Europaparlament

Die EU nimmt Online-Plattformen ins Visier

Viele Verbraucher lassen sich von den scheinbar supergünstigen Preisen von Shopping-Portalen locken. Doch die Plattformen sind umstritten.

Temu wirbt mit bunten und schrillen Kampagnen.

© Imago/Sopa Images

Temu wirbt mit bunten und schrillen Kampagnen.

Von Knut Krohn

Mit wenigen Klicks zum preiswerten T-Shirt. Das ist das Versprechen von Online-Shops, dem vor allem junge Kunden immer häufiger erliegen. Billigplattformen wie Temu und Shein machen inzwischen Milliardenumsätze. Verbraucherschützer warnen allerdings immer wieder vor den verlockenden Angeboten, zu oft entspricht die günstige Ware nicht den in Europa geltenden Sicherheitsstandards.

Das hat auch die Gesetzgeber in der Europäischen Union auf den Plan gerufen. Im Frühjahr hat die EU-Kommission eine Untersuchung gegen Shein eingeleitet, um mögliche Verstöße gegen den europäischen Verbraucherschutz zu prüfen. Dabei geht es unter anderem um mutmaßlich missbräuchliche Vertragsbedingungen und unlautere Geschäftspraktiken.

Verbraucher und Unternehmen erleiden durch Billigflut Schaden

Auch das Europaparlament hat nun am Mittwoch in Straßburg mit großer Mehrheit eine Resolution verabschiedet. Darin wird die Kommission aufgefordert, konkrete Maßnahmen einzuleiten, um den Verbraucherschutz im Onlinehandel zu garantieren. „Eine Regenjacke für Kinder mit giftigen Ewigkeitschemikalien oder eine Sonnenbrille, die nicht vor UV-Strahlen schützt – genau solche Produkte werden zur Gefahr, wenn sie über Online-Plattformen direkt an der Haustür der Verbraucherinnen und Verbraucher landen“, beklagt Anna Cavazzini, Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz im Europaparlament.

Doch nicht nur die Verbraucher nehmen durch die Billigflut Schaden. Das Europaparlament betont in ihrer Resolution, dass die Unternehmen in der EU einem unlauteren Wettbewerb ausgesetzt seien. „Während in der EU ansässige Hersteller strengen Sicherheits- und Umweltvorschriften unterliegen, umgehen viele Verkäufer in Drittländern diese Vorschriften“, heißt es. Dies führe unweigerlich zu einem Verlust von Marktanteilen für EU-Erzeuger.

Verbraucherschützer warnen vor versteckten Gefahren

Anna Cavazzini betont, dass die Online-Shops in Zukunft besser in die Pflicht genommen werden müssten. Wer in der EU Geschäfte mache, der müsse auch eine verantwortliche Person benennen, die für die Einhaltung von Standards verantwortlich gemacht werden kann. „Neu und zentral ist die sehr gezielte Ausnahme aus der Haftungsbefreiung von Online-Plattformen“, sagt die Grünen-Politikerin. „Das bedeutet: Wenn sie ihren gesetzlichen Auflagen nicht nachkommen, müssen sie am Ende auch haften, wenn ein Schaden entsteht.“ Zudem sollen über regelmäßige Überprüfungen unsichere Produkte schneller aufgespürt werden können, erklärt Cavazzini, „damit der giftige Teddy nicht über eine andere Plattform im Kinderzimmer landet“.

Kritik an den Onlineplattformen kam zuletzt auch vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Im Zuge einer Analyse mehrere Anbieter wie Amazon, Ebay oder Temu habe sich herausgestellt, dass Kunden häufig nicht alle nötigen und gesetzlich vorgeschriebenen Informationen zu einem Produkt fänden. Kontaktdaten von verantwortlichen Händlern oder Herstellern fehlten vielfach, auch Sicherheits- und Warnhinweise seien teils unvollständig. „Online-Marktplätze boomen – aber mit dem Wachstum steigt auch die Zahl unsicherer Produkte. Bei Problemen ist oft unklar, wer haftet. Immer wieder fehlen Infos über Händler oder Hersteller“, sagt VZBV-Vorständin Ramona Pop. Bei Problemen müsse es für Kundinnen und Kunden möglich sein, die Verantwortlichen zu kontaktieren.

Ein Widerrufsbutton soll Verbrauchern helfen

Auch die Bundesregierung arbeitet an einem besseren Schutz der Verbraucher im Internet. So sollen etwa Online-Käufe künftig leichter widerrufen werden können. „So einfach wie das Bestellen im Internet geht – so einfach soll auch das Widerrufen sein: mit einem Klick“, erklärte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) am Mittwoch in Berlin. Der geplante neue Widerrufsbutton soll für Waren, Dienstleistungen und Finanzdienstleistungen gelten. Auch diese Pläne sind eine Umsetzung von EU-Vorgaben. Der Bundestag müsste ihnen zustimmen.

„Die Widerrufsfunktion muss gut lesbar mit ‚Vertrag widerrufen‘ oder einer anderen gleichbedeutenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein“, heißt es dazu im Gesetzentwurf. „Sie muss während des Laufs der Widerrufsfrist auf der Online-Benutzeroberfläche ständig verfügbar, hervorgehoben platziert und für den Verbraucher leicht zugänglich sein.“ Bei Online-Tools sollen Verbraucherinnen und Verbraucher in Zukunft außerdem eine direkte persönliche Kontaktaufnahme verlangen können.

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Erstellt:
9. Juli 2025, 15:32 Uhr

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