Die zweite Heimat auf dem Comer See

Noch etwa drei Monate, dann verlassen Sabine und Klaus Eitel ihre Heimat in Rietenau wieder für ein paar Wochen. Denn die Sommerzeit verbringen sie in Italien am Comer See. Dort wohnen sie auf ihrem traditionellen Segelboot und bieten Segeltörns für Touristen an.

Ihr traditioneller Segelkutter bietet Sabine und Klaus Eitel aus Rietenau die nötige Ausstattung, um dort zu wohnen. Foto: privat

Ihr traditioneller Segelkutter bietet Sabine und Klaus Eitel aus Rietenau die nötige Ausstattung, um dort zu wohnen. Foto: privat

Von Anja La Roche

Aspach. Rietenau ist zwar schön, aber ein See, umgeben von Bergen, würde dem Ort auch nicht schlecht stehen. See und Berge nach Rietenau zu holen, dürfte allerdings schwierig sein, deshalb begibt sich das Ehepaar Sabine und Klaus Eitel lieber selbst Richtung Süden. Der Weg führt sie am Bodensee vorbei über die Alpen bis zum oberitalienischen Comer See. Dort wohnen sie im Sommer auf ihrem Segelboot, lassen die Seele baumeln und bieten zudem Segeltörns für Touristen an – eine geschickte Kombination von Urlaub und Nebenberuf. Und ihre Attraktion erfreue sich nach vier bestrittenen Saisons zunehmender Beliebtheit, erzählt Sabine Eitel. Auch Backnanger haben sie bereits auf ihrem Boot begrüßt. „Aus dieser Ecke gehen sehr viele Leute an den Comer See“, so Klaus Eitel.

Auch die helle Einrichtung in ihrem Haus in Rietenau vermittelt einen Hauch von Urlaub. Hier wohnt das Paar – beide sind Mitte 50 – mit der 25-jährigen Tochter unter einem Dach. Die jährliche Auszeit in Italien ist möglich, weil sie in ihren anderen Berufen flexible Arbeitszeit haben. Sie hat eine Stelle auf Jahresarbeitszeit bei der TSG Backnang und er ist als Unternehmensberater selbstständig. Erzählt Sabine Eitel von der Zeit am Comer See, strahlt sie über beide Ohren. Es seien Momente tiefster Entspannung, insbesondere wenn sie den Motor des Segelboots abschalten und nur noch der Wind zu hören ist. „Die Luft und das Licht sind jedes Mal aufs Neue toll“, sagt Sabine Eitel. Und die Berge liefern die perfekte Kulisse. „Das ist Entschleunigung pur“, ergänzt ihr Mann.

Das Rietenauer Ehepaar hat damals nach einem ungewöhnlichen Boot gesucht

Das Segelboot haben sie vor sechs Jahren gekauft. Der vorige Besitzer aus den Niederlanden ließ das Boot 1985 nach dem Bild eines traditionellen Fischkutters bauen. Schnell ist klar: Das Segelboot der Rietenauer ist keinem sportlichen Ehrgeiz entsprungen, sondern vielmehr dem Verlangen nach Nostalgie und Ästhetik. „Es ist ein typisches nordeuropäisches Arbeitsboot, relativ stabil, wenig Tiefgang“, erklärt Klaus Eitel. „Wir wollten ein Boot, das es noch nicht am Comer See gibt“, sagt Sabine Eitel. Sie seien zwar – neben den zahlreichen Sportseglern – nicht alleine mit ihrem traditionellen Segelboot, aber ihres hat eine Besonderheit, die schnell ins Auge sticht: rote Segel. In dieser Farbe sehe man sonst keine Segel auf dem Comer See, sagen die Rietenauer. Bei der roten Färbung handelt es sich ebenfalls um eine Tradition. Denn früher bestanden die Segel aus Leinen oder Baumwolle. Um die Stoffe wetterbeständiger zu machen, wurden sie geloht. Damit ist ein Gerbprozess mit pflanzlichen Stoffen gemeint, welche die rötliche Färbung hervorrufen. Das hervorstechende rote Segel ist schließlich auch namensgebend für das Segeltörnangebot der Eitels gewesen: „La Vela Rossa“ – das rote Segel.

Klaus und Sabine Eitel aus Rietenau auf ihrem traditionellen Segelkutter auf dem Comer See

Klaus und Sabine Eitel aus Rietenau auf ihrem traditionellen Segelkutter auf dem Comer See

Das Boot ist etwa 12 Meter lang und 10 Tonnen schwer; acht Gäste dürfen maximal mitfahren. Die meisten Gäste seien Nichtsegler, die ganz entspannt die Zeit auf dem Boot genießen wollen. Man könne auf Wunsch aber auch selbst Hand anlegen, ansonsten übernehmen die beiden Rietenauer die Arbeit am Steuer und am Vorsegel. Zusätzlich geben sie ihren Gästen Urlaubstipps rund um den Comer See, zum Beispiel zu den zahlreichen Wassersportangeboten. Immerhin kennen sie sich gut aus in ihrer zweiten Heimat.

So lässt sich das Leben genießen, könnte man meinen. Doch wie kommen die Rietenauer überhaupt dazu, Segeltörns auf dem Comer See anzubieten? Überraschenderweise steht dabei nicht das Segeln im Vordergrund für das Ehepaar. Klaus Eitel segelte zwar schon als Teenager mit seinem Vater auf dem Bodensee, doch eine große Leidenschaft wurde nicht daraus. Treibende Kraft für den Bootskauf war vielmehr die Liebe zum Comer See. „Der Comer See ist ein Sehnsuchtsort für uns. Wir haben einfach eine Daseinsberechtigung gebraucht“, sagt Klaus Eitel verschmitzt. Einfach nur Nichtstun und abhängen, das wollten sie nämlich nicht. So entwickelte sich die Idee weiter bis hin zu „La Vela Rossa“. Um die Segeltörns anzubieten, war nur ein entsprechender Segelschein notwendig. Praktischerweise erlaubt die italienische Gesetzeslage diese Form einer gelegentlichen Vermietung ohne komplizierte Auflagen. In Deutschland sei das hingegen nicht möglich, erklärt Klaus Eitel.

Im Juli beginnt die nächste Saison für Klaus und Sabine Eitel. Sie freuen sich schon auf ihren gemütlichen Kutter sowie auf zahlreiche Gäste aus Backnang und dem Rest der Welt – und selbstverständlich auf ihren Sehnsuchtsort, den Comer See.

La Vela Rossa Die angebotenen Segeltörns der Skipper findet man unter der Webadresse www.sail-with-me.eu.

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Erstellt:
31. März 2022, 06:00 Uhr

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