Die Ehefrau angeblich im Streit erstochen

Der 29 Jahre alte mutmaßliche Mörder hat nach zwölf Verhandlungstagen endlich zum ersten Mal etwas zum Tatvorwurf gesagt.

Der Angeklagte hat sich nun vor der Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts zu der Tatwaffe geäußert. Symbolfoto: BilderBox/Erwin Wodicka

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Der Angeklagte hat sich nun vor der Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts zu der Tatwaffe geäußert. Symbolfoto: BilderBox/Erwin Wodicka

Von Heike Rommel

Backnang/Stuttgart. Der 29-jährige Backnanger, gegen den vor der Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts seit dem 29. Oktober 2021 wegen Mordes verhandelt wird, hat nun zum ersten Mal etwas zum Tatvorwurf gesagt. Davon zeigte sich selbst der Vorsitzende Richter, Norbert Winkelmann, überrascht.

Die Erklärungen, welche der Beschuldigte über seine Verteidiger abgeben ließ, sollten sein ganz am Anfang des Prozesses abgegebenes Geständnis plausibel machen, lediglich „Tötung im Affekt“ begangen zu haben. D das der Mann kurz vor der Tat am 4. Mai 2021 nachweislich im Backnanger Kaufland erworben hat – habe er lediglich zum Fleischschneiden gebraucht, denn die Getötete und er hätten am Vortag beim Kochen bemerkt, dass sie keine tauglichen Küchenmesser haben.

Bis 15. Mai war Ramadan, der Fastenmonat für Muslime für das türkische Paar, von welchem der Mann als falscher Syrer unterwegs war und als solcher auch einen falschen Asylantrag gestellt hat. Das hatte die Frau aufgedeckt, als es wegen des Bleiberechts für ihn nach der muslimischen Heirat um eine Heirat nach deutschem Recht ging. Dazu ließ der Angeklagte erklären, das Paar habe einen Rechtsanwalt bemüht, der sich im Ausländerrecht auskennt.

Die Getötete hatte ihren Mann wegen seiner falschen syrischen Identität angezeigt, die Anzeige aber wieder zurückgezogen (wir berichteten mehrfach). „Manche Freunde sagten, wenn wir heiraten und Kinder kriegen, passiert nichts“, berichtete der Angeklagte über das Paarproblem mit seiner falschen Identität. Plötzlich hätte er jedoch deshalb zur Backnanger Polizei kommen sollen. „Alles nur wegen mir“, habe die Getötete ihre Strafanzeige gegen ihn bereut. „Jetzt musst du in den Knast.“ – „Beruhige dich, meine Liebe“, habe er dann seine Frau beschwichtigt. „Wir können in der Türkei heiraten und dann gehen wir in die Schweiz.“

In einer zweiten Erklärung zum Tatvorwurf, seine Frau mit fünf wuchtigen Messerstichen getötet zu haben, wovon einer das Rückenmark durchtrennte, hieß es, das Opfer habe die Familie des Angeklagten beleidigt. „Dein Vater ist ein Hurensohn, er wollte mich nicht als Schwiegertochter“, habe die 25-Jährige gesagt. „Ruf deinen Vater an, er soll dich abholen“, habe der Angeschuldigte entgegnet und die Tatwaffe gekauft.

Nach der Rückkehr, so der 29-Jährige weiter, habe es wieder Streit in der Wohnung gegeben, in dessen Verlauf er unter reichlich Alkoholeinfluss seine Frau aufgefordert habe: „Verpiss dich aus meinem Leben.“ „Hurensohn“, habe sie gekontert. „Hör endlich auf, sonst werde ich dich abstechen“, habe er gedroht und die Frau habe entgegnet: „Du hast keine Eier.“ Da habe er mit dem Ausbeinmesser zugestochen, gab der Angeklagte zu. Zunächst in den Bauch und, als sich das auf dem Bett liegende Opfer umgedreht habe, in den Rücken.

Der Gerichtsmedizin zufolge war das Opfer schon von der Brusthöhe an gelähmt, als es in kurzer Zeit verblutete, während sich der Täter unter Alkohol- und Tabletteneinfluss, wie er angab, mit seinem Auto bei Großbottwar überschlug und in den nahen Hardtwald flüchtete, wo vier Stunden lang nach ihm gefahndet wurde. „Ich wollte sterben“, beteuerte er vor Gericht. Bei der Festnahme habe er der Polizei gesagt, dass er seine Frau erstochen hat und dass diese tot in der gemeinsamen Backnanger Wohnung liegt. „Ich beschloss, mich selber zu bestrafen“, schilderte er, wie er sich später im Untersuchungsgefängnis in der Zelle verletzt habe. Jedes Mal, wenn er die Augen schließe, sehe er seine tote Frau.

Die Gerichtsmedizinerin, Iris Schimmel aus Tübingen, hat am letzten Verhandlungstag nicht nur festgestellt, dass das Ausbeinmesser Knochen durchtrennt hat und bei einem Stich in den Rücken vorne wieder herauskam, sondern dass sich die junge Frau auch gewehrt haben muss. Darauf deuteten Abwehrspuren an der linken Hand der Getöteten hin. Von dem wuchtigsten Stich, der aus der Sicht der Gutachterin der letzte gewesen sein muss, hat sich die Klinge des Ausbeinmessers, welches die Polizei sichergestellt hat, verbogen.

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Erstellt:
25. Januar 2022, 06:00 Uhr

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