Bund der Selbstständigen
Die Trübsal der Selbstständigen weicht der Hoffnung
Die wirtschaftliche Lage der (Solo-)Selbstständigen hat sich erneut verbessert. Doch hat die Bundesregierung die aufkommende Zuversicht schon wieder gebremst.

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Wenn es den großen Unternehmen nicht gut geht, sehen auch viele Selbstständige ihre Geschäfte geschwächt.
Von Matthias Schiermeyer
Die millionenköpfige Gruppe der Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen sieht sich von der Wirtschaftskrise besonders getroffen. Nun zeichnet sich ein Weg aus dem Tal der Tränen ab. Nach der Halbjahresumfrage des Bundes der Selbstständigen (BDS) Baden-Württemberg schätzen rund vier von fünf Befragten ihre Geschäftslage als „gut“ oder „befriedigend“ ein. Jeder Fünfte erwartet eine Verbesserung im zweiten Halbjahr, während fast ebenso viele mit einer Verschlechterung rechnen.
Die größte Herausforderung bleibt die Bürokratie – für zwei Drittel eines der drängendsten Probleme. Vier von fünf Teilnehmenden bewerten die Anstrengungen der Politik in diesem Bereich als „schlecht“ oder „sehr schlecht“. Jeweils einem Drittel der Befragen bereiten steigende Lohnkosten sowie die Fachkräftesicherung und der Mangel an neuen Kräften große Sorgen.
Besondere Stimmungsaufhellung bei Dienstleistern
Auch laut einer aktuellen Erhebung des Münchner Ifo-Instituts hat sich das Geschäftsklima bei den Selbstständigen und Kleinstunternehmen im Juni erneut verbessert. Die laufenden Geschäfte wurden nicht mehr so kritisch bewertet, die Erwartungen fielen weniger pessimistisch aus. „Es gibt Anzeichen für die Hoffnung der Selbstständigen auf eine allmähliche Erholung“, sagt Ifo-Expertin Katrin Demmelhuber. Erstmals in diesem Jahr hätten die Dienstleister ihre aktuelle Lage positiv bewertet.
Stromsteuer-Entscheidung löst Unmut aus
Die neue Regierung hat zunächst wie ein Hoffnungsbooster gewirkt. Jeder zweite Befragte der BDS-Umfrage zeigt sich zumindest „zuversichtlich“, was diese Legislaturperiode betrifft. Der Koalitionsvertrag wird jedoch überwiegend neutral bis kritisch bewertet – lediglich 22 Prozent äußern sich „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“. Ein Dämpfer ist die Entscheidung der Koalition, die Stromsteuer für die meisten BDS-Betriebe nicht zu senken, was von den Verbandsführungen bundesweit scharf kritisiert wird. Das Signal, das davon ausgehe, sei extrem gefährlich, heißt es. Einmal mehr würden die Interessen der Kleinbetriebe hintangestellt.
Eine große Baustelle, die Einbeziehung der nicht abgesicherten Selbstständigen in die Rentenversicherung, könnte immerhin bald abgeräumt werden. Im Koalitionsvertrag ist sie vorgesehen; auch die Deutsche Rentenversicherung Bund hat sich für ein zügiges Handeln ausgesprochen. Bei einem anderen Kardinalärgernis der Selbstständigen dürfte es nicht so schnell gehen: Das Statusfeststellungsverfahren zum Nachweis der Selbstständigkeit, mit dem die Rentenversicherung diese Gruppe massiv verärgert, soll verändert werden. Die Reform müsse spätestens Anfang 2027 in Kraft treten, so der BDS. Ob das tatsächlich so kommt, ist offen.
Weniger Selbstständige von Bundesstatistikern gezählt
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ging die Zahl der Selbstständigen (inklusiver mithelfender Familienangehöriger) im ersten Quartal 2025 weiter zurück: Im Vorjahresvergleich sank sie um 89 000 Personen (minus 2,3 Prozent) auf 3,7 Millionen.