Die Stadt Backnang hält an ihren Großprojekten fest

Trotz unsicherer Finanzlage plant Backnang Rekordinvestitionen. Die Verschuldung könnte dadurch massiv steigen.

Der Neubau der Karl-Euerle-Halle ist das größte städtische Projekt der nächsten Jahre. Die Kostenschätzung liegt inzwischen bei 19,5 Millionen Euro. Visualisierung: Stadt Backnang

Der Neubau der Karl-Euerle-Halle ist das größte städtische Projekt der nächsten Jahre. Die Kostenschätzung liegt inzwischen bei 19,5 Millionen Euro. Visualisierung: Stadt Backnang

Von Kornelius Fritz

Backnang. Steigende Baupreise, steigende Energiepreise, drohende Rezession – „sicherlich gab es schon angenehmere Zeiten für eine Haushaltsplanung“, sagt Maximilian Friedrich. Trotzdem will sich der Backnanger Oberbürgermeister nicht vom Kurs abbringen lassen und alle geplanten Großprojekte durchziehen. Das mit Abstand teuerste Vorhaben der nächsten Jahre ist der Bau einer neuen Sporthalle auf der Maubacher Höhe. Die Kosten beziffert die Verwaltung mittlerweile auf 19,5 Millionen Euro. Als der Neubau Ende 2016 beschlossen wurde, war noch von elf Millionen die Rede. Auch andere Projekte wie der Fußgängersteg am Bahnhof werden deutlich teurer als gedacht. Trotzdem will Friedrich daran festhalten: „Diese Investitionen sind wichtige Investments in die strategische Stärkung des Standorts Backnang und die Zukunft unserer Stadt“, erklärt der OB.

Investitionen von insgesamt mehr als 100 Millionen Euro

Insgesamt beinhaltet das Investitionsprogramm für die Jahre 2023 bis 2026 rund 60 Projekte mit einem Gesamtvolumen von mehr als 100 Millionen Euro – das wäre ein Rekordwert. Neben vielen bekannten tauchen auch einige neue Vorhaben auf der Liste auf, etwa die Sanierung des sogenannten Turmschulhauses, in dem die Galerie der Stadt Backnang untergebracht ist.

Die Stadt Backnang hält an ihren Großprojekten fest

Laut Alexander Zipf kann sich die Stadt die Investitionen leisten: „Unsere Ausgangssituation ist sehr gut“, erklärt der Kämmerer. Statt wie erwartet mit einem Defizit von vier Millionen Euro werde die Stadt das laufende Jahr voraussichtlich mit 5,4 Millionen Euro Überschuss abschließen. Auf die geplante Kreditaufnahme von 9,5 Millionen Euro könne man wohl komplett verzichten. Anders als befürchtet habe die Coronakrise keine großen Löcher in den städtischen Haushalt gerissen.

Schuldenstand würde auf 24 Millionen Euro steigen

Trotzdem wird die Stadt ihr ehrgeiziges Investitionsprogramm nicht aus eigener Kraft stemmen können. Werden alle Projekte wie geplant umgesetzt, würde der Schuldenstand von derzeit 2,7 Millionen Euro bereits im kommenden Jahr auf 24,6 Millionen Euro steigen und sich bis 2026 dann noch einmal auf 49,6 Millionen verdoppeln. Dem Oberbürgermeister bereiten diese Zahlen allerdings keinen Kummer. Eine Schuldenaufnahme werde „viel zu oft ins schlechte Licht gerückt“, erklärte Friedrich im Gemeinderat. „Kaum ein Privatmensch baut ein Haus, ohne Schulden aufzunehmen, dasselbe gilt auch für eine Stadt. Einen Sanierungsstau entstehen zu lassen, käme uns langfristig definitiv teurer.“

Die großen Fraktionen sehen das offenbar ähnlich. Sie signalisierten grundsätzlich Zustimmung zu den Investitionsplänen. „Wir können es uns leisten, antizyklisch zu handeln und jetzt zu investieren“, erklärte CDU-Fraktionschefin Ute Ulfert. Allerdings müsse man flexibel sein, wenn sich die Voraussetzungen ändern. Auch für Heinz Franke (SPD) ist das Investitionsprogramm noch nicht in Stein gemeißelt: „Das ist jetzt mal ein Überblick, was alles in der Pipeline ist, wir werden aber über jedes Projekt noch einmal einzeln entscheiden, ob es kommt oder nicht.“ Wobei die Frage, was umsetzbar ist und was nicht, womöglich gar nicht nur vom Geld abhängt, wie Ute Ulfert vermutet: „Das Hauptproblem wird sein, die Firmen und das Material zu bekommen.“

Kommentar
Böses Erwachen

Von Kornelius Fritz

Altgediente Stadträte kennen das schon: Bereits zu Frank Noppers Zeiten präsentierte die Verwaltung dem Gemeinderat jedes Jahr im Herbst ein Balkendiagramm, das einen geradezu dramatischen Schuldenanstieg für die nächsten Jahre prophezeit. Im September 2018 etwa hatte Kämmerer Alexander Zipf eine Vervierfachung der Schulden bis Ende 2022 vorhergesagt, tatsächlich ist die Verschuldung im Kernhaushalt seitdem jedoch um 1,6 Millionen Euro gesunken. Kein Wunder, dass die düsteren Zukunftsprognosen aus dem Rathaus die Mitglieder des Gemeinderats inzwischen kaum noch beunruhigen.

Dass die Zahlen in den vergangenen Jahren stets besser ausfielen als gedacht, lag allerdings auch daran, dass Großprojekte immer wieder verschoben werden mussten. Die neue Sporthalle auf der Maubacher Höhe etwa sollte eigentlich schon 2020 fertig sein, tatsächlich hat der Abriss der alten Halle noch immer nicht begonnen. Auch der neue Fußgängersteg am Bahnhof sollte eigentlich seit einem Jahr stehen. Diese Verzögerungen kommen die Stadt nun teuer zu stehen, denn in der Zwischenzeit sind nicht nur die Baukosten explodiert, sondern auch die Zinsen gestiegen. Auf die Freude über die guten Zahlen der vergangenen Jahre könnte nun das böse Erwachen folgen.

k.fritz@bkz.de

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Erstellt:
8. Oktober 2022, 06:00 Uhr

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