Neu im Kino: „Zoomania 2“
Die tierischen Spürnasen ermitteln wieder
Diesmal geht es in die Sümpfe: „Zoomania 2“ überzeugt mit einer intelligenten Story, visueller Fantasie, herrlichen Wimmelbildern und einigen Anspielungen.
© © Disney
Häsin Judy und Fuchs Nick ermitteln in den Sümpfen vor den Toren der Stadt.
Von Martin Schwickert
Ausgerechnet im Jahr 2016, als in Deutschland und Europa die Flüchtlingskrise auf dem Höhepunkt war und Barack Obama von einem gewissen Donald Trump im Amt des US-Präsidenten abgelöst werden sollte, brach der Disney-Film „Zoomania“ vielleicht keine Lanze, aber doch eine Karotte für die Utopie einer multikulturellen Gesellschaft.
Nun sollen und können Kinderanimationsfilme eines solchen Formats, die oft bis zu fünfjährige Vorlaufzeiten haben, keine aktuellen, politischen Statements formulieren. Aber auch diese Filme entstehen aus einem gesellschaftlichen Kontext heraus, erspüren im besten Fall Themen, die kleine wie große Zuschauer im Kinosaal berühren könnten, um diese dann unter der Unterhaltungsoberfläche in den Subtext einzuweben.
Eine Utopie, in der alle Tiere friedlich zusammenleben
„Zoomania“ erzählte von einem utopischen Ort, an dem der eherne Zwist zwischen Raub- und Beutetieren beigelegt und die Hierarchien der Nahrungskette abgeschafft wurden. Alle Tiere von der Maus bis zum Löwen lebten hier friedlich und zivilisiert miteinander, ohne sich gegenseitig aufzufressen.
Der Film begleitete die aufgeweckte Häsin Judy, die sich zur Ordnungshüterin berufen fühlte und über ein Kleintierprogramm als erste Nagerin ihre Karriere beim „Zootopia Police Department“ startete. Als Partner wurde ihr der gelegenheitskriminelle Fuchs Nick zur Seite gestellt. Gemeinsam enthüllten die beiden ungleichen Tiere in einer klassischen Krimihandlung nicht nur einen groß angelegten Komplott, sondern bauten auch die gegenseitigen Ressentiments zwischen Raub- und Beutetieren ab. Dabei wurden spannende Story und soziales Erkenntnisinteresse ganz ohne didaktische Schmauchspuren miteinander verbunden.
Mit ungeheurem Detailreichtum, sprudelndem Humor und einem großen Herz für die animalischen Figuren wurde „Zoomania“ zu einem quicklebendigen Kinoerlebnis, das weltweit mehr als eine Milliarde Dollar einspielte.
Auch „Zoomania 2“ beweist Vielschichtigkeit und Tiefe
Nun im Jahr 2025, in dem Trumps ICE-Truppen in US-Städten Jagd auf illegale Migranten machen, kommt „Zoomania 2“ in die Kinos, und vielleicht hat das amerikanische Publikum gerade jetzt einen solchen Film nötig. Beharrlich hält auch dieser zweite Teil an seiner Multikulti-Utopie fest, hinterfragt und erweitert seine Vorstellung von einer diversen Gesellschaft in der Tierwelt. In den ersten Filmminuten, die mit ausufernden Actionsequenzen beginnen, glaubt man den Film schon an oberflächliche Trickfilm-Raserei verloren. Aber wenn die eigentliche Story Fahrt aufnimmt, beweist auch „Zoomania 2“ seine Vielschichtigkeit und Tiefe.
Nach einem misslungenen Einsatz werden Häsin Judy und Fuchs Nick vom Polizeichef vorläufig suspendiert und finden sich in einer Gruppentherapie für ungleiche Polizisten-Paare wieder, die hier ihre vermeintliche Dysfunktionalität überwinden sollen. Aber auch außer Dienst kann Judy das Ermitteln nicht lassen. Als auf einer Gala zum 100-jährigen Bestehen von Zootopia das goldene Gründungsbuch der Stadt von einer Schlange gestohlen wird, gerät die Bevölkerung in Panik. Seit einem Vorfall in grauer Vorzeit gelten Schlangen im Tierparadies als größte Bedrohung. Alle Reptilien wurden damals aus Zootopia verbannt und leben nun als Outcasts in den Sümpfen vor den Toren der Stadt.
Die Partnerschaft zwischen Fuchs und Häsin wird auf eine harte Probe gestellt
Mit ihrer untrüglichen Hasenspürnase findet Judy bald heraus, dass nicht die legendäre Luchsfamilie Lynxley, die sich als Gründerin der Stadt feiern lässt und auch heute noch alle Fäden der Macht in der Hand hält, die Pläne für Zootopia erschaffen hat, sondern eine Schlange. Zusammen mit der Grubenotter Gary D’Snake machen Fuchs und Häsin sich auf in die Sümpfe, um die wahre Gründungsgeschichte Zootopias zu enthüllen. Verfolgt wird das vermeintlich abtrünnige Cop-Duo nicht nur von seinen Polizistenkollegen, sondern auch von dem Luchs-Clan, der seine Machtposition und lukrative Immobiliengeschäfte gefährdet sieht. Dabei wird die Partnerschaft zwischen Fuchs und Häsin auf eine harte Probe gestellt. Während Judy mit ihrem ausgeprägten Hasenheldinnenkomplex allein ihren idealistischen Instinkten folgt, siegt bei Nick zunehmend der Pragmatismus über den Heldenmut.
Analogien zur politischen Gegenwart, die sich jedoch nicht in den Vordergrund drängen
Abermals überzeugt auch dieser „Zoomania“ unter der Regie von Jared Bush und Byron Howard mit einer intelligenten Story, überbordendem Ideenreichtum, visueller Fantasie, herrlichen Wimmelbildern und einigen Subtextanspielungen.
So wirkt die in traditionellen Strick- und Tweed-Jacken gekleidete Luchsfamilie wie eine tiergewordene Tea-Party-Bewegung, die ihren fingierten Gründungsmythos mit allen Mitteln verteidigt. Dass deren zootopisches Identitätsverständnis auf Ausgrenzung beruht, eröffnet auch einige Analogien zur politischen Gegenwart. Aber solche Anspielungen drängen sich nie in den Vordergrund, sondern sind eine beiläufige Zugabe zu einem unterhaltsamen und liebevoll gestalteten Animationsfilm, der generationsübergreifend vergnügt.
War der erste Teil fest im spektakulären Metropolis-Setting von Zootopia-City verankert, verlegt sich die Handlung des zweiten Teils weitestgehend in die Sumpflandschaften vor der Stadt. Dadurch eröffnet sich eine ganz andere, organische Farbpalette, eine wilde, anarchische Fauna und Flora und mit den Reptilien ein neues Arsenal an Tierfiguren. Dabei werden die spezifischen Eigenschaften der Tiere wieder nahtlos ins anthropomorphe Geschehen eingearbeitet. Grandios allein die Ohrenchoreografie der Hasenheldin, die mit all ihrem Eifer, Ängsten und Gefühlen zu einem wunderbar differenzierten Charakter modelliert wird.
Zoomania 2. USA 2025. Regie: Jared Bush, Byron Howard. Mit den Stimmen von Josefine Preuß und Florian Halm. 101 Minuten. Ab sechs Jahren.
