Der Koordinator im Hintergrund

Menschen bei der Polizei (2): Als Polizeiführer vom Dienst teilt Peter Bihn in der Leitstelle die Einsätze seiner Kollegen ein – Schichtdienst kein Problem

Wenn ein schwerer Unfall gemeldet wird, oder gar eine Fahndung nach einem Raubüberfall nötig ist, dann ist Peter Bihn zwar nicht live vor Ort und weg vom Geschehen, trotzdem ist er maßgeblich am Einsatz beteiligt. Als Polizeiführer vom Dienst (PvD) ist Bihn derjenige, der von der Leitstelle aus die Fäden in der Hand hält.

Erhöhte Aufmerksamkeit braucht Peter Bihn, wenn er die Einsätze seiner Kollegen koordiniert. Foto: Y. Weirauch

Erhöhte Aufmerksamkeit braucht Peter Bihn, wenn er die Einsätze seiner Kollegen koordiniert. Foto: Y. Weirauch

Von Yvonne Weirauch

WAIBLINGEN/BACKNANG. Per Funk ist der PvD, wie seine Position intern genannt wird, immer mit seinen Kollegen im Streifenwagen verbunden, teilt ihnen mit, wo sie sich hinbegeben müssen, fordert, wenn nötig, Verstärkung aus anderen Revieren an, organisiert einen Hubschrauber oder die Hundestaffel und informiert die Spurensicherung und die Ermittler der Kriminalpolizei.

Zwischendurch rufen dann auch noch die Journalisten von Rundfunk und Presse an, denn außerhalb der normalen Dienstzeiten ist der PvD auch Ansprechpartner für die Medien. Das sei nicht immer ganz einfach, gibt der 59-Jährige zu, der seit 1991 als Polizeiführer vom Dienst fungiert. „Ich verstehe, dass die Journalisten Infos benötigen, aber ich kann die Kollegen nicht von ihrer Arbeit abhalten, nur um die Presse noch schneller zu bedienen“, so der Polizist. Die Pressemitteilung komme ja, und bei einem „spektakulären Fall“ setze man einen Sofortverteiler ab und informiere alle Medien, die im Verteiler erfasst sind. „Wenn wir in der Pressemitteilung schreiben, dass wir bitte von weiteren Nachfragen vorerst absehen, und dann doch Anrufe erfolgen – dann kann das in einer akuten Lage schon stören. Und in diesen Erstphasen haben wir die Informationen, die von den Medien gefordert werden, eh noch nicht“, betont Bihn.

Man merkt dem Beamten an, dass er sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt. Eine Eigenschaft, die für einen PvD Grundvoraussetzung ist: Er muss in allen Einsatzlagen den Überblick und die Nerven bewahren. Sein Arbeitsplatz ist das Führungs- und Lagezentrum im Haus der ehemaligen Polizeidirektion Waiblingen. Ein Stellvertreter, fünf sogenannte Einsatzsachbearbeiter und zwei Tarifbeschäftigte unterstützen Bihn im Schichtdienst. Sie nehmen jeden Tag zwischen 250 und 450 Notrufe entgegen, die über die Nummer 110 eingehen. Alltägliches wird an das zuständige Revier weitergeleitet, doch sobald es um schwere Unfälle oder Verbrechen geht, übernimmt der PvD das Kommando.

Bihn muss die Dimension eines Einsatzes abschätzen, das funktioniert nur, wenn er detaillierte Informationen hat: „Das ist natürlich nicht immer ganz einfach, denn die Informationen hängen ja von der Qualität der Aussage ab, die der Anrufer macht.“ Wenn jemand einen Unfall melde, heiße es manchmal eben nur: „In der Straße bei mir vor dem Haus hat es geknallt.“

Damit könne die Polizei zunächst einmal selbstredend nichts anfangen. Da muss genauer nachgehakt werden. „Manche Schlägerei oder Ähnliches kann sich auch als völlig harmlos herausstellen“, sagt Bihn. Er muss auf Anhieb einschätzen, wie viel Streifenwagen er zum Einsatzort schickt: „Aber lieber ist eine Streife zu viel auf Tour geschickt, als zu wenig.“ Um Situationen richtig einzuschätzen und zu reagieren, bedarf es viel Erfahrung. Man muss die Abläufe bei der Polizei gut kennen. Peter Bihn ist seit 1981 im Polizeidienst, war zuerst bei der Bereitschaftspolizei im Streifendienst und absolvierte dann ein Studium an der Fachhochschule.

Der PvD muss auf jede Situation flexibel reagieren und agieren

Jetzt ist er der Mann, der im Hintergrund dabei ist und so mittendrin im Geschehen. Natürlich gibt es Vorgehensweisen für bestimmte Szenarien, die nach einer Art Muster funktionieren. Dennoch ist kein Ereignis gleich.

In der Praxis muss der PvD auf jede Situation flexibel reagieren und agieren: Muss man das Technische Hilfswerk gleich alarmieren, um den Unfallort auszuleuchten oder kann man noch abwarten, bis die Feuerwehr die Lage endgültig eingeschätzt hat? Ist eine Fahndung nach einem Überfall oder Einbruch noch sinnvoll oder ist der Täter schon über alle Berge? Wie schwerwiegend ist ein Unfall – kommen die Kollegen vor Ort klar oder brauchen sie Unterstützung von der Verkehrspolizei?

Während seines Dienstes muss Peter Bihn viele Entscheidungen treffen, oft mehrere Einsätze gleichzeitig koordinieren. Langweilig werde es nie. Auch der Schichtdienst mache ihm keine Probleme. Nach dem zwölfstündigen Tagesschichtdienst folgt am darauffolgenden Tag der ebenfalls zwölf Stunden lange Nachtschichtdienst, dann habe man drei Tage frei.

Wenn es mal etwas ruhiger zugeht, kümmert sich der PvD um die eingehenden E-Mails und sorgt dafür, dass etwa bundesweite Fahndungen, Meldungen über überregional agierende Banden oder neue kriminelle Maschen alle wichtigen Adressaten im Haus erreichen. Der Platz des PvD – sozusagen eine Stelle, bei der alle Informationsfäden zusammenlaufen.

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Erstellt:
13. Oktober 2018, 06:00 Uhr

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