sagen, wie es um die Verkehrssituation bestellt ist. Aus ihren Angaben und bereits erfolgten Messungen sollen Maßnahmen erarbeitet werden.

Ingenieur Robert Wenzel möchte von den Bürgerinnen und Bürgern wissen, welchen Schwierigkeiten sie im Alltag begegnen. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Ingenieur Robert Wenzel möchte von den Bürgerinnen und Bürgern wissen, welchen Schwierigkeiten sie im Alltag begegnen. Foto: A. Becher

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Die Erkenntnisse aus dem ersten Workshop zu dem integrierten Mobilitätskonzept sind kaum überraschend: Weissach im Tal ist von Autos dominiert, die – vor allem an den Ortseingängen – oft auch noch zu schnell fahren. Radwege sind genauso wie sichere Fußwege Mangelware, insbesondere an den Hauptverkehrsachsen der Tälesgemeinde. Oft genannt wurde von den 14 Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern am Dienstagabend in der Seeguthalle in Cottenweiler die Welzheimer Straße in Unterweissach, die schon lange ein Sorgenkind der Gemeinde ist. Ob sie wirklich aus dem Ortsinneren mit dem Fahrrad zum Einkaufen zu Aldi oder Edeka fahren oder nicht doch lieber ins Auto steigen, das würden sie sich zweimal überlegen, sagten gleich mehrere der Anwesenden. Sie fühlten sich auf der Straße nicht sicher.

Die Probleme, die an diesem Abend zur Sprache kamen, bestätigen die bisherigen Erkenntnisse der Aalener Bernard-Gruppe, die von der Gemeindeverwaltung mit der Erarbeitung und Umsetzung des integrierten Mobilitätskonzepts beauftragt worden ist (wir berichteten). „Das ist gut, das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, so Diplom-Ingenieur Robert Wenzler, der Projektleiter Verkehrsplanung der Bernard-Gruppe. Wenzel leitete den Workshop zusammen mit seiner Kollegin Naomi Schmidt. Anwesend waren außerdem Bauamtsleiter Markus Stadelmann und seine Stellvertreterin Sarah Kienzle-Krauter.

Zu Beginn des Workshops stellte Wenzel die Bestandsanalyse vor, die aus einer Haushaltsbefragung im Oktober 2021 sowie einer Verkehrsanalyse hervorgegangen ist (siehe Infokasten). Danach diskutierten die Bürgerinnen und Bürger, aufgeteilt in die zwei Gruppen „Kfz-Verkehr, Parken und ÖPNV“ beziehungsweise „Radverkehr und Fußverkehr“, über konkrete Probleme im Ort. Nach einer halben Stunde wurden die Gruppen gewechselt.

Die Verkehrsteilnehmer sollen nicht gegeneinander ausgespielt werden

Auf den Tischen lagen Stifte und Zettel bereit. Darauf konnte jeder Missstände und Mängel notieren. Diese wurden von Wenzel beziehungsweise seiner Kollegin Schmidt an Ortspläne gepinnt, die an Stellwänden hinter den Tischen aufgehängt waren. So sollte sich ein konkretes Bild von den Orten ergeben, an denen sich Probleme häufen. „Es ist uns wichtig, dass Ihre Belange festgehalten werden“, betonte Wenzel. „Sie sollen in die Gesamtanalyse aufgenommen werden, die die Basis bilden wird, auf der wir die Maßnahmen entwickeln.“

Die Mitglieder der Gruppe „Radverkehr und Fußverkehr“ mussten nicht lange nachdenken, um Missstände zu benennen. „In der Welzheimer Straße teilen sich Fußgänger und Radfahrer den Gehweg. Das ist einfach verdammt eng“, sagte etwa Silke Müller-Zimmermann vom Weissacher Verbundprojekt Prima Klima. In der Stuttgarter Straße sei die Situation ähnlich. „In der Wattenweiler Straße in Oberweissach fehlt ein Fußgängerüberweg. Und der Radweg ist für den Verkehr nicht klar erkennbar“, bemängelte Gemeinderat Wilhelm König, der ebenfalls an dem Workshop teilnahm.

In der Gruppe „Kfz-Verkehr, Parken und ÖPNV“ forderte Barbara Malburg-Graf, der öffentliche Nahverkehr müsse attraktiver werden. „Es ist gut, dass die Verbindung Unterweissach – Backnang relativ gut ist. Aber wenn ich anderswohin möchte, wird es schon schwieriger.“ Wenn man etwa nach Burgstetten fahren wollte, müsste man unter Umständen 20 Minuten auf die Anschluss-S-Bahn warten. „Dann fahren am Ende die meisten doch lieber mit dem Auto.“ Das sei auch wegen eines anderen Problems der Fall, fügte Dorothea Seifert hinzu. Ab einer bestimmten Uhrzeit halte der Bus aus Backnang nicht mehr im Ortskern von Unterweissach: „Dann muss man nachts 20 Minuten durch die Dunkelheit laufen.“ Darauf habe die Gemeinde wohl nur wenig Einfluss, ließ Ingenieur Robert Wenzel wissen, aber man könne den Wunsch nach einem Stopp im Ortskern selbstverständlich an den Verkehrsverbund herantragen. „Wenn wir in Unterweissach weniger Pkw-Verkehr wollen, brauchen wir aber noch ein anderes Konzept als nur den öffentlichen Nahverkehr zu stärken“, warf Reinhard Knüdeler ein.

Einig waren sich alle Anwesenden, dass man die einzelnen Verkehrsteilnehmer nicht gegeneinander ausspielen, sondern nach Lösungen suchen wolle, die für alle akzeptabel sind und die Weissach im Tal zugleich sicherer und attraktiver machen.

Zu den möglichen Lösungsansätzen gehörten neben sicheren Rad- und Fußwegen sowie Geschwindigkeitskontrollen unter anderem ein kostenloser oder günstiger Shuttlebus, Kurzzeitparken, Carsharing, Leihfahrräder und eine App für Mitfahrgelegenheiten in der Gegend. Künftig, wurde gefordert, sollten Radfahrer und Fußgänger auch bei der Ausweisung neuer Bauprojekte mitbedacht werden. Das sei in der Vergangenheit vernachlässigt worden.

Nach etwas mehr als einer Stunde wurde auf den Ortsplänen hinter den Tischen schon auf den ersten Blick ersichtlich: Die allermeisten Probleme bestehen in Unterweissach. Dort ballten sich die Aufschriebe. „Auch bei der Haushaltsbefragung wurden in Unterweissach die meisten Punkte genannt – weniger zum Beispiel in Bruch oder Cottenweiler“, kommentierte Wenzel. „Was aber nicht heißen soll, dass die Ortsteile in unserem Maßnahmenpaket nicht berücksichtigt werden!“

Dieses wird die Bernard-Gruppe in den kommenden Wochen erarbeiten, bevor es in einer Sitzung des Technischen Ausschusses vorberaten werden soll. Wenn alles nach Zeitplan läuft, soll das Konzept Mitte Juli fertig werden (siehe Infokasten). Bis dahin bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen auf der Liste stehen werden und wann sie schlussendlich umgesetzt werden sollen.

Erstellung eines integrierten Mobilitätskonzepts in Weissach im Tal

Ziel Die Verkehrssituation in Weissach im Tal soll alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen berücksichtigen: So lautet das Ziel des integrierten Mobilitätskonzepts, das die Gemeinde in Auftrag gegeben hat. Das Konzept soll aufzeigen, an welchen Stellen es hakt, und nach Lösungen für Verkehrsprobleme suchen. Das Land fördert das Projekt mit 23100 Euro.

Umsetzung In einer frühen Analysephase wurden eine eine Haushaltsbefragung sowie eine Verkehrsanalyse mit Geschwindigkeitsmessungen und Verkehrszählungen durchgeführt. Der
Bürgerworkshop ist Teil der konzeptionellen Phase, in der Lösungen erarbeitet werden. Zuletzt folgt die
Erstellung eines konkreten Maßnahmenkonzepts.

Zeitplan Aus allen Erkenntnissen erarbeitet die Bernard-Gruppe nun ein Maßnahmenkonzept. Dessen Rohfassung wird am 23. Juni in einer Sitzung des Technischen Ausschusses beraten und am 14. Juli in einer Gemeinderatssitzung vorgestellt. Das fertige Maßnahmenkonzept soll aus einer zweiten Bürgerbeteiligung am 19. Juli hervorgehen.

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Erstellt:
29. April 2022, 06:00 Uhr

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