Die Ortsmitte nicht den Autos überlassen

In Oppenweiler gibt es viele schöne Ecken, doch ausgerechnet die Ortsmitte, die durch die B14 zerschnitten wird, gehört nicht dazu. Mit Unterstützung des Landes will die Gemeinde das Problem nun angehen. Staatssekretärin Elke Zimmer machte sich gestern vor Ort ein Bild.

Viel Verkehr und wenig Aufenthaltsqualität: Staatssekretärin Elke Zimmer und Bürgermeister Bernhard Bühler bei ihrem Rundgang an der B14 in Oppenweiler.Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Viel Verkehr und wenig Aufenthaltsqualität: Staatssekretärin Elke Zimmer und Bürgermeister Bernhard Bühler bei ihrem Rundgang an der B14 in Oppenweiler.Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

Oppenweiler. Das Problem ist nicht zu überhören: Wenn Bürgermeister Bernhard Bühler die Grünen-Politikerin Elke Zimmer durch die Hauptstraße seiner Gemeinde führt, muss er schon ziemlich laut sprechen, damit sie ihn überhaupt versteht. Im Sekundentakt donnern schwere Lastwagen vorbei und die Blechlawine, die sich durch den Ort schiebt, reißt nicht ab. Hier will sich keiner länger aufhalten als nötig.

Die naheliegendste Lösung liegt aber noch in weiter Ferne: Wann die ersehnte Ortsumfahrung gebaut wird, steht in den Sternen. Bis dahin gar nichts zu machen, ist für Bühler aber auch keine Lösung: Deshalb beteiligt sich Oppenweiler als eine von 20 Modellkommunen an dem landesweiten Projekt „Ortsmitten – gemeinsam barrierefrei und lebenswert gestalten.“

Insgesamt wolle die grün-schwarze Landesregierung 500 Ortsmitten in Baden-Württemberg auf Vordermann bringen, erklärte Elke Zimmer, Staatssekretärin im Verkehrsministerium, bei ihrem Besuch in Oppenweiler. Denn ein attraktiver Mittelpunkt sei wichtig, um Geschäfte und Dienstleister am Ort zu halten. „Sonst droht eine Abwärtsspirale“, warnte Zimmer. Bei einem Rundgang, an dem auch der aus Oppenweiler stammende Staatssekretär im Innenministerium, Wilfried Klenk (CDU), der Landtagsabgeordnete Daniel Lindenschmid (AfD) sowie etliche Mitglieder des Gemeinderats teilnahmen, zeigte Bürgermeister Bühler dem Gast aus Stuttgart einige Problemstellen. So gibt es an der B14 zwar eine Unterführung, aber die ist erstens nicht barrierefrei und liegt zweitens abseits der üblichen Fußwege, weshalb viele Passanten sie gar nicht nutzen.

Viele Geschäfte sind nur über Stufen erreichbar

An der Barrierefreiheit hapert es auch an anderen Stellen: Viele Geschäfte und sogar die Kirche sind nur über Stufen erreichbar. Auch als Radfahrer sollte man um die Ortsmitte lieber einen Bogen machen: Schutzstreifen oder Radwege sucht man hier vergeblich. „Der Handlungsbedarf ist offensichtlich, die Frage ist nur, wo packt man als Erstes an“, machte Bühler deutlich.

Helfen sollen dabei zwei externe Planungsbüros, die das Projekt begleiten. Sie haben Anfang des Jahres bereits einen „Ortsmittencheck“ in allen 20 Modellkommunen gemacht. Zuletzt fand eine Bürgerbefragung statt, an der sich immerhin knapp 200 Bewohner von Oppenweiler beteiligten (siehe Infobox). Herausgekommen sei dabei auch, dass die Einheimischen, wenn sie zu Fuß unterwegs sind, die Hauptstraße weitgehend meiden: „Sie nutzen eher die Querrouten“, berichtete Grudrun Neubauer vom Büro Pesch und Partner aus Stuttgart. Dass sich daran wohl auch nicht viel ändern wird, solange täglich 20000 Fahrzeuge durch den Ort rollen, ist den Beteiligten klar. Trotzdem sieht Bürgermeister Bühler Verbesserungsmöglichkeiten auch im Kleinen. So könnte man etwa den Rohrbach, der momentan fast unsichtbar in einer Betonrinne unter der Bundesstraße hindurchfließt wieder stärker ins Bewusstsein rücken. Auch eine neue und barrierefreie Querung für Fußgänger und Radfahrer fände der Bürgermeister sinnvoll.

Im nächsten Schritt sollen die Ergebnisse aus der Bürgerbeteiligung nun aber erst einmal im Gemeinderat und bei einem Multiplikatorengespräch mit den zentralen Akteuren des Ortes diskutiert werden. Ziel sei es, bis Jahresende ein Leitbild zu entwickeln“, erklärt Bühler. Erst im nächsten Schritt soll es um die konkrete Umsetzung einzelner Maßnahmen gehen.

Dabei hofft der Bürgermeister dann auch auf finanzielle Unterstützung vom Land. Von Staatssekretärin Elke Zimmer gab’s dafür gestern zwar noch keine Zusage, aber sie versprach, wieder nach Oppenweiler zu kommen, um sich anzuschauen, was aus der Ortsmitte geworden ist.

Schlechte Noten von der Bürgerschaft

Bürgerbefragung Im Rahmen des Ortsmittenprojekts war die Bürgerschaft eingeladen, ihre Meinung zu sagen. Vom 26. Mai bis zum 30. Juni nutzten 194 Personen diese Chance und beteiligten sich online oder per Post an der Umfrage.

Bewertung Die Teilnehmer der Umfrage gaben ihrer Ortsmitte überwiegend schlechte Noten. Auf die Frage „Welchen Eindruck macht das Ortsbild Oppenweiler auf Sie?“, antworteten 47 Prozent mit „schlecht“, 35 Prozent fanden es „ausreichend“, nur 18 Prozent bewerteten es als durchschnittlich oder sogar gut. Noch deutlicher fällt das Urteil beim Thema Verkehr aus. Auf die Frage „Wie kommen die Ortsmitte und die Bewohner mit dem Verkehrsaufkommen zurecht?“, antworteten 79 Prozent mit „schlecht“.

Lieblingsorte Bei der Umfrage  wurden die Teilnehmer auch nach den Orten in Oppenweiler gefragt, an denen sie sich am liebsten aufhalten: 33 Prozent nannten den Schlossgarten beim Wasserschloss, 23 Prozent das Mineralfreibad, auf dem dritten Platz landete der Rohrbach mit 15 Prozent.

Internet Die Ergebnisse der Umfrage sind abrufbar unter https://bit.ly/2Y4KAST

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Erstellt:
28. August 2021, 06:00 Uhr

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