Vermögen

Die große Ungleichheit

Die Kluft zwischen Arm und Reich wird weltweit immer größer. Es ist an der Zeit, dagegen zu arbeiten, kommentiert Rainer Pörtner.

Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa ist an diesem Wochenende Gastgeber des G20-Gipfels – und will dort das Thema Ungleichheit besprechen.

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Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa ist an diesem Wochenende Gastgeber des G20-Gipfels – und will dort das Thema Ungleichheit besprechen.

Von Rainer Pörtner

Es sind beeindruckende Zahlen: Die vier vermögendsten Afrikaner besitzen zusammen rund fünfzig Milliarden Euro. Sie sind damit reicher als die Hälfte der insgesamt 750 Millionen Menschen auf ihrem Kontinent. Zwei dieser Milliardäre, Johann Rupert und Nicky Oppenheimer, kommen aus Südafrika, eines der Länder mit der höchsten Armutsrate.

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa will die große Ungleichheit, die extremen Unterschiede zwischen Arm und Reich, auf dem G20-Gipfel besprechen, dessen Gastgeber er ist. Es wäre das erste Mal, dass sich die Staats- und Regierungschefs der großen Industrie- und Schwellenländer damit ausdrücklich befassen.

Arm versus Reich – das ist kein neues Thema. Aber es ist ein Problem, das sich gerade in den allermeisten Gesellschaften rund um den Globus verschärft. Mit jedem neuen Tag wächst das globale Vermögen, aber wer davon profitiert, ist höchst unfair verteilt. Jeden Tag wird die Ungleichheit größer.

Zwei Billionen Euro mehr auf den Konten

Eine Gruppe um den Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz hat für den G20-Gipfel die aktuellen Erkenntnisse zusammengetragen – mit aufrüttelnden Befunden. So vereinnahmte im vergangenen Vierteljahrhundert das reichste ein Prozent der Weltbevölkerung 41 Prozent des gesamten neu hinzugekommenen Vermögens für sich. Die untere Hälfte der Menschheit bekam gerade mal ein Prozent ab. Die Organisation Oxfam rechnet vor, dass allein die Milliardäre aus den G20-Staaten binnen eines Jahres ihr Vermögen um rund zwei Billionen Euro vergrößert haben. Dieses Geld würde ausreichen, um rund vier Milliarden Menschen aus der Armut zu befreien.

Diese Ungerechtigkeiten bei Verdienst und Besitz führen zu Frust und Verbitterung bei jenen, die wenig bis nichts haben. Sie untergraben das Vertrauen in die politischen Führungen, sie sind Gift für den sozialen und politischen Zusammenhalt. Denn mit dem Geld kommt Macht: Superreiche können sich nicht nur Villen, Privatjets und Yachten kaufen, sondern auch politischen Einfluss.

Große Ungleichheit bremst das wirtschaftliche Wachstum

Weil diese große Ungleichheit keinem Naturgesetz folgt, sondern menschengemacht ist, kann und muss sie korrigiert werden. Stellschrauben gibt es viele: höhere Steuern auf Vermögen, Erbschaften und Immobilien; eine Mindeststeuer für Superreiche. An Ideen fehlt es nicht, es mangelt statt dessen allein am Wollen.

Der oft geäußerte Einwand, ein höherer Zwangsbeitrag der Reichen verstoße gegen das Leistungsprinzip und sei wirtschaftlich schädlich, verfängt nicht. Viele Milliardäre haben einen beachtlichen Teil ihrer Vermögen nicht durch harte Unternehmerarbeit erwirtschaftet, sondern durch Erbschaft. Diese Superreichen würden auch nur einen Bruchteil ihrer Vermögen abgeben müssen. Zudem bremst eine große Vermögensungleichheit in einer Gesellschaft das gesamtwirtschaftliche Vorankommen: Wenn viele Menschen keine ordentliche Bildung, eine schlechte Gesundheitsversorgung und kaum Aufstiegschancen erhalten, sind sie weniger produktiv.

Trump hat für solche Anliegen nur Spott übrig

Cyril Ramaphosa will auf seinem G20-Gipfel bescheiden anfangen. Er wünscht sich eine Kommission, die – vergleichbar mit UN-Kommissionen zum Klimawandel – Daten und Fakten zur Ungleichheit und ihrer Entschärfung zusammenträgt. Viel bewegen wird der Südafrikaner nicht, schon weil die beiden mächtigsten Männer der Welt, die Präsidenten Xi Jinping und Donald Trump, gar nicht erst zum Gipfel kommen.

Der US-Präsident hat für solche Anliegen ohnehin nur Spott übrig. Er ist auch viel zu sehr damit beschäftigt, sich selbst, seine Familie und viele andere amerikanische Superreiche noch reicher zu machen.

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Erstellt:
21. November 2025, 11:50 Uhr

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