Drei Alternativen für besseres Radeln

Zwischen Kirchberg an der Murr und Burgstall bildet die „Geisterhöhle“ eine Infarktstelle des Stromberg-Murrtal-Radwegs. Um nicht dessen mit Fördergeld verbundenen Titel Qualitätsradroute zu riskieren, geht der Rems-Murr-Kreis die Neugestaltung an.

Die Schiebestrecke „Geisterhöhle“ zwischen Kirchberg und Burgstall gehört zum überregional bedeutsamen Stromberg-Murrtal-Radweg. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Die Schiebestrecke „Geisterhöhle“ zwischen Kirchberg und Burgstall gehört zum überregional bedeutsamen Stromberg-Murrtal-Radweg. Foto: A. Becher

Von Bernhard Romanowski

KIRCHBERG AN DER MURR/BURGSTETTEN. „Von einem Radweg an dieser Stelle kann eigentlich keine Rede sein“, gab Karen Fischer am Montag im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreises zu verstehen. Als Radwegekoordinatorin des Rems-Murr-Landratsamts hatte Fischer dem Gremium zum Tagesordnungspunkt4 einiges zu sagen. Hierbei ging es um den Stromberg-Murrtal-Radweg, genauer gesagt um die Schiebestrecke „Geisterhöhle“ zwischen Kirchberg an der Murr und Burgstall. Besagte Schiebestrecke stellt nicht nur für die Radler auf der insgesamt fast 160 Kilometer langen Route zwischen Karlsruhe und Gaildorf eine Art Engpass oder eher aber noch ein ziemliches Hindernis dar. Es ist zudem auch ein Problem für die Strahlkraft der umliegenden Region.

„Für den Rems-Murr-Kreis stellt der Weg eine wichtige touristische Route dar, die zahlreiche Kulturgüter des Landkreises miteinander verknüpft“, stellte Fischer weiter klar. Der Radweg werde von Touristen stark frequentiert. Er ist Bestandteil des Landesradfernwegnetzes und eine durch den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) ausgezeichnete Qualitätsradroute.

Außerdem ist der Stromberg-Murrtal-Radweg Bestandteil des Radnetzes Baden-Württemberg. Und hier wird es dann auch direkt monetär interessant: Für Maßnahmen an diesem Radweg können mit sehr guten Erfolgsaussichten Fördermittel aus dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz Rad- und Fußverkehr beantragt werden. Und auf dieses Geld will man natürlich nur ungern verzichten.

2019 wurde der Stromberg-Murrtal-Radweg durch den ADFC nur unter dem Vorbehalt erneut mit drei Sternen ausgezeichnet, dass bestehende Mängel der Radtrasse behoben werden. Bei der Schiebestrecke „Geisterhöhle‘‘ sind Radfahrende nämlich gezwungen, vom Fahrrad abzusteigen und zu schieben. Neben dem steilen An- und Abstieg bilden Wurzelwerk, eine Wasserquelle sowie aus dem Boden ragende Steine Hindernisse für den Radverkehr und machen den Abschnitt unbefahrbar. Auch im Rahmen einer Bürgerbeteiligung wurde der Abschnitt letztes Jahr häufig als dringend verbesserungswürdig benannt.

Bislang gab es für eine Verbesserung dieser Schiebestrecke zwar verschiedenste Vorschläge, eine konkrete Planung wurde jedoch noch nicht angestoßen, wie Fischer ausführte. Das wesentliche Hemmnis hierfür sei die Abstimmung mehrerer Baulastträger. Fischer: „Um hier endlich einen Fortschritt zu erreichen, hat die Stabsstelle Radwege mehrere Lösungsvarianten untersucht und der Unteren Naturschutzbehörde zur Erstbeurteilung vorgelegt.“

Aus der Erstbeurteilung gehe hervor, dass naturschutzrechtliche Belange einen Ausbau des Weges auf der bestehenden Trasse unmöglich machen. Es müsse daher in diesem Bereich eine neue Streckenführung vorgesehen werden. Bei einem Abstimmungstermin im Juli im Landratsamt mit den betroffenen Kommunen, dem Landkreis Ludwigsburg sowie dem ADFC wurden im Landratsamt in Waiblingen drei alternative Streckenführungen für den Bereich „Geisterhöhle“ zur weiteren Planung festgelegt. Sie unterscheiden sich unter anderem in puncto Länge, Trassenführung und der Zahl der Querungen über die Murr.

Um die Zertifizierung als Qualitätsradroute nicht zu gefährden, muss mit der baulichen Verbesserung bis zum Jahr 2022 begonnen werden, oder es müssen zumindest sehr konkrete Planungen und Zeitpläne vorgelegt werden.

„Der Verlust der Zertifizierung würde bedeuten, dass der Radweg seinen Status als Landesradfernweg verliert und damit auch nicht mehr Bestandteil des Radnetzes Baden-Württemberg ist. Das Land würde in der Folge die Pflege und Wartung der Wegweisung nicht mehr übernehmen und der Zugang zu Fördermitteln wäre deutlich erschwert“, heißt es vonseiten der Kreisverwaltung.

Die Kosten für die Entwurfsplanung zur baulichen Verbesserung der Schiebestrecke ‚‚Geisterhöhle‘‘ belaufen sich auf rund 85000 Euro brutto. Die benötigten Mittel stehen im Haushalt der Stabsstelle Radwege zur Verfügung.

Zu den Baukosten ist laut Fischer im aktuellen Stadium noch keine belastbare Aussage möglich. Für die Umsetzung der Maßnahme bestehen Fördermöglichkeiten in Höhe von 50 Prozent der Baukosten. „Aufgrund der erheblichen Bedeutung der Verbindung in mehreren Netzen sind die Erfolgsaussichten für eine Förderung sehr gut“, betonte Fischer am Montag. Die Stabsstelle Radwege stehe hierzu bereits im Kontakt mit dem Regierungspräsidium Stuttgart.

Die Planungskosten können bei baulicher Umsetzung rückwirkend mit einer Pauschale in Höhe von zehn Prozent der Baukosten entschädigt werden, wie man es der Beschlussvorlage für die Ausschussmitglieder entnehmen kann. Mit der Vergabe der Entwurfsplanung geht der Rems-Murr-Kreis in finanzielle Vorleistung gegenüber den anderen Baulastträgern. Erst wenn diese abgeschlossen ist, wird die Aufstellung einer Kostenteilungsvereinbarung möglich sein und nachgeholt.

Gudrun Senta Wilhelm (Gruppe Wilhelm/Klinghoffer, Kirchberg) betonte im Ausschuss die historische Bedeutung der „Geisterhöhle“ und deren nahtouristische Anziehungskraft. Die wusste auch Werner Häfele (FDP/Winnenden) zu loben: „Ich habe schon viele Fahrräder über diese Stelle getragen.“ Christoph Jäger (CDU, Großerlach) äußerte derweil seinen Eindruck, dass dort „exorbitant viel Geld“ investiert werde.

Letztlich stimmten aber alle Fraktionen dafür, die Entwurfsplanung für die Verbesserung der Schiebestrecke im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb an das Ingenieurbüro Klinger und Partner GmbH zu vergeben.

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Erstellt:
3. November 2020, 06:00 Uhr

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