Die ernsthafte Fastnacht

Täglich neu: Landestypisches für Einheimische und Reigschmeckte

Anlässlich der Fastnacht ein Stück Fastnachtsgeschichte, aufgeschrieben von dem Historiker Michael J. H. Zimmermann: „Aus dem heutigen Fasnetsgeschehen sind sie kaum wegzudenken: die Narrentreffen unter freiem Himmel, die 1929 in Villingen eine Art Premiere feierten. Die ersten größeren Treffen neuerer Zeit in Karlsruhe (1843) und Offenburg (1844) waren damals schon Geschichte. Nun kündigte sich eine ‚Veranstaltung eigener Art‘ an: eine stolze Selbstdarstellung der Zünfte und ihrer Ziele, eine Brücke der Begegnung für die Brauchpfleger und ein geeignetes Mittel, um kulturelles Zusammengehörigkeitsgefühl und schwäbisch-alemannische Identität zu stiften.

Geboten wurde ,Althistorisches‘: ,kein Fastnachtstrubel im modernen Sinne; im Gegenteil ein Stück Kulturgeschichte‘. In diesen Worten verrät sich das Bestreben Albert Fischers, des geistigen Vaters der heutigen Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte. Ziel war es, ein Trachten-, Volks- und Heimatfest zu feiern, das ,mit den seichten Lustbarkeiten des Karnevals‘ nichts gemein haben sollte. Ende 1919 bereits brachte er der Regierung angesichts der verfügten Fastnachtsverbote dieses Denken nahe – und erreichte Ausnahmeregelungen für ,historische‘ Bräuche in einer Zeit, in der nach der nationalen Katastrophe die (engere) Heimat einen neuen Stellenwert gewann.

Groß war die Freude an den alten Bräuchen. Besonders beim sonntäglichen Umzug: Die Stockacher setzten ihren Narren-Stammbaum. Die Aistaiger belustigten mit ihrem Wurstschnappen das Publikum; die Rottweiler begeisterten mit der Vielzahl ihrer Fasnetsfiguren; die Oberndorfer zeigten sich besonders freigebig; die Donaueschinger übten sich im Strählen; die Möhringer erfreuten mit ihrem ,niedlichen Narrensprung‘; die Elzacher Schuddige und der Taganrufer taten es ihnen gleich; die Überlinger schnellten ihre Karbatschen. – ,Das eigenartige, originelle und so wirksam schöne Schauspiel‘ geriet zur ‚mächtigen Kundgebung für das Heimatwesen, für die Erhaltung alter, schöner Sitten und Gebräuche‘, lautete das Fazit des wegweisenden Treffens.“ Der schwäbische Spruch des Tages kommt aus Weiler bei Schwäbisch Gmünd: „Oms Nomgugga isch dui Fasnet rom!“ (jan)

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Erstellt:
2. März 2019, 03:04 Uhr

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