Die Freilufthungrigen

Auf dem Campingplatz am Fornsbacher Waldsee kehrt nach der Öffnung Ende Mai wieder Leben ein. In den Pfingstferien haben einige die Möglichkeit genutzt, einen Kurzurlaub zu machen. Fürs Wochenende waren die Mobilplätze voll ausgebucht.

Dirk und Ilka Heiderich mit ihren beiden Töchtern Carlotta und Elin (von links) brechen zu einer Radtour nach Steinberg auf. Die Familie aus dem Offenburger Raum ist das erste Mal im Freizeitgebiet des Waldsees zu Gast. Als erfahrene Camper sind sie sonst oft auf Amrum. Fotos: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Dirk und Ilka Heiderich mit ihren beiden Töchtern Carlotta und Elin (von links) brechen zu einer Radtour nach Steinberg auf. Die Familie aus dem Offenburger Raum ist das erste Mal im Freizeitgebiet des Waldsees zu Gast. Als erfahrene Camper sind sie sonst oft auf Amrum. Fotos: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Ein Gast tritt an die Scheibe des Kiosks, die unten einen Spalt zur Kommunikation und zum Durchreichen lässt. „Ich möchte die Brötchen abholen und für morgen gleich wieder welche bestellen“, sagt er. Stephanie Zeh versorgt ihn und nimmt den Wunsch für den nächsten Tag auf. Sie und ihre zwei Mitarbeiter betreuen den Campingplatz am Fornsbacher Waldsee, wobei auch ihr Partner mithilft. Die Lockerungen begannen am 18. Mai. Zunächst durften Besucher, die mit dem Wohnmobil und eigener Toilette anreisten, wieder aufs Gelände. „Auch die Dauercamper konnten an ihre Wagen, durften aber nicht übernachten. Sie wollten einfach gerne ein paar Sachen richten, manche haben Blumen gepflanzt oder gegossen“, erzählt Stephanie Zeh. Seit dem 29. Mai ist der Campingplatz nun wieder für alle, sprich auch für diejenigen geöffnet, die mit Zelt, Heringen und Schlafsack anrücken.

Wie anderenorts war auch für den Campingplatz ein Hygieneplan aufzustellen und umzusetzen. In den sanitären Anlagen dürfen sich nur zwei Personen aufhalten und dort sind Badeschlappen angesagt. Zwar gibt es auch einen Gemeinschaftsraum, doch der sei im Moment eh nicht genutzt. Sollte sich das ändern, liegt die Obergrenze bei acht Personen, in puncto Außenbestuhlung ist darauf zu achten, dass immer jeder zweite Platz frei bleibt. Ansonsten gilt für den Campingplatz genauso, was auch sonst zur allgemeinen Regel geworden ist: Abstand halten. Das geht auf den Stellplätzen schon allein mit der Abgrenzung durch die Wohnmobile gut, bei den Zeltplätzen hat das Team mit ein Auge darauf, wenn aufgebaut wird. An der Anmeldungstheke wird immer nur ein Gast versorgt, der nächste wartet einfach draußen. Dass sich die Reservierungen zum Wochenende hin nun gut entwickelt haben, freut die Chefin. In der ersten Frühlingszeit im März bis 18. Mai seien ihr aufgrund der Schließung ja schon Kunden verloren gegangen, insofern habe sie auch eine Soforthilfe beantragt.

In der Zeit von Schließung und allmählicher Lockerung seien Polizei und Ordnungsamt auf dem Platz genauso wie im Freizeitgebiet immer mal wieder präsent gewesen, um die Einhaltung der Regeln zu kontrollieren. Auf dem Campingplatz habe es keine Verstöße gegeben. Ihr eigener Zuständigkeitsbereich endet am Schlagbaum des Campingplatzes. Wie es dann am Fornsbacher Waldsee aussieht, müssten die Ordnungskräfte im Blick behalten. Bisher sind die Umkleidekabinen, WCs und Duschen am See geschlossen. Angesichts der kühleren Temperaturen die vergangene Woche über fällt das auch nicht groß auf. Andererseits fragt sich Stephanie Zeh, wie das bei einer möglichen Öffnung funktionieren könnte, da das Team dann jede Stunde zum Reinigen der Anlagen ausrücken müsste.

Ein Ehepaar aus Remshalden geht mit der roten Miezekatze vom Campingplatz in Richtung Seeufer. „Ein paar Kinder und Ältere waren schon baden“, erzählt die Frau. Das Wasser sei nicht allzu kalt, habe um die 20 Grad. Aufpassen müsse man aber jetzt mit den jungen Fröschen, die noch ziemlich klein und zwischen Ufer und Wald unterwegs seien. Als Stammgäste kommen sie gern her, erzählen sie, schätzen den Service und die kurze Anfahrt zum Zwischendurch-Urlaub. Sie haben jede Menge Tipps für Ausflüge in die Umgebung – von der Räuberhöhle bei Kirchenkirnberg übers Felsenmeer bis hin zum Forsthaus und der Hirschzucht bei Fornsbach.

Eine Frau kommt aus einem stattlichen Wohnmobil – startklar für eine Tour mit ihren beiden Hunden. „Ich kenn den Platz schon lange, wir haben früher in Fichtenberg gewohnt“, erzählt sie. Nun in Schwäbisch Hall nutzt das Ehepaar die Tage immer mal wieder für kurze Urlaube. „Es muss ja gar nicht so weit weg sein“, sagt sie. „Mitte Mai waren wir auf einem Bauernhof bei Heilbronn.“

Peter Fritsch aus der Nähe von Ludwigsburg ist froh, nach der coronabedingten Zwangspause wieder an sein Entspannungsplätzchen zu können. Das hat er sich seit vergangenem Jahr als Stammgast, sprich Dauercamper, gesichert. Er kennt den Campingplatz schon seit den 1990er-Jahren, in denen er mit Familie und Wohnmobil zum Waldsee kam. Er findet es schön, dass langsam wieder Leben im Gelände einkehrt. „Die Leute gehören einfach dazu“, sagt er. Gleichzeitig sei es hier draußen mit am einfachsten, die Abstandsregeln einzuhalten.

Draußen ist es mit am einfachsten, die Abstandsregeln einzuhalten.

Aber es ist auch eine Reihe von Gästen, die das erste Mal am Waldsee Urlaub machen. Ilka und Dirk Heiderich haben mit ihren Töchtern Carlotta und Elin ihr Zelt auf einem der Plätze nahe am Wald aufgeschlagen. „Wir kommen aus der Offenburger Ecke“, sagt der Vater. Carlotta und Elin spielen eine Runde Wikinger-Schach mit zwei Mädchen, deren Familien einen Platz weiter oben campen. Es ist ihre erste größere Tour nach Lockerungen der Coronamaßnahmen. Eigentlich ist Amrum die Stammadresse der Familie, wo sie auch ein Hauszelt hat und festes Mitglied der Campinggemeinschaft ist, aber „dort ist noch nicht auf“. Jetzt soll es erst mal auf eine Radtour gehen – die Familie möchte sich zu einem Besuch des Wachholderhofs auf den Höhen des Schwäbischen Waldes bei Murrhardt-Steinberg aufmachen.

Die beiden Spielgefährtinnen gehen eine Terrasse höher. Dort sind die Eltern gerade bei einer Runde Tischtennis. Die zwei Ehepaare kommen aus Freiburg. Zum Freizeitgebiet gefunden haben sie, weil das den Waldsee zu bieten hat und der Italienurlaub nicht möglich war. Auch wenn sie erfahrene Camper sind, wünschen sie sich allerdings möglichst wenig Nass von oben.

Mit einer ganzen Reihe Töpfen und Tupperdosen für ein gemeinsames Essen ziehen ebenfalls zwei befreundete Familien mit ihren Kindern auf ihren Zeltplatz. Vor dreieinhalb beziehungsweise fünf Jahren sind sie von Afghanistan nach Deutschland gekommen. Es ist das erste Mal, dass sie in ihrer neuen Heimat campen. Sie bleiben zwei Tage, danach geht es wieder zurück nach Stuttgart, weil einer der Familienväter dann wieder arbeiten muss.

Stephanie Zeh hat fürs Foto den Mundschutz abgezogen, an der Theke betreut sie jeweils eine Person, weitere Ankömmlinge warten draußen.

© Jörg Fiedler

Stephanie Zeh hat fürs Foto den Mundschutz abgezogen, an der Theke betreut sie jeweils eine Person, weitere Ankömmlinge warten draußen.

Dauercamper Peter Fritsch aus Ludwigsburg freut sich, dass er jetzt wieder nach Lust und Laune einen Abstecher zu seinem Platz machen kann.

© Jörg Fiedler

Dauercamper Peter Fritsch aus Ludwigsburg freut sich, dass er jetzt wieder nach Lust und Laune einen Abstecher zu seinem Platz machen kann.

Neue Gäste

Stephanie Zeh vermutet, dass ihr die ungewöhnlichen Zeiten ein paar Gäste beschert haben, die möglicherweise sonst nicht auf den Campingplatz gefunden hätten. Die meisten kommen aus dem süddeutschen Raum, aber es sind auch Besucher beispielsweise aus dem brandenburgischen Cottbus oder dem hessischen Linden dabei. Ob ihre Stammgäste aus Holland im Sommer zum Waldsee kommen, weiß sie nicht. Denn die freuen sich vor allem aufs Sommernachtsfest im August, das dieses Jahr nicht stattfinden wird.

Laut aktuellem Bericht der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg lässt der Waldsee in seiner Wasserqualität an nichts zu wünschen übrig (Bewertung ist ausgezeichnet seit 2015). Weitere Infos zum Campingplatz: www.camping-waldsee-murrhardt.de.

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Erstellt:
15. Juni 2020, 11:30 Uhr

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